Leitsatz (amtlich)
1. Dem Restitutionskläger, dessen mit einem Prozesskostenhilfegesuch verbundene Klage nicht demnächst (§ 167 ZPO) zugestellt worden ist, kann Wiedereinsetzung in die versäumte Notfrist von einem Monat (§ 586 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO) nur gewährt werden, wenn dem Gericht innerhalb dieser Frist eine vollständige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse samt Belegen vorlag.
2. Hat eine neue Beweisurkunde nur gewisse indizielle Aussagekraft, ohne eine Unrichtigkeit des im Ausgangsprozess gewonnenen und dem Urteil zugrunde gelegten Beweisergebnisses offenbar werden zu lassen, ist der Restitutionsgrund des § 580 Nr. 7b ZPO nicht gegeben.
Verfahrensgang
LG Bautzen (Aktenzeichen 2 O 540/08) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Die Kläger erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 15.12.2009.
2. Der Prozesskostenhilfeantrag der Kläger wird, soweit er die erste Instanz betrifft, verworfen, im Übrigen zurückgewiesen.
3. Der Beklagten wird für den zweiten Rechtszug Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwältin G G aus E bewilligt.
4. Streitwert des Berufungsverfahrens: 27.877,04 EUR.
Gründe
I. Die Parteien des Wiederaufnahmerechtsstreits und der Ehemann der Beklagten sind die testamentarischen Erben ihrer Ende 2004 im Alter von 92 Jahren verstorbenen "Tante" J I. Im Ausgangsverfahren mit umgekehrtem Rubrum verurteilte das LG die jetzigen Kläger unter Abweisung der Erbauseinandersetzungsklage im Übrigen rechtskräftig zur Zahlung von 27.877,04 EUR nebst Zinsen an die hiesige Beklagte, deren Ehemann ihr seinen Erbteil übertragen hatte. Mit der per Telefax am 22.9.2008 eingereichten Restitutionsklage wollen die Kläger im Umfang ihrer damaligen Verurteilung die Wiederaufnahme und in der Hauptsache die vollständige Klageabweisung erreichen. Das LG hat die Klage mit Urteil vom 17.7.2009, auf das verwiesen wird, abgewiesen. Dagegen richtet sich die mit unverändertem Ziel geführte zulässige Berufung der Kläger, die zugleich Prozesskostenhilfe für beide Instanzen begehren. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels und ebenfalls die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
II. Neben den beklagenswerten Auswüchsen, die der Konflikt im und rund um den Vorprozess hervorgerufen hat, und dem bezeichnenden Umstand, dass die Parteien des Rechtsstreits allesamt von den zu Lebzeiten von der Erblasserin erlangten beträchtlichen Vermögenswerten nichts mehr zu besitzen scheinen, bedauert der Senat aus staatlicher Perspektive zusätzlich, dass die - wie sogleich dargelegt wird: aussichtslose - Restitutionsklage trotz erstinstanzlicher Versagung von Prozesskostenhilfe überhaupt zugestellt worden ist, statt den Eingang des unter dem 15.10.2008 angeforderten, aber nicht gezahlten Gerichtskostenvorschusses abzuwarten. Nunmehr steht ernstlich zu befürchten, dass nicht nur die im ersten, sondern auch die im zweiten Rechtszug entstandenen Gerichtskosten und außerdem für beide Instanzen die PKH-Vergütung der beigeordneten Rechtsanwältin der Beklagten vom Fiskus zu tragen sein werden, ohne dass ein Rückgriff bei den Klägern nennenswerten Erfolg verspricht.
III. Die Berufung hat, ohne dass zulassungsrelevante Fragen i.S.v. §§ 522 Abs. 2, 543 Abs. 2 ZPO entscheidungserheblich werden, keine Aussicht auf Erfolg. Zu Recht ist die Restitutionsklage abgewiesen worden. Sie ist allerdings entgegen der Ansicht des LG nicht nur unbegründet, sondern aus zwei Gründen bereits unzulässig.
1. Zum einen haben die Kläger, ohne dass ihnen Wiedereinsetzung gewährt werden könnte, die Restitutionsklage schon nicht innerhalb der Notfrist des § 586 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 ZPO von einem Monat erhoben.
a) Die ab Kenntnis vom vermeintlichen Anfechtungsgrund laufende Notfrist zur Klageerhebung ist nicht gewahrt.
Zwar haben die Kläger die Klageschrift per Telefax am 22.9.2008 (Montag) und damit auf der Grundlage ihrer Behauptung, sie hätten den als Anfechtungsgrund angesehenen Grundbuchauszug vom 20.8.2008 per Post am 22.8.2008 erhalten, noch rechtzeitig am letzten Tag der Frist beim LG eingereicht. Zu ihren Gunsten kann ferner unterstellt werden, dass sie die im Rechtsstreit bislang entgegen §§ 588 Abs. 1 Nr. 2, 589 Abs. 2 ZPO (jeweils) unterbliebene Benennung von Beweismitteln und Glaubhaftmachung derjenigen Tatsachen, die die Einhaltung der Notfrist ergeben, von Rechts wegen und auch tatsächlich noch nachzuholen in der Lage sind; eine Kenntnisnahme erst am 22.8.2008 (und nicht schon an einem der beiden Vortage) ist keineswegs gewiss und insbesondere auch nicht, wie das LG möglicherweise angenommen hat, bereits aufgrund fehlenden Bestreitens der Beklagten zum vorgetragenen Zeitpunkt der Kenntniserlangung anzunehmen. Auf all dies kommt es hier nicht an, weil die rechtzeitige Klageeinreichung alleine nicht genügt. Vielmehr bedarf es im Rahmen von § 586 Abs. 1 ZPO rechtzeitiger Klageerhebung durch Zustellung der Klage (§§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO), wobei § 167 Z...