Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunft und Zahlung aus Pflichtteil. Streitwertbeschwerde
Leitsatz (amtlich)
Auch für die Prozeßgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO ist bei einer sog. „steckengebliebenen Stufenklage” entgegen der herrschenden Ansicht nicht der Wert des erwarteten Leistungsanspruchs maßgeblich, sondern der der Auskunft.
Dies ergibt sich aus § 18 GKG, der eine ansonsten über § 12 Abs. 1 GKG eintretende Wertaddition gem. § 5 ZPO verbietet. (im Anschluß an OLG Schleswig, MDR 1995, 642).
Normenkette
BRAGO § 31 Abs. 1, § 48 Abs. 1; GKG § 18; ZPO § 254
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Beschluss vom 05.12.1996; Aktenzeichen 2 O 4811/96) |
Tenor
Die Beschwerde vom 27.12.1996 gegen den Streitwertbeschluß des Landgerichts Chemnitz vom 5.12.1996 – Az: 2 O 4811/96 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Der beschwerdeführende Rechtsanwalt hat aus eigenem Recht gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 BRAGO das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung, die erkennbar zugleich auch eine Festsetzung des Gebührenstreitwertes beinhaltete, eingelegt.
Der von der Klägerin mandatierte Beschwerdeführer hat im Wege der Stufenklage beantragt, die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin vollständige Auskunft über den Bestand der Erbschaft durch Übergabe eines schriftlichen, amtlich aufgenommenen und bestätigten Bestandsverzeichnisses unter Wertangaben zu erteilen, Auskunft über den Wert eines Grundstückes durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu geben, Auskunft über den Wert eines zur Erbmasse gehörenden Unternehmens durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu geben und die Beteiligungsverhältnisse offenzulegen und dies zu Protokoll an Eides Statt zu versichern und nach Erteilung der Auskunft den sich daraus ergebenden Pflichtteil in Höhe von 1/8 des Nachlaßwertes auszuzahlen.
In der Klageschrift wurde der Streitwert vorläufig mit 20.000,00 DM angegeben.
Vor Durchführung der mündlichen Verhandlung wurde die Klage zurückgenommen.
Das Landgericht hat den Streitwert auf 20.000,00 DM festgesetzt.
Hiergegen wendet sich der beschwerdeführende Rechtsanwalt. Er ist der Ansicht, daß der Streitwert höher festzusetzen sei, da der Wert des zum Nachlaß gehörenden Unternehmens allein 1 Mio. DM betrage und die ebenfalls zum Nachlaß gehörenden Grundstücke 1 Mio. DM wert seien.
Der Beklagtenvertreter sieht diese Werte als weit überhöht an.
Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das Landgericht hat zu Recht den Streitwert auf 20.000,00 DM festgesetzt. Hierbei hat es darauf abgestellt, daß für die Wertberechnung bei einer sog. „steckengebliebenen Stufenklage” allein auf die Bewertung des Auskunftsanspruches abzustellen ist.
Die vom Landgericht vertretene und vom Senat geteilte Auffassung entspricht jedoch nicht der herrschenden Meinung.
Auszugehen ist von § 18 GKG (§ 8 Abs. 1 BRAGO). Dieser bestimmt, daß, wenn bei einer Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung eine unbezifferte Leistungsklage verbunden wird, für die Wertberechnung nur einer der verbundenen Ansprüche, und zwar der höhere, maßgebend sei.
Deshalb wird mit der Begründung, der Auskunftsanspruch diene nur als Vorbereitung des Zahlungsanspruches, vertreten, daß ausnahmslos der Leistungsanspruch als der höherwertige Anspruch für die Bewertung maßgebend sei (OLG Karlsruhe, Die Justiz 1985, 353; OLG Düsseldorf, JurBüro 1984, 87 mit Anmerkung Mummler; OLG Celle, AnwBl. 1987, 286). Deshalb soll sich die Prozeßgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO immer nach dem Wert des erwarteten Leistungsanspruchesrichten (Schneider, MDR 1991, 198, 199).
Der gegenteiligen Auffassung, daß allein auf die Bewertung des Auskunftsanspruches abzustellen ist, wenn der Leistungsantrag im folgenden nicht beziffert wird (OLG Stuttgart, FamRZ 1990, 652; OLG Frankfurt, FamRZ 1987, 12390; OLG Schleswig, MDR 1995, 642, 643) wird mit der Begründung begegnet, daß dies für den Anwalt geradezu auf einen Zwang zur Gebührenvereinbarung hinaus liefe, da er für eine 40 DM-Gebühr eine Stufenklage nicht einleiten könne (Schneider, a.a.O.).
Hingegen ist nach der h. M. für die Behandlungs- oder Erörterungsgebühr der Streitwert der jeweiligen Stufe maßgebend; wurde der Rechtsstreit auf der Auskunftsstufe beendet, so ist lediglich der geringere Wert des Auskunftsanspruchs entsprechend § 12 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO maßgebend.
Wieso hinsichtlich der Prozeßgebühr der Betrag maßgebend sein soll, den der Stufenkläger beim weiteren Verlauf des Verfahrens glaubte, geltend machen zu können, ist nicht einsehbar. Zwar wird auch die Leistungsstufe zugleich rechtshängig, jedoch ist zunächst Gegenstand des Rechtsstreits die Erteilung der Auskunft. Das Angriffsinteresse des Klägers ist nicht identisch mit der Hauptsache. Maßgebend ist, in welchem Maße die Durchsetzbarkeit der Ansprüche des Klägers von der Auskunft des Beklagten abhängt. Der Kläger will zunächst nur die Auskunft. Dies ...