Leitsatz (amtlich)
Über die Gewährung einer Räumungsfrist nach § 721 Absatz 1 ZPO kann das zuständige Prozessgericht nicht vorab und isoliert, sondern nur gemeinsam mit der Entscheidung über den Räumungsantrag entscheiden (Anschluss BGH WuM 2014, 354; OLG München NZM 2010, 720).
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 04 O 2476/18) |
Tenor
Der Antrag der Beklagten zu 2) und zu 3), ihnen eine Räumungsfrist nach § 721 ZPO bis zum 31.10.2019 zu gewähren, wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte zu 1), eine liechtensteinische AG, und die Beklagten zu 2) und zu 3), jeweils natürliche Personen, auf Räumung und Herausgabe der Eigentumswohnung Nr. xx im Objekt F.-Straße yy in Leipzig in Anspruch.
Mit dem Vertrag vom 11.09.2017 (Anlage K 1) vermietete die Klägerin die Wohnung ab dem 15.10.2017 an die Beklagte zu 1) mit dem Zweck, dass die Beklagten zu 2) und 3) mit ihrem - noch minderjährigen - Sohn darin wohnen. Vereinbart waren eine monatliche Grundmiete von 1.590,00 EUR, ein Nutzungsentgelt für die Einbauküche von 150,00 EUR und eine Vorauszahlung auf die Betriebskosten von 280,00 EUR, mithin eine monatliche Gesamtmiete von 2.020,00 EUR.
Nachdem die Beklagte zu 1) die Mieten für die Monate Juni bis August 2018 nicht bezahlt hatte, kündigte die Klägerin mit Schreiben vom 29.08.2018 (Anlage K 2) den Mietvertrag außerordentlich und fristlos. Teilzahlungen der Beklagten von 5.000,00 EUR im Oktober 2018 führten nicht zum vollständigen Ausgleich der Mietrückstände. Nachdem die Beklagte die Miete für September und Oktober 2018 nicht bezahlt hatte, betrug der Mietrückstand 5.100,00 EUR als die Klägerin mit dem Schreiben vom 22.10.2018 (Anlage K 3) erneut die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses aussprach. Mit der Klageschrift vom 01.11.2018, welche den Beklagten am 07.11.2018 zugestellt wurde, erklärte die Klägerin erneut die außerordentliche und fristlose Kündigung des Mietvertrages.
Die Klägerin begehrt nach der außerordentlichen Kündigung des Mietvertrages die Räumung und Herausgabe der Eigentumswohnung durch die Beklagten.
Die Beklagten haben vorgetragen, das Landgericht sei nicht zuständig, weil zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) ein Wohnraummietvertrag geschlossen worden sei. Im Übrigen seien die Kündigungen von der Klägerin nicht formell wirksam erklärt worden. Hilfsweise haben die Beklagten die Gewährung einer Räumungsfrist nach § 721 ZPO beantragt.
Wegen des Sachvortrages im Übrigen und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit dem Urteil vom 18.04.2019 die Beklagten zur Räumung und Herausgabe der Eigentumswohnung verurteilt und den Antrag auf Bewilligung einer Räumungsfrist nach § 721 ZPO zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, jedenfalls die in der Klageschrift vom 01.11.2018 enthaltene Kündigung habe das Mietverhältnis mit sofortiger Wirkung beendet. Eine Räumungsfrist sei nicht zu gewähren, weil im Ergebnis der vorzunehmenden Interessenabwägung die Gewährung von Räumungsschutz nicht angezeigt sei.
Gegen das ihnen am 03.05.2019 zugestellte Urteil haben die Beklagten am 03.06.2019 Berufung eingelegt.
Mit dem per Telefax am 17.06.2019 und im Original mit Anlagen am 18.06.2019 beim Oberlandesgericht eingegangen Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 14.06.2019 beantragen die Beklagten zu 2) und zu 3), ihnen eine Räumungsfrist nach § 721 ZPO bis zum 31.10.2019 zu gewähren. Sie tragen vor, ihnen drohe die Wohnungslosigkeit, weil sie trotz erheblicher Bemühungen bislang keinen Ersatzwohnraum hätten finden können und für den 20.06.2019 die Zwangsräumung der Eigentumswohnung durch den Gerichtsvollzieher angekündigt sei. Zur Glaubhaftmachung ihres Vorbringens haben sie die Räumungsankündigung des Obergerichtsvollziehers am AG Leipzig Thomas Lux vom 27.05.2019 (Anlage AS 1), die eidesstattlichen Versicherungen der Beklagten zu 2 und zu 3) jeweils vom 13.06.2019 (Anlagen AS 2 und AS 3), das Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 06.06.2019 (Anlage AS 4) und einen Überweisungsbeleg der X...bank vom 13.06.2019 (Anlage AS 5) vorgelegt.
II. Der Antrag der Beklagten zu 2) und zu 3) auf Gewährung einer Räumungsfrist vor Durchführung der Zwangsräumung am 20.06.2019 hat keinen Erfolg.
Es kann dafür offen bleiben, ob im vorliegenden Verfahren, in dem über die Beendigung eines Vertrages, in welchem der Mieter, die Beklagte zu 1), eine Wohnung zur Nutzung durch Dritte, hier die Beklagten zu 2) und zu 3), anmietet, und der damit kein Wohnraummietvertrag ist, weil die Beklagte zu 1) als juristische Person schon begrifflich nicht zu eigenen Wohnzwecken mieten kann (vgl. BGH, Urteil vom 16.07.2008, VIII ZR 282/07, NJW 2008, 3361; KG, Urteil vom 27.08.2015, 8 U 192/14, ZMR 2016, 860; Senatsbeschluss vom 06.03.2019, 5 U 1613/18, NZM 2019, 412), die Vorschrift des § 721 ZPO zugunsten der Beklagten zu 2) und zu 3), die nicht Vertragspartner der Klägerin waren, eingreift.