Leitsatz (amtlich)

1. Die Gegenüberstellung von ursprünglichem und erhöhtem Tarif in Verbindung mit einem Asterisk im Nachtrag zum Versicherungsschein zeigt dem Versicherungsnehmer hinreichend deutlich auf, welcher Tarif von einer Erhöhung betroffen ist, auch wenn in dem beigefügten Erhöhungsschreiben dies nicht gesondert erläutert wird.

2. Können aus einer in der Vergangenheit liegenden Beitragserhöhung keine Rechtswirkungen für die Zukunft mehr geltend gemacht werden, besteht ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis nicht mehr.

3. Kann der Versicherungsnehmer aus den ihm überlassenen Unterlagen selbst entnehmen, welche Prämienanpassungen der Versicherer in der Vergangenheit vorgenommen hat, kommt ein hierauf bezogener Auskunftsanspruch nicht in Betracht.

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Aktenzeichen 8 O 2319/21)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

3. Der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21.02.2023 wird aufgehoben.

4. Es ist beabsichtigt, den Gegenstandswert auf bis zu 7.000 Euro festzusetzen.

 

Gründe

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

1. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Rückzahlung der Prämien wegen der Unwirksamkeit der Prämienanpassungen zu, § 812 BGB. Die Prämienanpassungen zum 01.01.2016 und zum 01.01.2017 in dem Tarif VHV3A nebst gesetzlichen Zuschlag GZA10 sind wirksam (a). Ob die Prämienanpassung zum 01.01.2015 wirksam war kann offenbleiben, da die Prämienanpassungen zum 01.01.2016 und 01.01.2017 eine wirksame Rechtsgrundlage für den Prämienanspruch in seiner gesamten Höhe darstellen (b).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 16.12.2020 - IV ZR 294/19 - und IV ZR 314/19 - juris) erfordert die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie nach § 203 Abs. 5 VVG die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Der Gesetzeswortlaut sieht die Angabe der "hierfür maßgeblichen Gründe" vor und macht damit deutlich, dass sich diese auf die konkret in Rede stehende Prämienanpassung beziehen müssen; eine allgemeine Mitteilung, die nur die gesetzlichen Voraussetzungen der Beitragserhöhung wiedergibt, genügt danach nicht (so BGH, Urteil vom 16.12.2020 - IV ZR 294/19 - Rdnr. 26). Zugleich folgt aus dem Wortlaut "maßgeblich", dass nicht alle Gründe genannt werden müssen, sondern nur die für die Prämienanpassung entscheidenden Umstände. In diesem Sinne entscheidend ist nur, ob eine Veränderung der erforderlichen gegenüber den kalkulierten Versicherungsleistungen oder Sterbewahrscheinlichkeiten die in den § 155 Abs. 3 und 4 VAG oder in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen geregelten Schwellenwerte übersteigt. Dagegen ist die konkrete Höhe der Veränderungen dieser Rechnungsgrundlagen nicht entscheidend (so BGH, a.a.O., Rdnr. 35). Die Überprüfung der Prämie wird ausgelöst, sobald der Schwellenwert überschritten wird; dabei kommt es nicht darauf an, in welchem Umfang er überschritten wird (vgl. hierzu Urteil Senat vom 14.12.2021 - 4 U 1693/21).

Die Mitteilung erfüllt so den Zweck, dem Versicherungsnehmer zu verdeutlichen, dass weder sein individuelles Verhalten noch eine freie Entscheidung des Versicherers Grund für die Beitragserhöhung waren, sondern dass eine bestimmte Veränderung der Umstände diese aufgrund gesetzlicher Regelungen veranlasst hat (so BGH, a.a.O.). Das wird durch die Angabe der Rechnungsgrundlage, die die Prämienanpassung ausgelöst hat, erreicht. Dagegen ist es für diesen Zweck nicht erforderlich, dem Versicherungsnehmer die Rechtsgrundlage des geltenden Schwellenwertes oder die genaue Höhe der Veränderung der Rechnungsgrundlage mitzuteilen (so BGH, a.a.O.). Die Mitteilungspflicht hat auch nicht den Zweck, dem Versicherungsnehmer eine Plausibilitätskontrolle der Prämienanpassung zu ermöglichen (so BGH, a.a.O.; Senat, a.a.O.).

a) Die Beitragserhöhung zum 01.01.2016 im Tarif VHV3C nebst gesetzlichem Zuschlag GZA10 ist wirksam und entspricht den Anforderungen von § 203 Abs. 5 VVG. Im Anschreiben vom 25.11.2015 heißt es unter anderem wie folgt:

Leistungen und Beiträge müssen sich in der privaten Krankenversicherung stets die Waage halten. Um das sicherzustellen, sind alle Versicherer gesetzlich dazu verpflichtet, einmal im Jahr die kalkulierten mit den tatsächlich ausgezahlt...

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