Normenkette

BGB § 1612 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Leipzig (Aktenzeichen 54 F 2209/02)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluss des AG – FamG – Leipzig vom 6.2.2003 aufgehoben.

2. Die Sache wird zur erneuten Sachbehandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das AG zurückverwiesen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

4. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die am … geborene Antragstellerin lebte bis zum 31.7.2001 im Haushalt der Antragsgegner. Seit dem 1.8.2001 wohnt sie zusammen mit ihrem Freund, zunächst bei dessen Eltern, seit dem 1.8.2002 in einer eigenen Wohnung. Mit der am 15.7.2002 eingegangenen Antragsschrift begehrt sie die Feststellung gem. § 1612 Abs. 2 BGB, dass eine im Januar 2002 getroffene Unterhaltsbestimmung der Eltern unwirksam ist; hilfsweise sei diese dahin gehend abzuändern, dass der Unterhalt beginnend ab Januar 2002 als Barunterhalt zu leisten sei. Mit Beschluss vom 6.2.2003, den die Rechtspflegerin erlassen hat, wurde die Unterhaltsbestimmung der Antragsgegner auf Leistung von Naturalunterhalt rückwirkend ab dem 4.1.2001 dahin gehend abgeändert, dass die Antragsgegner zur Zahlung von Barunterhalt verpflichtet sind. Gegen den am 21.2.2003 zugestellten Beschluss haben die Antragsgegner am 28.2.2003 Beschwerde erhoben.

II. Die Beschwerde der Antragsgegner ist nach § 621e Abs. 1 ZPO i.V.m. § 11 RPflG zulässig. Hiernach ist gegen Entscheidungen des Rpflegers das Rechtsmittel gegeben, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist; bei urteilsähnlichen Endentscheidungen in Familiensachen, die das Verfahren beenden, ist dies die befristete Beschwerde des § 621e ZPO (vgl. BGH FamRZ 1999, 1648; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 621e Rz. 5). Nicht einschlägig ist demgegenüber die Beschwerde nach §§ 19, 20 FGG, weil es sich bei einer Streitigkeit um die Wirksamkeit oder die Abänderung einer von den Eltern getroffenen Unterhaltsbestimmung nicht um eine Streitigkeit handelt, auf die die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung finden (s.u.).

Die Beschwerde ist i.S.d. Aufhebung und Zurückverweisung begründet. Der angefochtene Beschluss leidet an einem wesentlichen Verfahrensmangel; ein solcher rechtfertigt auch im Beschwerdeverfahren nach § 621e ZPO die Aufhebung und Zurückverweisung (Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 621e Rz. 67 m.w.N.). Ein Antrag der Parteien ist insoweit nicht erforderlich, da § 538 Abs. 2 ZPO, der ein solches Antragserfordernis enthält, in § 621e Abs. 3 S. 2 ZPO als der für das Verfahren der befristeten Beschwerde maßgeblichen Verweisungsvorschrift nicht aufgeführt ist (OLG Dresden, Beschl. v. 13.3.2003 – 10 UF 827/02; OLG Brandenburg v. 8.11.2002 – 9 U 157/02, MDR 2003, 271). Ein wesentlicher Verfahrensmangel ist hier darin zu sehen, dass die Entscheidung durch den Rpfleger getroffen wurde, obwohl hierfür der Richter funktionell zuständig gewesen wäre. Zwar geht die überwiegende Meinung davon aus, dass auch nach In-Kraft-Treten des KindUG, durch das mit Wirkung vom 1.7.1998 die Unterhaltsbestimmung nach § 1612 Abs. 2 S. 2 BGB dem FamG anstelle des VormG übertragen wurde, die funktionelle Zuständigkeit hierfür beim Rpfleger verblieben ist (OLG Köln FamRZ 2002, 111; OLG Frankfurt v. 10.8.2000 – 6 UF 133/00, FamRZ 2001, 116; OLG Hamburg v. 3.6.1999 – 12 WF 74/99, OLGReport Hamburg 1999, 294 = FamRZ 2000, 246; OLG Hamm FamRZ 2000, 256), begründet wird dies jedoch allein damit, dass es sich um ein gesondertes FGG-Verfahren handele, auf das die Vorschriften der §§ 3 Nr. 2a, 14 RPflG Anwendung fänden. Hiernach ist der Rpfleger für Familiensachen i.S.d. zweiten Abschnitts des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständig, wenn nicht der Richtervorbehalt gem. § 14 RPflG greift. Dies setzt voraus, dass es sich bei dieser Familiensache um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt. Familienrechtliche Streitigkeiten sind jedoch nur insoweit Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, als dies in § 621a ZPO ausdrücklich angeordnet ist. Unterhaltssachen als rein zivilprozessuale Familiensachen sind in dem Katalog des § 621a ZPO indes nicht erwähnt. Zu diesen Unterhaltssachen zählen auch Streitigkeiten über die Ausübung des Bestimmungsrechts nach § 1612 Abs. 2 BGB und über die Abänderung einer wirksam getroffenen Elternbestimmung.

Ob bei Minderjährigen zugleich eine Sorgerechtsregelung vorliegt und deshalb die Entscheidung über die Abänderung des Bestimmungsrechts auch dem § 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zuzuordnen ist, kann vorliegend dahinstehen. Jedenfalls bei Volljährigen, insb. wenn – wie vorliegend – bei Verfahrenseinleitung bereits Volljährigkeit eingetreten war, handelt es sich ausschließlich um eine Angelegenheit, die im streitigen Zivilprozess zu klären ist und nicht um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit (wie hier OLG Düsseldorf v. 18.1...

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