Verfahrensgang
AG Leipzig (Aktenzeichen 353 FH 169/20) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Leipzig vom 19.10.2020 - 353 FH 169/20 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der von dem Antragsgegner an die Antragstellerin ab 01.07.2020 monatlich jeweils im voraus zum 1. eines Monats zu zahlende Unterhalt wird auf 100 % des Mindestunterhalts der 2. Altersstufe abzüglich der Hälfte des Kindergelds für ein erstes Kind in der jeweiligen gesetzlichen Höhe festgesetzt.
Der von dem Antragsgegner an die Antragstellerin zu zahlende rückständige Unterhalt für die Zeit vom 01.01.2020 bis 30.06.2020 wird auf insgesamt 1.784,00 EUR festgesetzt.
2. Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.
3. Die Kosten des ersten Rechtszugs hat der Antragsgegner zu tragen.
Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
4. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.950 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin beantragte beim Familiengericht am 26.06.2020, im vereinfachten Verfahren den Unterhalt, den der Antragsgegner ab 01.01.2020 an die Antragstellerin zu zahlen hat, auf 100 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergeldes festzusetzen.
Diesem Antrag hat das Familiengericht, nachdem der Antragsgegner eingeschränkte Leistungsfähigkeit eingewendet, die Höhe seiner Leistungsfähigkeit angegeben und zum Beleg hierfür seine Verdienstbescheinigungen vorgelegt hatte, nur teilweise stattgegeben und mit dem angefochtenen (Teil-) Beschluss den von dem Antragsgegner an die Antragstellerin ab 01.07.2020 monatlich jeweils im voraus zum 1. eines Monats zu zahlenden Unterhalt auf 47,00 EUR und den vom Antragsgegner an die Antragstellerin zu zahlenden rückständigen Unterhalt für die Zeit vom 01.01.2020 bis 30.06.2020 auf insgesamt 134,00 EUR festgesetzt. Bei der Ermittlung des Rückstandsbetrages hat es die von der Antragstellerin benannten Zahlungen des Antragsgegners von insgesamt 148,00 EUR berücksichtigt.
Gegen die am 23.10.2020 zugestellte Entscheidung hat die Antragstellerin mit Schriftsatz ihres Beistands vom 29.10.2020 per Fax am 03.11.2020 beim Familiengericht Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, dass das Familiengericht den vom Antragsgegner erstinstanzlich erhobenen Einwand der Leistungsunfähigkeit zu Unrecht als zulässig behandelt habe. Der Einwand eingeschränkter Leistungsfähigkeit sei nur zulässig, wenn der Antragsgegner Auskunft über seine Einkünfte hinsichtlich aller Einkunftsarten und über sein Vermögen erteile. Dies sei jedoch nicht der Fall. Es mangele sowohl an der Auskunft zum Vermögen als auch an der Auskunft über die weiteren Einkunftsarten.
Die Antragstellerin beantragt, den Unterhalt unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses wie erstinstanzlich beantragt festzusetzen.
Der Antragsgegner ist der Beschwerde mit Anwaltsschriftsatz vom 25.11.2020 entgegengetreten und beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Das Familiengericht habe den Einwand der fehlenden Leistungsfähigkeit zutreffend als zulässig bewertet. Der Antragsgegner verfüge weder über anrechenbares Vermögen noch über weiteres Einkommen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss, die Beschwerdeschrift, die Beschwerdeerwiderungsschrift und die erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
1. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdesumme ist erreicht. Die Antragstellerin ist beschwerdeberechtigt und beschwert. Sie kann - wie hier - mit der Beschwerde rügen, dass vom Familiengericht ein in nicht zulässiger Weise erhobener Einwand zu Unrecht beachtet worden sei. Insoweit schließt sich der Senat der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt (Beschluss vom 17.01.2012 - 5 UF 396/11 -, FamRZ 2012, 1821 f.) an.
2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
a) Der Antragsgegner hat den Einwand eingeschränkter Leistungsfähigkeit nicht in zulässiger Form erhoben, da er gegenüber dem Familiengericht zu seinem Vermögen keine und zu seinen Einkünften i.S.d. § 252 Abs. 4 Satz 1 FamFG nur eine unvollständige Auskunft erteilt hat.
Die - bereits im ersten Rechtszug abzugebende - Erklärung war nicht entbehrlich (KG FamRZ 2019, 1797 f.; OLG Hamburg FamRZ 2020, 1094). Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Antragsgegner, auch wenn er nur ein vergleichsweise geringes Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit erzielt, über Vermögen oder sonstige Einkünfte verfügt, die für den Kindesunterhalt zu verwenden sind (vgl. zur Obliegenheit einer Verwertung des Vermögens für den Kindesunterhalt Dose in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrechtsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Aufl., § 1 Rdn. 619, 620 m.w.N.).
Der Antragsgegner wurde mit Verfügung des Familiengerichts vom 30.06.2020 (Schreiben vom 02.07.2020) deutlich auf die Auskunftspflicht...