Verfahrensgang

LG Chemnitz (Aktenzeichen 4 O 1074/09)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Herrn M...... N....... (im Folgenden: Schuldner), ..................., ..............., das am 07.11.2002 eröffnet worden ist. Er begehrt von der Beklagten, der ein Absonderungsrecht an einem Massegrundstück zustand, Schadenersatz mit der Begründung, sie habe schuldhaft die Verlängerung des Insolvenzverfahrens verursacht, indem sie eine Bereicherungsforderung der Masse nicht zeitnah, sondern erst nach zweijähriger Prozessdauer ausgeglichen habe. Bei zeitnaher Begleichung hätte das Insolvenzverfahren mindestens zwei Jahre früher aufgehoben werden können. Durch die Verzögerung sei der Masse ein Schaden in Form weiterer Auslagen des Verwalters gemäß § 8 Abs. 3 InsVV entstanden.

Nach seinen Angaben verwaltet er, ohne dass weiterer Massezufluss zu erwarten sei, eine liquide Masse von 52.333,79 EUR. Dem stünden Verfahrenskosten von insgesamt 62.633,36 EUR gegenüber, die sich aus noch offener Verwaltervergütung in Höhe von 56.236,11 EUR (inklusive 8.978,87 EUR Umsatzsteuer) und 6.397,25 EUR offener Gerichtskosten zusammensetzten.

Das Landgericht hat die auf Schadenersatz gerichtete Klage abgewiesen. Für die Durchführung des Berufungsverfahrens begehrt der Kläger Prozesskostenhilfe.

II.

1.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war zurückzuweisen, weil die Durchsetzung des Schadenersatzanspruchs nicht dazu geeignet ist, die bereits eingetretene Massekostenarmut zu beheben. Die Führung derartiger Prozesse gehört nicht zu den Aufgaben des Insolvenzverwalters (hierzu und zum Folgenden BGH, Beschluss vom 16.07.2009, IX ZB 221/08, ZIP 2009, 1591, Rz. 5 ff.).

Der Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die Kosten des Rechtsstreits aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen. Dies gilt grundsätzlich und im Besonderen auch nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit. Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit hat Auswirkungen auf die Verteilung der vorhandenen Masse, nicht jedoch auf den Aufgabenkreis des Insolvenzverwalters. Dieser bleibt vielmehr verpflichtet, das gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und zu verwerten. Dazu gehört es auch, Ansprüche der Masse gegebenenfalls gerichtlich durchzusetzen. Einzustellen ist das Verfahren erst, wenn die Masse insgesamt verwertet und nach Maßgabe des § 209 InsO verteilt ist.

Anders ist die Lage, wenn sich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens herausstellt, dass die Insolvenzmasse nicht einmal mehr ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu decken (sogenannte Massekostenarmut). In einem solchen Fall stellt das Insolvenzgericht das Verfahren ein, wenn nicht ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten nach § 4a InsO gestundet werden. Der Verwalter hat in einem solchen Fall aus den vorhandenen Barmitteln zunächst die Auslagen, sodann die übrigen Kosten des Verfahrens anteilig zu berichtigen. Er verteilt also nur die vorhandene liquide Masse. Zur Verwertung von Massegegenständen ist er dagegen nicht mehr verpflichtet. Ihm wird nicht zugemutet, Tätigkeiten zu entfalten, obgleich sein Vergütungsanspruch nicht gedeckt ist. Bis zur Einstellung des Insolvenzverfahrens bleibt er zwar gemäß § 80 Abs. 1 InsO zur Verwaltung der Masse berechtigt und verpflichtet, er mag auch befugt sein, naheliegende Verwertungsmöglichkeiten zu nutzen, wenn die Masse dadurch nicht mit zusätzlichen Kosten belastet und die Verfahrenseinstellung nicht verzögert wird. Eine derartige Verpflichtung besteht jedoch insoweit nicht. Diese Grundsätze gelten auch für den vorliegenden Schadenersatzanspruch. Der Verwalter ist bei Massekostenarmut nicht mehr verpflichtet, derartige Ansprüche durchzusetzen, § 207 Abs. 3 Satz 2 InsO. Trotz der andauernden Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bis zum Einstellungsbeschluss darf er Prozesse weder beginnen noch in die nächste Instanz treiben. Ein Rechtsstreit, gleich welcher Art, stellt keine naheliegende und risikolose Verwertungsmaßnahme dar, die trotz eingetretener Massekostenarmut noch durchgeführt werden könnte. Er nimmt, wie der vorliegende Rechtsstreit zeigt, typischerweise beträchtliche Zeit in Anspruch und bürgt das Risiko, die Masse mit zusätzlichen Kosten zu belasten. § 207 Abs. 1 InsO verlangt dagegen die unverzügliche Einstellung des Insolvenzverfahrens, welche der Verwalter beim Gericht anzuregen hat.

Prozesskostenhilfe wird für einen Rechtsstreit, den der Verwalter weder zu führen verpflichtet noch auch nur berechtigt ist, nicht bewilligt. Fordert das Gesetz die alsbaldige Einstellung des Insolvenzverfahrens, kann nicht zugleich ein Anspruch auf Finanzierung eines Rechtsstreits bestehen, der die vom G...

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