Verfahrensgang

AG Kamenz (Aktenzeichen 7 F 215/22)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Versäumnisbeschluss und Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kamenz vom 15.02.2023 (7 F 215/22) unter Aufhebung von Ziff. 2 des Beschlusses hinsichtlich seiner Ziff. 1 wie folgt abgeändert und neu gefasst:

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin für den Zeitraum vom 01.01.2022 bis zum 30.06.2023 einen Unterhaltsrückstand in Höhe von 2.014,00 EUR zu zahlen.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, ab 01.07.2023 an die Antragstellerin laufenden Kindesunterhalt i.H.v. 100 % des jeweiligen Mindestunterhaltes gem. § 1612a BGB der jeweiligen Altersstufe abzüglich der Hälfte des jeweiligen gesetzlichen Kindergeldes für ein erstes Kind, fällig im Voraus bis zum 1. eines jeden Monats, zu zahlen.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt.

4. Der Wert des Beschwerdeverfahrens ist 3.024,00 EUR.

 

Gründe

I. Die durch das Jugendamt als Beistand vertretene Antragstellerin ist die Tochter des Antragsgegners. Sie lebt bei ihrer Mutter, die das gesetzliche Kindergeld bezieht, und erhält Unterhaltsvorschuss. Im vor dem Amtsgericht Kamenz geführten Verfahren 53 FH 56/21 wurde der Antragsgegner am 31.03.2022 zugunsten des Freistaats Sachsen rechtskräftig zur Zahlung rückständigen Unterhalts sowie zur Zahlung von 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts abzüglich des vollen Kindergeldes ab dem 01.02.2022 verpflichtet.

Nach vergeblicher Aufforderung zur Auskunft vom 20.01.2022 hat die Antragstellerin am 04.07.2022 den Antragsgegner auf Zahlung rückständigen Unterhalts sowie laufenden Unterhalts i.H. des Mindestunterhalts abzüglich der Hälfte des jeweiligen gesetzlichen Kindergeldes in Anspruch genommen.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Kamenz hat auf Bedenken hingewiesen und nach einem aufhebenden Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden Verfahrenskostenhilfe bewilligt.

Die Antragstellerin hat zunächst beantragt,

den Antragsgegner zu verpflichten, an sie für den Zeitraum vom 01.01.2022 bis zum 31.07.2022 einen Unterhaltsrückstand i.H.v. 766,50 EUR

und

ab 01.08.2022 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts gemäß § 1612a BGB der jeweiligen Altersstufe, abzüglich der Hälfte des jeweiligen gesetzlichen Kindergeldes für ein erstes Kind, fällig im Voraus bis zum Ersten eines jeden Monats, zu bezahlen.

In der mündlichen Verhandlung am 25.01.2023 hat sie beantragt,

den Antragsgegner zu verpflichten, an sie für den Zeitraum vom 01.01.2022 bis zum 28.02.2023 einen Unterhaltsrückstand i.H.v. 1.514,00 EUR

und

ab 01.03.2023 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts gemäß § 1612a BGB der jeweiligen Altersstufe, abzüglich der Hälfte des jeweiligen gesetzlichen Kindergeldes für ein erstes Kind, fällig im Voraus bis zum Ersten eines jeden Monats, zu bezahlen.

Im Übrigen hat sie den bislang geltend gemachten Anspruch für in der Hauptsache erledigt erklärt.

Der Antragsgegner hat sich erstinstanzlich zur Sache nicht eingelassen und ist zum Termin nicht erschienen.

Mit Versäumnisbeschluss und Beschluss vom 15.02.2023 gab das Amtsgericht - Familiengericht - Kamenz den Anträgen der Antragstellerin unter Zurückweisung des Antrags im Übrigen wie folgt statt:

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin für den Zeitraum vom 01.01.2022 bis zum 28.02.2023 einen Unterhaltsrückstand i.H.v. 1.514,00 EUR und ab 01.03.2023 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts gemäß § 1612a BGB der jeweiligen Altersstufe, abzüglich der Hälfte des jeweiligen gesetzlichen Kindergeldes für ein erstes Kind und abzüglich des für den Antragsgegner aus dem Beschluss des Amtsgerichts Kamenz vom 31.03.2022 (Az. 53 FH 56/21) ergebenden Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt gegenüber dem Freistaat Sachsen zu zahlen, und zwar monatlich im Voraus, fällig zum 1. eines jeden Monats.

Zur Begründung der Teil-Antragszurückweisung hat das Amtsgericht sich unter Hinweis auf eine Entscheidung des OLG Celle vom 16.12.2020 (15 UF 63/20) darauf berufen, dass über den Verfahrensgegenstand insoweit bereits eine rechtskräftige Entscheidung vorliege.

Gegen die ihr am 22.02.2023 zugestellte Entscheidung hat die Antragstellerin mit am 03.03.2023 eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt und Verfahrenskostenhilfe beantragt.

Der Beistand wolle nach Titulierung des Anspruchs für das Kind Vollstreckungsmaßnahmen einleiten, damit ein Leistungsbezug aus öffentlichen Mitteln entbehrlich werde. Eine Abänderung des Beschlusses vom 31.03.2022 komme nicht in Betracht, weil das Kind nicht Berechtigte des Titels sei. Auch eine Umschreibung gemäß § 727 ZPO sei nicht möglich, da eine Rückübertragung bereits an der Zustimmung des sorgeberechtigten Antragsgegners scheitern werde. Ein Verzicht auf zukünftigen Unterhaltsvorschuss sei nicht möglich, da andernfalls ihr Lebensunterhalt nicht gesichert sei, zumal sich ihre Mutter in Elternzeit befinde. Ein Verzicht seitens des Le...

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