Leitsatz (amtlich)
Eine Schätzung der Nutzungszinsen bei der Rückabwicklung eines unwirksamen Lebensversicherungsvertrages setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer hierfür tragfähige Anhaltspunkte unter Bezug auf die Ertragslage des Versicherer behauptet. Ein Privatgutachten, dem ein rechnerisch unzutreffender Prämienbetrag zugrunde liegt und das zudem Nutzungen aus dem Verwaltungskostenanteil mithilfe einer Bilanzrendite ermittelt, ist als Grundlage hierfür untauglich.
Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen 8 O 159/19) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
3. Dieser Beschluss und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
4. Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf 9.453,06 EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen.
Sie bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
Zur Begründung nimmt der Senat auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 04.11.2019 Bezug. Zu einer Abänderung seiner bereits geäußerten Rechtsauffassung geben auch die Ausführungen im klägerischen Schriftsatz vom 10.12.2019 keinen hinreichenden Anlass. Der Kläger hat die Höhe des von ihm nach Widerruf der kapitalbildenden Lebensversicherung begehrten Nutzungsersatzanspruch nicht hinreichend schlüssig dargelegt. Auch eine Schätzung auf der Grundlage des Privatgutachtens vom 23.10.2018 (Anlage K11) gem. § 287 ZPO kommt nicht in Betracht.
Die Höhe der Nutzungszinsen kann gemäß § 287 ZPO geschätzt werden (vgl. BGH Urteil vom 11. November 2015 - IV ZR 513/14; Urteil vom 12. Mai 1998 - XI ZR 79/97, - juris; Brambach, r+s 2017, 1, 2; Schmitz-Elvenich, VersR 2017, 266, 269). Die Schätzung der Höhe des Nutzungszinsanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Sie ist nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Zinsbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. BGH, Urteile vom 8. Mai 2012 - VI ZR 37/11, r+s 2012, 515 Rn. 9; vom 27. März 2012 - VI ZR 40/10, r+s 2012, 565 Rn. 6; vom 17. Mai 2011 - VI ZR 142/10, r+s 2011, 356 Rn. 7; jeweils m.w.N.). Der Tatrichter hat insbesondere zu beachten, dass der Schätzung nach § 287 ZPO tragfähige Anknüpfungspunkte zugrunde liegen müssen (BGH, Urteil vom 13. November 2019 - IV ZR 324/16 -, Rn. 16; und Urteil vom 22. Juli 2014 - VI ZR 357/13, - juris). Solche für eine Schätzung nach § 287 ZPO tragfähigen Anhaltspunkte hat der Kläger mit der Vorlage des Privatgutachtens indes nicht hinreichend schlüssig vorgetragen. An dieser Beurteilung ändern auch die Erläuterungen in dem Schriftsatz der Berufung vom 10.12.2019 nichts. Die gezogenen Nutzungen sind auf der Grundlage des zuvor ermittelten, der Beklagten sukzessive zugute gekommenen und letztlich zur Verfügung stehenden Prämienbetrages zu bestimmen. Der Heranziehung dieses Privatgutachten vom 23.10.2018 als schlüssiger Parteivortrag steht aber bereits entgegen, dass dort von einer Prämienzahlung in Höhe von 19.438,86 EUR ausgegangen wird, während tatsächlich im Verlauf des streitgegenständlichen Versicherungsverhältnisses nur 16.199,05 EUR gezahlt wurden. Auf diesen Umstand hat bereits das Landgericht in dem angefochtenen Urteil hingewiesen. Es besteht somit eine als erheblich anzusehende Differenz von rund 17 % zwischen behaupteter und tatsächlicher Zahlung. Der Kläger hat jedoch auch auf den entsprechenden Hinweis des Senats im Beschluss vom 4.11.2019 seinen Sachvortrag nicht abgeändert oder ergänzt. Anders als die Berufungsbegründung meint, ist es keineswegs unerheblich, welche Gesamtbetragssumme in einem zur Substantiierung eines Parteivortrags zur Höhe der Nutzungszinsen zugrunde gelegt werden. Dem Privatgutachten lässt sich etwa für die Verwaltungskosten entnehmen, dass diese aus der Verwaltungskostenquote, multipliziert mit den geleisteten Beiträgen (GA S. 15) und die hieraus resultierende Bereicherung sodann anhand der Formeln A.46 und A.51 ermittelt werden. Diese Formeln sind wiederum abhängig vom Zeitpunkt der Prämienzahlung. Da Höhe und Zeitpunkt der Prämienzahlungen in dem Privatgutachten indes unzutreffend zugrunde gelegt und damit die Berechnungsgrundlage für die Beiträge insgesamt nicht nachvollzogen werden kann, ist auch eine Berechnung von Nutzungszinsen auf der Grundlage des niedrigeren Prämienbetrages nicht möglich.
Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch unabhängig hiervon die auf das Privatgutachten gestützte Berechnu...