Leitsatz (amtlich)

Macht ein bedürftiger Beteiligter in einem Verfahren nach § 124 ZPO zutreffend geltend, seine tatsächliche wirtschaftliche Lage habe bereits vor Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe eine dabei betroffene Ratenzahlungsanordnung nicht gerechtfertigt, so bleibt es zwar bei den (bestandskräftig) festgesetzten Raten, weil mangels Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage für eine Änderung der Bewilligungsentscheidung kein Raum ist; die Verfahrenskostenhilfe darf aber nicht aufgehoben werden, solange der Beteiligte einen infolge seiner Bedürftigkeit aufgetretenen Ratenrückstand nicht zu vertreten hat.

 

Verfahrensgang

AG Dresden (Beschluss vom 23.07.2014; Aktenzeichen 305 F 740/13)

AG Dresden (Beschluss vom 22.07.2014; Aktenzeichen 305 F 740/13)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Dresden vom 22./23.7.2014 - 305 F 740/13 - aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das Familiengericht zurückverwiesen.

2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Das Familiengericht hat dem Antragsgegner mit Beschluss vom 26.11.2013 Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seines Rechtsanwalts bewilligt und die Zahlung monatlicher Raten i.H.v. 60 EUR, zahlbar aus dem Einkommen zum 1. des Monats, erstmals am 3.2.2014, angeordnet.

Nachdem der Antragsgegner keine Zahlungen geleistet hat und mit der Zahlung einer Monatsrate trotz Mahnung länger als drei Monate in Rückstand geraten ist, hat das Familiengericht die bewilligte Verfahrenskostenhilfe gem. § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 124 Nr. 4 ZPO a.F. mit dem angefochtenen Beschluss aufgehoben.

Gegen den am 29.7.2014 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 28.8.2014 per Fax sofortige Beschwerde beim Familiengericht eingelegt und beantragt, ihm weiterhin Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen. Zur Begründung führt er aus, dass sich seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse geändert hätten. Dies gehe aus seiner der Beschwerdeschrift als Anlage beigefügten Erklärung nebst Nachweisen hervor. Seit August 2013 zahle er erhöhten Unterhalt und zwar 257 EUR für das Kind K. sowie 600 EUR für die Kindesmutter. Zudem leide er an Diabetes Typ I und müsse aufgrund dessen regelmäßig Medikamente einnehmen. Diese würden zwar von der Krankenversicherung ersetzt, jedoch habe er einen Selbstbehalt von 360 EUR jährlich zu tragen. Ferner sei zu berücksichtigen, dass er darüber hinaus noch in zwei weiteren Verfahren Verfahrenskostenhilfe mit Ratenzahlung zurückerstatten müsse. Diese Zahlungsverpflichtungen könne er aufgrund der Höhe der auf ihn lastenden Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen.

Mit Beschluss vom 11.11.2014 hat das Familiengericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. In den Gründen der Nichtabhilfeentscheidung hat es hinsichtlich der Einwendungen des Antragsgegners dargelegt, dass eine Abänderung der Ratenzahlung gem. § 120 Abs. 4 ZPO aufgrund nachträglicher Verschlechterung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vorzunehmen sei, weil die erhöhte Unterhaltszahlung nach dem Vortrag des Antragsgegners bereits ab August 2013 und somit ab einem Zeitpunkt erfolgt sei, der vor der Ratenanordnung liege. Der Antragsgegner habe gegen die Anordnung der Ratenzahlung kein Rechtsmittel eingelegt, so dass die Änderung im Aufhebungsverfahren keine Berücksichtigung finden könne. Bei der Berechnung der in den anderen beiden Verfahren zu zahlenden Raten sei die in diesem Verfahren zu zahlende Rate i.H.v. 60 EUR bereits berücksichtigt worden. Im Übrigen seien bisher in keinem Verfahren Zahlungen erfolgt.

Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss, die Beschwerdeschrift einschließlich der Erklärung des Antragsgegners über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 22.8.2014 nebst Anlagen, die Verfügung des Familiengerichts vom 7.10.2014 sowie den Nichtabhilfebeschluss Bezug genommen.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde des Antragsgegners führt zur Aufhebung und zur Zurückverweisung an das Familiengericht.

1. Gemäß § 40 Abs. 1 EGZPO sind vorliegend die §§ 114 bis 127 ZPO (i.V.m. § 76 Abs. 1 FamFG) in der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung anzuwenden.

2. Die vom Familiengericht dargelegten Gründe vermögen die auf § 124 Nr. 4 ZPO a.F. gestützte Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe nicht zu begründen.

Das Familiengericht hat zwar zutreffend festgestellt, dass der Antragsgegner seiner Zahlungsverpflichtung länger als drei Monate nicht nachgekommen ist; darüber hinaus ist nach der Rechtsprechung des Senats aber auch zu prüfen, ob der Beteiligte den Rückstand nicht zu vertreten hat, weil er im fraglichen Zeitraum zur Ratenzahlung nicht in der Lage gewesen ist oder ihm Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlung hätte bewilligt werden müssen, wenn er diese zu diesem Zeitpunkt beantragt hätte. Ist dies der Fall, dann darf die Verfahrenskostenhilfebewil...

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