Verfahrensgang
AG Leipzig (Entscheidung vom 10.01.2012; Aktenzeichen RE-4428-10) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts Leipzig - Grundbuchamt - vom 10.01.2012 (Az.: RE-4428-10) aufgehoben und dem Grundbuchamt aufgegeben, über den Antrag der Beteiligten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Geschäftswert: EUR 3.000,00.
Gründe
I. Am 22.12.1998 wurde der Beteiligten (damals noch als D. B. und B.bank AG, F. firmierend) eine Gesamtbriefgrundschuld in Höhe von DM 561.000,00 am verfahrensgegenständlichen Wohnungseigentum sowie an dem im Grundbuch von R. Blatt . gebuchten Wohnungseigentum bestellt. Die Gesamtgrundschuld wurde am 13.12.2000 in beiden Grundbüchern eingetragen.
Im Zwangsversteigerungsverfahren Amtsgericht Leipzig, Az.: 467 K 2110/06, wurde das Wohnungseigentum Grundbuch von R. Blatt . versteigert. Mit Zuschlagsbeschluss vom 25.10.2007 wurde der Grundbesitz zu einem Betrag von EUR 43.000,00 der A. GmbH zugeschlagen. Vom Versteigerungserlös wurden EUR 40.129,50 an die Beteiligte ausgekehrt und sodann die Grundschuld in Abt. III/3 im Grundbuch von R. Blatt . gelöscht. Zudem wurde der Grundschuldbrief am 15.01.2008 durch das Vollstreckungsgericht unbrauchbar gemacht, da "das vorstehende verbriefte Recht durch den Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren 467 K 2110/06 erloschen" sei.
Mit Schreiben vom 11.11.2011 beantragte die Beteiligte für die in Abt. III/3 im Grundbuch von R. Blatt . eingetragene Briefgrundschuld die Erteilung eines neuen Grundschuldbriefes gegen Kostenübernahme. Mit Beschluss vom 10.01.2012 wies das Amtsgericht Leipzig - Grundbuchamt - (Az.: RE-4428-10) den Antrag zurück. Sei der Gläubiger einer Gesamtgrundschuld aus dem versteigerten Grundstück befriedigt, erlösche nach § 1181 Abs. 2 BGB grundsätzlich auch das Recht am nicht versteigerten Grundstück (hier Blatt .). Da das Grundpfandrecht erloschen und der bisherige Brief unbrauchbar geworden sei, könne ein neuer Brief nicht erteilt werden.
Hiergegen legte die Beteiligte Beschwerde ein. Die eingetragene Grundschuld sei nur im Umfang der Befriedigung durch die gesicherte Forderung erloschen. Das gesicherte Darlehen valutiere aber auch nach Zuteilung des Versteigerungserlöses in Höhe von EUR 40.129,50 noch in Höhe eines Betrages von EUR 348.610,06. Die durch die Gesamtgrundschuld gesicherte Forderung sei damit nicht erloschen und ein Grundschuldbrief wie beantragt zu erteilen.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht Dresden zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die gemäß §§ 71, 73 GBO zulässige Beschwerde hat auch in der Sache jedenfalls vorläufig Erfolg. Die dem angegriffenen Beschluss beigegebene Begründung trägt die Antragszurückweisung nicht, da die im verfahrensgegenständlichen Grundbuch eingetragene Grundschuld nebst Zinsen und Einmalleistung über DM 561.000,00 nur zum kleineren Teil erloschen ist.
Es liegt gerade im Wesen einer Gesamtgrundschuld und ist ihr Zweck, dass alle in den Haftungsverbund einbezogenen Grundstücke dem Gläubiger die Gewähr geben, dass er möglichst den vollen Grundschuldbetrag nebst Zinsen und Einmalleistung erhält. Nach § 1181 Abs. 2 BGB werden zwar in der Tat auch die übrigen Grundstücke frei, wenn die Befriedigung des Gläubigers aus einem der mit einer Gesamtgrundschuld belasteten Grundstücke erfolgt. Wie eine Befriedigung wirkt auch die Erlösauszahlung bei einer Zwangsversteigerung (Bassenge in: Palandt, BGB, 71. Aufl., § 1181 Rn. 2). Die Grundschuld am mithaftenden - nicht der Zwangsversteigerung unterliegenden - Grundstück erlischt allerdings nur im Umfang der Befriedigung. Fällt die Gesamtgrundschuld bei der Erlösverteilung aus, so erlischt zwar die Grundschuld am zwangsversteigerten Grundstück nach § 91 Abs. 1 ZVG, mangels Befriedigung jedoch nicht die Grundschuld am mithaftenden Grundstück, in das nicht vollstreckt wurde (Bassenge in: Palandt, aaO., § 1181 Rn. 3). Der an die Beteiligte auf die Grundschuld, die am zwangsversteigerten Wohnungseigentum Blatt . lastete, gemäß Teilungsplan ausgekehrte Versteigerungserlös von EUR 40.129,50 hat deshalb in Ansehung der am vorliegenden Wohnungseigentum fortbestehenden (Einzel-)Grundschuld nur ein verhältnismäßig geringfügiges Erlöschen bewirkt (einmalige Nebenleistung von EUR 28.683,48 sowie rückständige Zinsen ab 01.01.04 von EUR 11.446,02). Folglich hat das Zwangsversteigerungsgericht den ihm seinerzeit von der Gläubigerin vorgelegten Gesamtgrundschuldbrief zu Unrecht insgesamt unbrauchbar gemacht (vgl. § 127 Abs. 1 S. 2 ZVG) und kann ein Anspruch auf Erteilung eines neuen (Einzel-)Grundschuldbriefes in Bezug auf das vorliegende Wohnungseigentum nicht mit der vom Grundbuchamt gegebenen Begründung verneint werden. Über den Antrag der Beteiligten wird es deshalb von Neuem befinden müssen.
III. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens ist gemäß §§ 131 Abs. 4, 30 Abs. 2 KostO festgesetzt.
Fundstellen