Leitsatz (amtlich)
Zur Zulässigkeit der Auslieferung eines aus Dagestan/Nordkaukasus stammenden Asylbewerbers an die Russische Föderation zum Zwecke der Strafverfolgung wegen eines Tötungsdeliktes.
Tenor
1. Die Auslieferung des Verfolgten an die Russische Föderation zur Verfolgung der im Beschluss des Rayongerichts Kunzewskij der Stadt Moskau vom 14. Juli 2017 in dem Strafverfahren Nr. xxxxxxxxxxxxxxxx bezeichneten Tat wird für zulässig erklärt.
2. Die Fortdauer der Auslieferungshaft wird angeordnet.
Gründe
I.
1.
Der Senat hat am 8. September 2017 gegen den aufgrund einer Interpolausschreibung und eines Auslieferungsersuchens der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation vom 14. August 2017 vorläufig festgenommenen Verfolgten nach vorheriger Anordnung der Festhaltung durch das Amtsgericht Leipzig die Auslieferungshaft angeordnet.
In seiner Anhörung vor dem Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Leipzig am 6. September 2017 hat sich der Verfolgte mit seiner vereinfachten Auslieferung nicht einverstanden erklärt.
2.
Ausweislich der von der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation übermittelten Auslieferungsunterlagen besteht gegen den Verfolgten der in der Beschlussformel bezeichnete Beschluss des Rayongerichts Kunzewskij der Stadt Moskau vom 14. Juli 2017, mit dem die Inhaftierung des Verfolgten angeordnet worden ist.
a)
Dem Verfolgten wird vorgeworfen, am 25. Juni 2015 gegen 17.37 Uhr in Moskau, G...straße xx, Gebäude x, mit zwei weiteren Personen dem Kurier J. C. der "YYY"-GmbH aufgelauert zu haben. Die Täter sollen dem Geschädigten mindestens zwei Schläge gegen den Kopf und andere Körperteile versetzt und ihm mit seiner Erschießung gedroht haben. Der Geschädigte sei aufgefordert worden, wertvolle Sachen herauszugeben. Sodann hätten die Täter dem Geschädigten zwei Mobiltelefone "iphone 6" im Wert von jeweils 46.000 Rubel aus der Hand gerissen. Als sich der Geschädigte wehrte, habe ihm der Verfolgte mit einer Handfeuerwaffe Kaliber 9mm in den Kopf geschossen, wodurch der Geschädigte verstarb.
b)
Die Tat wird von den russischen Strafverfolgungsbehörden als Tötung gemäß Art. 105 Abs. 2 des Russischen Strafgesetzbuches sowie Raub gemäß Art. 162 Abs. 4 des Russischen Strafgesetzbuches gewertet. Im Zusammenhang mit Raub ist die Tötung in der Russischen Föderation mit Freiheitsstrafe von acht bis 20 Jahren, mit Freiheitsbeschränkung von einem Jahr bis zwei Jahren, mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Todesstrafe bedroht (Art. 105 Abs. 2 Buchst. h des Russischen Strafgesetzbuches).
c)
Bereits mit Übersendung der Auslieferungsunterlagen hat die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation folgende Zusicherungen abgegeben:
Dem Verfolgten würden alle Verteidigungsmöglichkeiten einschließlich anwaltlichen Beistandes gewährt.
Der Verfolgte werde keiner grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung unterworfen.
Das Auslieferungsersuchen diene nicht dem Zweck der politischen Verfolgung der Person oder der Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Volkszugehörigkeit oder der politischen Überzeugung.
Der Verfolgte werde nicht zu der Todesstrafe verurteilt.
Der Verfolgte werde nicht an einen anderen Staat ausgeliefert und nur wegen der Straftaten verfolgt, derentwegen um Auslieferung ersucht wird.
Im Falle einer Auslieferung werde der Verfolgte in einer Haftanstalt untergebracht, die den Anforderungen der Menschenrechtskonvention und den Europäischen Mindestgrundsätzen für die Behandlung von Gefangenen entspreche.
Mitarbeiter des konsularischen Dienstes der deutschen Botschaft könnten den Verfolgten jederzeit zum Zweck der Kontrolle der Zusicherungen besuchen.
3.
a)
Mit Blick auf die angedrohte lebenslange Freiheitsstrafe hatte der Senat die Generalstaatsanwaltschaft Dresden zudem gebeten, eine Erklärung der Russischen Föderation einzuholen, ob und aufgrund welcher Regelungen der Verfolgte im Falle einer Verurteilung zu lebenslanger Freiheitsstrafe grundsätzlich eine Chance hätte, je wieder der Freiheit teilhaftig zu werden.
b)
Das Auswärtige Amt hatte darauf mit Verbalnote vom 2. Oktober 2017 eine ergänzende Zusicherung der Russischen Föderation erbeten, dass das Gerichtsverfahren von deutschen Konsularbeamten beobachtet werden dürfe. Für den Fall der Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe solle zugesichert werden, dass die Rechtsordnung der Russischen Föderation eine Überprüfung der verhängten Strafe - auf Antrag oder spätestens nach 20 Jahren - oder Gnadenakte zulasse, die zur Aussetzung der Freiheitsstrafe oder Maßregel führen könnten und auf die der Verfolgte nach dem innerstaatlichen Recht oder der Rechtspraxis der Russischen Föderation Anspruch habe.
c)
Die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation hat mit Schreiben vom 25. Oktober 2017 gegenüber dem Auswärtigen Amt mitgeteilt, dass Konsularbeamte der deutschen Botschaft berechtigt seien, bei der Gerichtsverhandlung anwesend zu sein. Im Falle der Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe sei der Verfolgte gemäß Art. 89 der ...