Leitsatz (amtlich)
Die bei Unterlassungsansprüchen (hier: Unterlassung ehrverletzender Äußerungen) erforderliche Wiederholungsgefahr entfällt nicht allein deshalb, weil der Verletzer wegen dieser die ehrverletzenden Äußerungen strafrechtlich rechtskräftig verurteilt wurde.
Der Streitwert für die Unterlassung der Äußerung, "dass Frau ... ihn um sein Geld betrügen würde" beträgt 5.000,00 EUR.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Beschluss vom 01.11.2016; Aktenzeichen 02 O 2256/16) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG L. vom 01.11.2016 - Az. 2 O 2256/16 - aufgehoben.
2. Der Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage gewährt, soweit sie Unterlassung der Äußerung des Antragsgegners:
- "dass ... ihn um sein Geld betrügen würde"
gemäß Ziffer 1 ihres Klageentwurfes begehrt, und soweit sie gemäß Ziffer 3 ihres Klageentwurfes 196,95 EUR außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten begehrt.
3. Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
4. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Klägerin beabsichtigt die Durchführung eines Klageverfahrens, gerichtet auf Erzwingung einer Unterlassung und Zahlung von Schmerzensgeld wegen einer Äußerung des Antragsgegners, derentwegen er am 15.03.2016 im Strafbefehlswege rechtskräftig verurteilt worden war. Der Aufforderung zur Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung kam der Antragsgegner in der Folgezeit nicht nach.
In der angefochtenen Entscheidung hat das LG sich auf den Standpunkt gestellt, die für einen Unterlassungsanspruch im Äußerungsrecht erforderliche Wiederholungsgefahr sei durch den rechtskräftigen Strafbefehl beseitigt worden. Im Übrigen sei die Beantragung von Prozesskostenhilfe mutwillig und für den verbleibenden Schmerzensgeldanspruch sei das LG wegen des dann noch unter 5.000,00 EUR liegenden Streitwertes nicht zuständig.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, in der sie ihre Auffassung, die Wiederholungsgefahr sei durch den gegen den Antragsgegner ergangenen Strafbefehl nicht entfallen, vertieft.
II. Das als sofortige Beschwerde auszulegende Rechtsmittel der Antragstellerin ist nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft und binnen der nach § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO bestimmten Notfrist eingelegt worden.
In der Sache hat die Beschwerde insoweit Erfolg, als die Antragstellerin mit ihrem Klageantrag unter Ziffer 1 die Verurteilung zur Unterlassung begehrt. Im Übrigen war die Beschwerde zurückzuweisen.
1. Ausweislich ihrer beigefügten Erklärung über die persönlichen Verhältnisse ist die Antragstellerin bedürftig i.S.d. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Die auf Unterlassung der Äußerung "dass Frau ... ihn um sein Geld betrügen würde" gerichtete Rechtsverfolgung bietet auch hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die hinreichende Erfolgsaussicht ist immer dann zu bejahen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der PKH begehrenden Partei aufgrund ihrer Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen mindestens für vertretbar hält und von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (BGH, Beschluss vom 14.12.1993, VI ZR 235/92, juris, Rz. 5 m.w.N.). Dies ist vorliegend vor dem Hintergrund, dass im Prozesskostenhilfeverfahren die Sach- und Rechtslage nur summarisch geprüft wird und schwierigere Rechts- oder Abwägungsfragen regelmäßig dem Haupverfahren vorbehalten bleiben sollen (vgl. BVerfG, B. v. 29.05.2006, 1 BvR 430/03; B. v. 02.02.1993, 1 BvR 1697/91) - noch - zu bejahen. Ob die von der Antragstellerin beanstandete Äußerung die Antragstellerin diese in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, lässt sich nicht ohne weiteres allein aufgrund des Strafbefehls bejahen. Das Recht jedes Einzelnen auf Schutz vor herabwertenden Äußerungen ist stets abzuwägen gegen das Recht des Äußernden auf die allgemeine Meinungs- bzw. Äußerungsfreiheit. Das allgemeine Persönlichkeit schützt hierbei im Allgemeinen nicht vor abwertenden Meinungsäußerungen, sondern nur vor abwertenden unwahren Tatsachenbehauptungen (vgl. BGH, U. v. 16.12.2014, VI ZR 39/14). Es bedarf daher durch das Zivilgericht der Feststellung, ob es sich vorliegend um eine Meinungsäußerung oder um eine Tatsachenbehauptung handelt. Hierbei ist zu beachten, dass die Verwendung juristischer Begriffe und pauschaler rechtlicher Einordnungen wie "Dieb", "Betrüger", "Hehler" nur im Ausnahmefall bei Angabe eines konkreten Sachverhaltes eine Tatsachenbehauptung darstellen (Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz, 3. Aufl., Rz. 602, m.w.N.). Meinungsäußerungen hingegen sind regelmäßig erst dann nicht mehr vom Recht auf Meinungsfreiheit umfasst, wenn sie die Grenze zur "Schmähung" überschreiten, also dann, wenn ihr Ziel jenseits polemischer und oder überspitzter Kritik vornehmlich der Herabsetzung oder Verächtlichmachung der Person liegt (Damm/Rehbock, a.a.O. Rz. 627 m.w.N.). Um welche Art von Äußerung es sich gemessen an diesen Grundsätzen handelt, wird das Gericht zu prüfen haben. Hängt aber d...