Leitsatz (amtlich)
Die Gebühr gemäß Nr. 6102 VV RVG erfasst nur die Verhandlung nach §§ 30 Abs. 3, 31 IRG, nicht jedoch die Teilnahme an einer Anhörung im Vollstreckungshilfeverfahren nach §§ 85 ff. IRG, die der Erklärung eines Einverständnisses des Verurteilten nach § 85 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 IRG dient.
Tenor
Die Erinnerung des Pflichtbeistandes gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts Dresden vom 15. Mai 2018 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Senat hatte mit Beschluss vom 15. September 2017 die Vollstreckung der gegen D. W. durch das Landgericht Görlitz am 13. April 2017 verhängten Freiheitsstrafe in der Republik Polen für unzulässig erklärt und der Staatskasse die Kosten sowie die dem Verurteilten erwachsenen notwendigen Auslagen auferlegt. Der Pflichtbeistand hatte zuvor am 14. August 2017 an einer Anhörung des Verurteilten vor dem Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Bautzen teilgenommen. Die Anhörung diente der Befragung des Verurteilten, ob er mit der Vollstreckung der Strafe in der Republik Polen einverstanden sei.
Am 23. Februar 2018 hatte der Pflichtbeistand sodann die Festsetzung der entstandenen Gebühren und Auslagen beantragt. Dabei hatte er als Pflichtverteidigervergütung auch eine Terminsgebühr gemäß Nr. 6102 VV RVG in Höhe von 424 EUR nebst Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld geltend gemacht.
Mit Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 15. Mai 2018 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die geltend gemachte Terminsgebühr nebst Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld unter Hinweis auf die Senatsentscheidungen vom 6. Februar 2007 - OLG 33 Ausl 84/06 - und 1. Dezember 2017 - OLGAusl 111/16 - abgesetzt.
Dagegen richtet sich der Pflichtbeistand mit der Erinnerung, der der Urkundsbeamte nicht abgeholfen hat.
II.
Über die gemäß § 56 Abs. 1 RVG zulässige Erinnerung entscheidet der Senat durch einen Einzelrichter (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 1 RVG).
Die Erinnerung erweist sich als unbegründet.
Der Pflichtbeistand kann für die Teilnahme an der Anhörung des Verfolgten durch den Ermittlungsrichter des Amtsgerichts am 14. August 2017 keine Gebühr gemäß Nr. 6102 VV RVG und damit verbundene Auslagen beanspruchen.
Die Gebühr gemäß Nr. 6102 VV RVG erfasst nur die Verhandlung nach §§ 30 Abs. 3, 31 IRG, nicht jedoch andere gerichtliche Termine (vgl. Senatsbeschlüsse vom 6. Februar 2007 - OLG 33 Ausl 84/06 - und 1. Dezember 2017 - OLGAusl 111/16 -, jeweils juris). Zwar sind diese Entscheidungen zur Frage einer Vergütung einer Teilnahme an einer Vernehmung im Auslieferungsverfahren nach § 28 IRG ergangen. Es besteht jedoch aus den darin angestellten grundsätzlichen Erwägungen keine Veranlassung, die Anhörung im Vollstreckungshilfeverfahren nach §§ 85 ff. IRG als Verhandlung anzusehen.
Die Anhörung im Vollstreckungshilfeverfahren dient der Befragung des Verfolgten, ob er mit einer Überstellung zur weiteren Vollstreckung der gegen ihn verhängten Strafe in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union einverstanden ist, weil ein Einverständnis zu Protokoll eines Richters zu erklären wäre (§ 85 Abs. 2 Satz 2 IRG). Der Verurteilte wird in diesem Termin über die Rechtsfolgen eines Einverständnisses und dessen Unwiderruflichkeit belehrt (§ 85 Abs. 2 Satz 4 IRG), in dem Termin wird indes nicht verhandelt. Der Richter beim Amtsgericht ist auch nicht zu einer Entscheidung befugt. Die Entscheidung über die Zulässigkeit der Vollstreckung ist dem Oberlandesgericht vorbehalten (§§ 85a, 85c IRG).
Fundstellen
Haufe-Index 11786211 |
JurBüro 2018, 407 |
NJ 2018, 340 |
RVGreport 2018, 459 |
StRR 2018, 5 |