Leitsatz (amtlich)
›Zur Bemessung des Arbeitsentgelts im Strafvollzug nach einem Stundensatz.‹
Verfahrensgang
LG Bautzen (Aktenzeichen 2 StVK 128/98) |
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Höhe des stündlichen Arbeitsentgelts.
Der Antragsteller wendet sich mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Ablehnungsbescheid der Justizvollzugsanstalt ... vom 13.02.1998; hierbei lehnte die Justizvollzugsanstalt eine beantragte Nachzahlung des Arbeitsentgelts ab.
Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts ... hat am 10.11.1998 den Bescheid der Vollzugsbehörde vom 13.02.1998 aufgehoben und die Vollzugsbehörde verpflichtet, bei der Berechnung und Ausbezahlung des vom Antragsteller seit September 1997 bezogenen Arbeitsentgelts die Rechtsauffassung des Gerichts zu Grunde zu legen und den Antragsteller insoweit erneut zu bescheiden.
Die Justizvollzugsanstalt ... hat mit Schriftsatz vom 21.12.1998 form- und fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt und die Aufhebung des Beschlusses der Strafvollstreckungskammer vom 10.11.1998 sowie dessen Außervollzugsetzung beantragt.
Mit Beschluss vom 08.01.1999 hat der Senat auf Antrag der Vollzugsbehörde gemäß §§ 116 Abs. 3 Satz 2, 114 Abs. 2 Satz 1 StVollzG den Vollzug der Entscheidung des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - vom 10.11.1998 (2 StVK 128/98) bis zur Entscheidung des Senats ausgesetzt.
Das Sächsische Staatsministerium der Justiz hat beantragt, den Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen.
Der Beschwerdegegner hat seine Stellungnahme mit Schreiben vom 22.01.1999 abgegeben.
II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil die Nachprüfung der Entscheidung des Landgerichts ... zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Freistaat Sachsen geboten ist, § 116 Abs. 1 StVollzG. Der vorliegende Fall gibt Anlass zur Entscheidung, wie der Stundenlohn im Sinne von § 43 Abs. 1 StVollzG, was sich nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt, zu berechnen ist. Auf Grund der Entscheidung des Landgerichts ... wäre - falls sie bestandskräftig werden würde - mit einer Vielzahl gleichgerichteter Anträge von Strafgefangenen zu rechnen, da die angefochtene Entscheidung eine finanzielle Besserstellung von Strafgefangenen gegenüber der bisherigen Praxis bewirken würde.
III. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg; die Sachrüge greift durch.
§§ 43 f. StVollzG regelt abschließend, welches Entgelt und welche Ausfallzahlungen der Gefangene zu erhalten hat. Es besteht ein Rechtsanspruch auf ein Arbeitsentgelt und damit auf eine Lohnzahlung für tatsächlich geleistete Arbeit (Matzke in Schwind/Böhm, StVollzG 2. Aufl. § 43 Rdnr. 3).
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 StVollzG ist bei der Bemessung (der Höhe) des Arbeitsentgelts der in § 200 StVollzG bestimmte Satz des durchschnittlichen Arbeitsentgelts aller Versicherten der Rentenversicherung, der Arbeiter und Angestellten ohne Auszubildende des vorvergangenen Kalenderjahres zu Grunde zu legen (Eckvergütung). Zwar ist § 200 Abs. 1 StVollzG nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 01.07.1998 (NJW 1998, 3337) verfassungswidrig, bleibt jedoch bis zu einer anderen gesetzlichen Regelung, längstens bis 31.12.2000, anwendbar. Diese Eckvergütung beträgt in Sachsen - zwischen den Parteien unstreitig - für 1997 DM 10,25, für 1998 DM 10,42.
Der Antragsteller arbeitete in der Vergütungsstufe 3 auf Grund der in der Justizvollzugsanstalt ... festgelegten regelmäßigen Arbeitszeit 7,5 Stunden/Tag und ist der Auffassung, ihm stehe die volle Eckvergütung zu. Die Justizvollzugsanstalt ... ist dagegen der Auffassung, in den neuen Bundesländern gelte die 40-Stunden-Arbeitswoche, auf jeden Arbeitstag entfielen somit 8 Stunden, und da der Antragsteller nur 7,5 Stunden arbeite, erhalte er auch lediglich entsprechend 7,5/8 der Eckvergütung.
Vom Senat ist daher die Frage zu klären, ob ein Gefangener bei kürzerer Arbeitszeit einen Anspruch auf das volle oder nur auf ein anteilig gekürztes Arbeitsentgelt hat.
Der Gesetzgeber hat in § 43 Abs. 1 Satz 3 StVollzG zwei Modelle der Bemessung des Arbeitsentgelts eröffnet - Tagessatz und Stundensatz.
Beim Tagessatzsystem erhält der Gefangene üblicherweise für ein von der Justizvollzugsanstalt festgelegtes geleistetes Tagespensum den vollen Tagessatz. Hierbei spielt es grundsätzlich keine Rolle, wieviele Stunden pro Tag der Gefangene arbeitet; wird z. B. die wöchentliche Arbeitszeit von 31,35 Stunden auf 36,1 bzw. 34,55 Stunden erhöht, begründet dann diese Verlängerung der Arbeitszeit, da sie noch innerhalb der in der freien Wirtschaft und im öffentlichen Dienst geltenden Arbeitszeiten liegt, keinen Rechtsanspruch des Gefangenen auf Zahlung eines höheren Arbeitsentgelts (vgl. KG, NStZ 1989, 445).
Beim Stundensatzsystem sind zwei Varianten möglich.
a) Man kann den Tagessatz durch die der Arbeitszeit im öffentlichen Dienst entsprechende Zahl der täglichen Soll-Arbeitsstunden teilen; der Gefangene erhält dann diesen Stundensa...