Verfahrensgang
LG Chemnitz (Aktenzeichen 2 HK O 727/15) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Sachverständigen Dr. B. vom 10.12.2021 wird der Beschluss des Vorsitzenden der zweiten Handelskammer beim Landgericht Chemnitz vom 19.11.2021, Az.: 2 HK O 727/15, teilweise abgeändert und die dem Sachverständigen Dr. B. zu gewährende Entschädigung auf insgesamt 1.133,76 EUR festgesetzt.
2. Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; eine Kostenerstattung findet nicht statt.
3. Die Entscheidung ist unanfechtbar.
Gründe
I. Die nach § 4 Abs. 3 JVEG statthafte Beschwerde des Sachverständigen gegen den die Vergütung in Höhe von (nur) 824,36 EUR festsetzenden Beschluss des Vorsitzenden der zweiten Kammer für Handelssachen, über die die unterzeichnende Richterin gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG gleichwohl als Einzelrichterin zu entscheiden hat (vgl. nur OLG Dresden, Beschluss vom 08.10.2009, Az.: 3 W 1016/09, zitiert nach beck-online, Leitsatz 2), ist zulässig; insbesondere übersteigt die entgegen dem Antrag des Sachverständigen vom 15.11.2021 i.V.m. seinem Schreiben vom 05.11.2021 unterbliebene Festsetzung des Stundensatzes von weiteren 312,40 EUR den Beschwerdewert von 200,00 EUR.
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Das Landgericht hat in seiner Vergütungsfestsetzungsentscheidung zu Unrecht einen Stundensatz von (nur) 105,00 EUR netto statt der beantragten 145,00 EUR netto in Ansatz gebracht.
1. Allerdings hat das Landgericht bei der Festsetzung der Entschädigung des Sachverständigen zutreffend das JVEG in der bis zum 31.12.2021 geltenden Fassung zugrunde gelegt. Denn die Beauftragung des Sachverständigen Dr. B. erfolgte vor dem insoweit maßgeblichen Stichtag 31.12.2020, vgl. § 24 JVEG in der seit dem 01.01.2021 geltenden Fassung.
2. Auch treffen die Ausführungen des Landgerichts zu, dass die Voraussetzungen, unter denen nach § 13 JVEG eine abweichend von der gesetzlichen Regelung zu bemessende Vergütung bewilligt werden kann, hier nicht vorliegen. Denn keine der Parteien hat ihre Zustimmung zu dem erhöhten Stundensatz erteilt (vgl. Bleutge in Dörndorfer/ Wendtland/ Gerlach/Diehn, BeckOK Kostenrecht, Stand 01.01.2022, JVEG § 13 Rdnr. 28).
3. Indes durfte der Sachverständige aufgrund der Mitteilung des Gerichts vom 07.01.2021, mit der es seinem Antrag vom 05.01.2021 auf Zustimmung zur Abrechnung auf der Grundlage des JVEG in der seit dem 01.01.2021 gültigen Fassung ausdrücklich zugestimmt hat, darauf vertrauen, dass der erhöhte Stundensatz von 145,00 EUR in Ansatz gebracht werden wird.
a) Zwar ist zu berücksichtigen, dass eine Vergütungsvereinbarung nur zwischen Sachverständigen und Gericht rechtlich unbeachtlich ist und die Staatskasse grundsätzlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes bindet (vgl. nur OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.07.1999, Az.: 10 W 75/99, zitiert nach juris, Rdnr. 8 m.w.N.; Bleutge, a.a.O., JVEG § 13 Rdnr. 29).
b) Allerdings gilt dies dann nicht, wenn seitens des Gerichts fehlerhafte oder unrichtige Auskünfte oder Zusagen erteilt worden sind, die bei dem Sachverständigen die unrichtige Vorstellung ausgelöst haben, er könne nach dem erhöhten Stundensatz abrechnen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 11.01.2016, Az.: 2 W 3/16, zitiert nach juris, Rdnr. 24 m.w.N.; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 08.04.2010, Az.: 12 W 14/10, zitiert nach juris, Rdnr. 10 m.w.N.); dann hat der Berechtigte jedenfalls dann ausnahmsweise einen Anspruch auf die von ihm verlangte erhöhte Vergütung, wenn diese durch den einbezahlten Kostenvorschuss gedeckt ist (vgl. Binz in Binz/Dörndorfer/ Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 5. Aufl., § 13 Rdnr. 5 m.w.N.).
c) So liegt der Fall hier. Ausweislich seines Schreibens vom 05.01.2021 kam es dem Sachverständigen Dr. B. erkennbar darauf an, seine gutachterliche Tätigkeit nach Maßgabe der für Beauftragungen nach dem 01.01.2021 geltenden Fassung des JVEG abrechnen zu können und dabei den eingezahlten Kostenvorschuss nicht zu überschreiten. Mit seiner Erklärung vom 07.01.2021, hierzu seine Zustimmung zu erteilen, hat das Landgericht einen Vertrauenstatbestand geschaffen, aufgrund dessen der Sachverständige Dr. B. auch unter Berücksichtigung seiner Pflicht nach § 407a Abs. 3 ZPO, die Kosten seiner Beauftragung ebenso wie die Vorschussleistungen im Blick zu behalten, davon ausgehen durfte, dass damit seinem Antrag unwiderruflich entsprochen worden sei und er nunmehr auf der Grundlage der in der ab dem 01.01.2021 geltenden Fassung des JVEG vorgesehenen Stundensätze liquidieren könne. Dies gilt vorliegend umso mehr, als das Landgericht ausweislich des weiteren Inhalts seiner Verfügung vom 07.01.2021 offensichtlich selber - fehlerhaft - davon ausging, dass es für eine wirksame Vereinbarung über eine Abrechnung des Sachverständigen auf der Grundlage des JVEG in der ab dem 01.01.2021 gültigen Fassung einschließlich des dort mit 145,00 EUR festgesetzten Stundensatzes keiner Zustimmung der Parteien bedarf, und es nicht Aufgabe des Sachverständigen ist und deshalb nicht von ihm zu erwart...