Entscheidungsstichwort (Thema)
Datenschutz. Errichtungsanordnug. Verwaltungsbehörde. Staatsanwaltschaft. Verfahrensregister. Datenspeicherung. Erforderlichkeit. Löschung
Leitsatz (amtlich)
›1. Die Vorschrift des § 489 Abs. 2 StPO begründet das grundsätzliche subjektive Recht eines Betroffenen auf Löschung seiner personenbezogenen Verfahrensdaten; für die Rechtsschutzgewährung ist der Rechtsweg nach §§ 23 ff EGGVG eröffnet.
2. Jedenfalls auf Antrag des Betroffenen hat die Staatsanwaltschaft eine Einzelfallprüfung der weiteren Datenspeicherung vorzunehmen. Hierbei hat sie den vom Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil entwickelten Zweckbindungsgrundsatz zu beachten.‹
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Löschung von Daten aus dem Verfahrensregister der Staatsanwaltschaft Leipzig.
Im Verfahrensregister der Staatsanwaltschaft Leipzig werden bezüglich des Antragstellers (als Beschuldigter) folgende Daten gespeichert:
302 Js 6391/99 wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz, Tatzeit 28.11.1998, bei der Staatsanwaltschaft erledigt 2001 durch Beantragung eines Strafbefehls und bei Gericht erledigt durch Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens, 805 Js 9052/99 wegen Missbrauchs von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen, Tatzeit 11.02.1999, 1999 umgetragen in das Js-Register 800 mit dem neuen Aktenzeichen 800 Js 9052/99, Verfahrensstatus: erledigt 1999 durch Einstellungsverfügung gemäß § 170 Abs. 2 StPO mangels Tatverdachts, 507 Js 36796/99 wegen Trunkenheit im Verkehr, Tatzeit 16.07.1999, Verfahrensstatus: bei der Staatsanwaltschaft Leipzig erledigt mit Beantragung eines Strafbefehls und bei Gericht erledigt durch Urteil/Strafbefehl mit einer Geldstrafe von 31 bis 90 Tagessätzen.
Mit Schreiben vom 06. Oktober 2001 begehrte der Antragsteller bei der Staatsanwaltschaft Leipzig die Löschung der Daten zu den Verfahren 302 Js 6391/99 und 805 Js 9052/99 und die Berichtigung der Eintragung zum Verfahren 507 Js 36796/99 dahin, dass der Tatvorwurf fahrlässige Trunkenheit im Verkehr laute.
Die Staatsanwaltschaft Leipzig lehnte mit Bescheid vom 21. Januar 2002 eine Löschung der gespeicherten Daten ab, ohne eine Entscheidung über den Berichtigungsantrag zu treffen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich der Antrag des Antragstellers vom 30. Januar 2002, der auf § 23 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz (EGGVG) gestützt wird.
Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat beantragt, den Antrag als unbegründet zu verwerfen.
Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft Leipzig mit Bescheid vom 08. Februar 2002 die vom Antragsteller begehrte Berichtigung antragsgemäß vorgenommen, Der Antragsteller hat daraufhin "den Rechtsstreit" insoweit für erledigt erklärt.
II.
1. Der mittlerweile lediglich noch auf das Löschungsbegehren gerichtete, im Übrigen durch den Bescheid der Staatsanwaltschaft Leipzig vom 08. Februar 2002 gegenstandslos gewordene Antrag vom 30. Januar 2002 ist gemäß §§ 23 Abs. 1, 24 Abs. 1, 26 Abs. 1 EGGVG zulässig. Insbesondere macht der Antragsteller geltend, durch den Bescheid der Staatsanwaltschaft Leipzig vom 21. Januar 2002 in seinen Rechten - hier in seinem Recht auf Löschung von Verfahrensdaten aus der staatsanwaltschaftlichen Datei gemäß aus § 489 Abs. 2 StPO -verletzt zu sein (§ 24 Abs. 1 EGGVG).
Dass es sich bei der Vorschrift des § 489 Abs. 2 StPO um ein subjektives Recht des Antragstellers auf Löschung personenbezogener Daten handelt, lässt sich zwar dem Wortlaut der Vorschrift nicht ohne Weiteres entnehmen. Es ergibt sich aber aus einer Gesamtschau der keine abschließende Regelung datenschutzrechtlich motivierter Bestimmungen enthaltenden Regelungen des Strafverfahrensänderungsgesetzes 1999 (vgl. hierzu Brodersen, NJW 2000, 2536, 2537) und des mit einer Verpflichtung korrespondierenden Löschungsanspruchs des Betroffenen aus § 20 Abs. 2 Bundesdatenschutzge-setz (BDSG) (vgl. dazu etwa Mallmann in Simitis, Kommentar zum BDSG 5. Aufl., Rdn. 35 zu § 20) sowie dem bereits dem Wortlaut nach als subjektives Recht ausgestalteten Löschungsanspruch des Betroffenen aus den §§ 5, 19 des Sächsischen Datenschutzgesetzes (SächsDSG).
2. Der Antrag des Antragstellers hat auch in der Sache (vorläufig) Erfolg und führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an die Staatsanwaltschaft Leipzig.
Ein Anspruch des Antragstellers auf Löschung der bei der Staatsanwaltschaft Leipzig in den Verfahren 302 Js 6391/99 und 805 Js 9052/99 gespeicherten Daten kann sich aus § 489 Abs. 2 StPO ergeben. Nach dieser Vorschrift sind personenbezogene Daten in staatsanwaltschaftlichen Dateien zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist oder sich aus Anlass einer Einzelfallbearbeitung ergibt, dass die Kenntnis der Daten für die in den §§ 483, 484, 485 StPO jeweils bezeichneten Zwecke nicht mehr erforderlich ist.
Dass die Speicherung der Daten des Antragstellers in der staatsanwaltschaftlichen Datei unzulässig wäre, ist nicht ersichtlich. Ob hingegen die Kenntnis der Daten für die in den §§ 483 bis 485 StPO jeweils bezeichneten...