Leitsatz (amtlich)
1. Durch den Rechtsstreit veranlasste Kosten können nicht im Wege der Klageerweiterung, sondern müssen im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden.
2. Kopierkosten für die Mehrfertigung von Patientenunterlagen durch eine Partei sind auch dann notwendige im Sinne des § 91 ZPO, wenn das Gericht ihr die Vorlage in Urschrift aufgegeben hatte.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 2877/15) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 28.6.2017 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Mit Schriftsatz vom 28.3.2017 hat die Klägerin ihre beim LG Leipzig unter dem AZ 3 O 2877/15 anhängige Klage um einen Betrag in Höhe von 99,70 EUR erweitert. Diese Kosten hatte sie für Kopien ihrer beim Universitätsklinikum L...... geführten Behandlungsunterlagen aufgewandt. Einen Antrag ihres Prozessbevollmächtigten, diese Kosten gem. §§ 55 Abs. 1 S. 1, 46 Abs. 2 S. 3 RVG festsetzen zu lassen, hat die Rechtspflegerin des Landgerichts zurückgewiesen, eine hiergegen gerichtete Beschwerde ist durch Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 20.6.2017 (3 w 437/15) als unzulässig verworfen worden. Dem Schriftsatz vom 28.3.2017 hat das Landgericht einen Antrag auf Prozesskostenhilfe entnommen, den es mit Beschluss vom 28.6.2017 zurückgewiesen hat. Zur Begründung hat es angenommen, die von der Klägerin aufgewendeten Kosten seien nicht notwendig im Sinne des § 91 ZPO, weil ihr mit dem zugrunde liegenden Beweisbeschluss nicht die Übersendung von Kopien, sondern die Vorlage des Originals ihrer Patientenakte aufgegeben worden sei. Der am 5.7.2017 hiergegen erhobenen Beschwerde hat das Landgericht nicht abgeholfen.
II. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Für die angekündigte Klageerweiterung fehlt das Rechtsschutzinteresse. Sie bezieht sich ausschließlich auf Kopierkosten, die im Rahmen des anhängigen Verfahrens angefallen sind. Der Klägerin steht insofern aber ein einfacherer Weg zur Verfügung, nämlich die Geltendmachung ihres prozessualen Kostenerstattungsanspruches im späteren Kostenfestsetzungsverfahren. Eine Klage hinsichtlich sog. lediglich durch den Rechtsstreit veranlasster Kosten ist in Abgrenzung zu den Vorbereitungskosten eines Rechtsstreits bereits wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abzuweisen (OLG Köln, Urteil vom 16. März 2016 - 16 U 63/15 -, juris Rn 92 unter Hinweis auf BGHZ 75, 235; BGH WM 87, 247, 249). Für eine unzulässige Klageerweiterung kann aber Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden. Dem steht auch nicht entgegen, dass das Landgericht mit Ziff. 4 des Hinweis- und Beweisbeschlusses vom 26.4.2016 (Bl. 246 d. A.) ihr die Vorlage ihrer Patientenunterlagen in Urschrift aufgegeben hatte und unter Bezug hierauf die Auffassung vertritt, die angefallenen Kopierkosten seien nicht nach § 91 ZPO erstattungsfähig. Abgesehen davon, dass die Beiziehung von Krankenunterlagen - nicht nur im Arzthaftungsprozess - Ausfluss der Prozessförderungspflicht des Gerichts und daher von diesem vorzunehmen ist (OLG Karlsruhe GesR 2010, 367 (369); Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl. E Rn 4), hat der Patient zwar nach § 630g BGB einen Anspruch auf Einsicht mindestens in den "objektiven" Teil seiner Originalbehandlungsunterlagen, die aber gem. §§ 630g Abs. 1 S. 3, 811 Abs. 1 BGB grundsätzlich am Aufbewahrungsort der Unterlagen stattfindet. Statt einer Einsicht in die Unterlagen im Krankenhaus kann der Patient auch die Übersendung von Kopien verlangen, § 630g Abs. 2 BGB. Hieraus folgt im Umkehrschluss, dass eine Versendung der Originalakte an den Patienten grundsätzlich nicht stattfindet (OLG Frankfurt v. 09.05.2011 - 8 W 20/11 - juris Rn. 14 - GesR 2011, 672-673; OLG Frankfurt v. 12.05.2009 - 8 U 255/08 - juris Rn. 57 - Warntjen in: MDK Bayern, Der Medizinische Behandlungsfehler, 2013, S. 62; Konradt in: Ehlers/Broglie, Arzthaftungsrecht, 5. Aufl. 2014, Kap. 2 Rn. 108; Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht - Fallgruppenkommentar, 4. Aufl. 2014, E Rn. 17; Rehborn, MDR 2013, 565-569, 566). Ob hier wegen der Anforderung durch den Prozessbevollmächtigten und der beabsichtigten Verwendung in dem anhängigen Gerichtsverfahren ein wichtiger Grund im Sinne des § 811 Abs. 1 S. 2 BGB vorlag, der eine Versendung einer Originalpapierakte gerechtfertigt hätte, kann hier dahinstehen. Wie der Beschwerde zu entnehmen und dem Senat aus anderen Arzthaftungsverfahren bekannt ist, werden an der Universitätsklinik L...... die Behandlungsunterlagen digitalisiert und liegen daher regelmäßig nicht in Papierform vor. Die Vorlage der Patientenakte in Urschrift wäre der Klägerin daher aus tatsächlichen Gründen unmöglich.
III. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Die Verpflichtung der Klägerin, die Kosten des erfolglosen Beschwerdeverfahrens zu tragen, ergibt sich aus dem Gesetz (Ziff. 1812 Anlage 1 GKG). Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Fundstellen
JurBüro 2017, 640 |
AGS 2018, 361 |
GesR 2017, 649 |