Verfahrensgang
AG Bautzen (Entscheidung vom 25.05.2007; Aktenzeichen 11 F 0048/07) |
Tenor
Der Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für seine beabsichtigte Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Bautzen vom 25.05.2007 - 11 F 48/07 - wird zurückgewiesen.
Gründe
Mit dem beanstandeten Urteil hat das Familiengericht den Beklagten in Abänderung eines älteren Unterhaltstitels verurteilt, ab 01.01.2007 an die Klägerin, seine minderjährige Tochter, den gesetzlichen Regelunterhalt der 3. Altersstufe zu zahlen. Für die hiergegen beabsichtigte Berufung kann dem Beklagten Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, weil das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hätte (§§ 119, 114 ZPO).
Der Senat nimmt hierfür zunächst Bezug auf die in Begründung und Ergebnis zutreffenden Erwägungen der familiengerichtlichen Entscheidung; der Berufungsentwurf rechtfertigt keine davon abweichende Beurteilung. Unzweifelhaft kann der Beklagte den der Klägerin zugesprochenen Unterhalt zwar nicht aus tatsächlich erzieltem Einkommen bestreiten. Er muss sich aber aufgrund seiner verschärften Unterhaltshaftung gegenüber einem minderjährigen Kind (§ 1603 Abs. 2 BGB) bei der Feststellung seiner unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit auch solches Einkommen fiktiv zurechnen lassen, das er zwar nicht hat, aber erlangen könnte, wenn er alle zumutbaren Möglichkeiten nutzen würde, eine Arbeitsstelle zu finden, deren Entlohnung ihm eine Erfüllung seiner Unterhaltspflicht erlauben würde. Die Bemühungen des Beklagten werden diesen Anforderungen sowohl ihrer Anzahl wie ihrem Inhalt nach auch nicht ansatzweise gerecht.
Sie konzentrieren sich zeitlich auf den Zeitraum ab Klageerhebung und räumlich auf des Beklagten Wohnort (B......) und dessen unmittelbare Umgebung; erst in den letzten Wochen hat der Beklagte seine Bewerbungen, die überdies nach der zutreffenden Bewertung des Familiengerichts zumindest zu einem erheblichen Teil sog. "Blindbewerbungen" darstellen, auf den Raum Ostsachsen/südl. Brandenburg erweitert. Auch dies bleibt indessen hinter den Obliegenheiten des Beklagten weit zurück. Er ist gerade 37 Jahre alt und unterliegt, soweit ersichtlich, weder gesundheitlichen Einschränkungen noch schützenswerten örtlichen Bindungen. Er ist infolgedessen grundsätzlich gehalten, sich im gesamten deutschen Sprachraum um Arbeit zu bemühen. Davon ist der Beklagte nicht etwa befreit, wenn er in B...... zeitweise einer vollschichtigen Tätigkeit (wie bei der Spedition H... oder bei der B................ .................... B......) nachgeht, solange er aus einer solchen Tätigkeit nicht eine Vergütung erhält, die seine unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit sicherstellt; ggf. muss der Beklagte sich eben parallel zu einer solchen Stellung weiter bewerben.
Der Beklagte ist auch nicht, wie der Berufungsentwurf meint, bei der Zurechnung fiktiven Einkommens einer ungelernten Arbeitskraft i.S.v. Ziff. 9 der Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts gleichzustellen. Er ist ausgebildeter Baufacharbeiter, hat jedenfalls zeitweise einschlägige Tätigkeiten ausgeübt und noch 2002 eine Umschulung zum Fliesen-, Platten- und Mosaikleger absolviert, die er nach seiner Einlassung beim Familiengericht mit einem regulären Abschluss beendet hat. Bei dieser Sachlage vermag der Senat nicht festzustellen, dass der Beklagte, auch wenn er alle gebotenen Anstrengungen unternommen hätte, keine reale Chance auf Erhalt eines entsprechend bezahlten Arbeitsplatzes gehabt hätte, solange der Beklagte diese mangelnde Erfolgsaussicht nicht durch solche Bemühungen wenigstens im Ansatz konkretisiert hat.
Generelle Aussagen dazu vermag auch die Arbeitsverwaltung nicht zu treffen, so dass das Familiengericht dem pauschalen Auskunftsersuchen des Beklagten zu Recht nicht nachgegangen ist. Demgegenüber ist dem Senat aus der eigenen Rechtsprechung bekannt, dass für Arbeitsuchende mit einem Qualifikations- und Erfahrungsniveau, welchem dem des Beklagten vergleichbar ist, etwa über Zeitarbeitsfirmen Stellen in Österreich mit einem Nettoeinkommen von bis zu 1 300,00 EUR monatlich erreichbar sind. Dies würde den Beklagten auch unter Berücksichtigung der dort ggf. anzusetzenden höheren Lebenshaltungskosten, die sich in einem höheren notwendigen Selbstbehalt niederschlagen würden, in die Lage versetzen, den zugunsten der Klägerin zuerkannten Unterhalt zu zahlen. Wenn der Beklagte, wie er vor dem Familiengericht erklärt hat, derartige Optionen - offenbar bewusst - ausscheidet, kann sich dies jedenfalls unterhaltsrechtlich nicht zum Nachteil der Klägerin auswirken. Vor diesem Hintergrund kommt eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Berufung des Beklagten nicht in Betracht.
Fundstellen