Leitsatz (amtlich)
1. Der zusätzliche Antrag festzustellen, dass das Zahlungsbegehren wegen vorsätzlicher unerlaubter Handlung des Beklagten begründet ist, erhöht den Streitwert - allenfalls - um höchstens 5 % der bezifferten Klageforderung.
2. Legt das im Zuständigkeitskonflikt zwischen AG und LG angerufene OLG der Bestimmung des (sachlich) zuständigen Gerichtes einen bestimmten Streitwert zugrunde, ist diese \"Festsetzung\" später grundsätzlich auch für die Berechnung der Gebühren maßgeblich.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Beschluss vom 18.09.2007; Aktenzeichen 3 O 1470/06) |
Tenor
Auf die Beschwerden der Prozessbevollmächtigten des Klägers und der Beklagten wird die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Leipzig vom 18.9.2007 abgeändert:
Der Gebührenstreitwert beträgt 6.813 EUR.
Gründe
I. Der Kläger, der eine Beteiligung als atypisch stiller Gesellschafter an der F. S. AG bereut und sich zunächst mit dieser Gesellschaft gestritten und verglichen hatte, nahm die drei Beklagten im Zusammenhang mit der Vermittlung dieser Beteiligung auf Ersatz des restlichen Schadens von 3.785 EUR sowie auf Feststellung in Anspruch, dass die Beklagten ihm aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung zu Schadensersatz verpflichtet seien. Den Feststellungsantrag bewertete die zum LG eingereichte Klageschrift mit 80 % des Zahlungsantrages (Gesamtstreitwert also: 6.813 EUR). Das LG hielt das Feststellungsbegehren für nicht streitwerterhöhend, verwies den Rechtsstreit (zuletzt) an das AG Eilenburg und legte die Sache nach Ablehnung der Übernahme durch dieses Gericht dem OLG Dresden zur Zuständigkeitsbestimmung vor. Dieses bestimmte das ursprünglich angerufene LG als sachlich und örtlich zuständig.
In der mündlichen Verhandlung schlossen die Parteien einen Vergleich. Danach hat das LG den Gebührenstreitwert auf 3.785 EUR festgesetzt. Dagegen richten sich die Beschwerden der Anwälte beider Seiten, denen das LG nicht abgeholfen hat.
II. Die Rechtsmittel haben im Ergebnis Erfolg und führen zur antragsgemäßen Heraufsetzung des Gebührenstreitwertes auf 6.813 EUR.
1. Beide Beschwerden sind zulässig, § 68 Abs. 1 GKG. Insbesondere haben die aus eigenem Recht (§ 32 Abs. 2 Satz 1 RVG) einlegungsberechtigten Prozessbevollmächtigten der Parteien sie jeweils form- und fristgerecht erhoben und kommt es infolge ausdrücklicher Beschwerdezulassung im angegriffenen Beschluss nicht darauf an, ob die andernfalls maßgebliche Beschwergrenze von 200 EUR überschritten ist.
2. Die Beschwerden sind begründet.
a) Auch wenn es sich dabei letztlich nur um obiter dicta handelt, hält der erkennende Richter allerdings die inhaltlichen Erwägungen der Rechtsmittelführer für verfehlt; vielmehr tritt er der im Kern überzeugend begründeten Auffassung des LG, der mit dem Zahlungsbegehren verknüpfte Feststellungsantrag habe keine (relevante) Streitwerterhöhung bewirkt, mit folgenden ergänzenden Bemerkungen ausdrücklich bei:
Den gewissen Vorteilen, die für einen Kläger die begehrte ausdrückliche Feststellung des Prozessgerichts, dass der gleichzeitig zuerkannte Schadensersatzanspruch auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Beklagten beruht, in der anschließenden Zwangsvollstreckung (§ 850 f. Abs. 2 ZPO) und womöglich "vorwirkend" auch bei späterer Insolvenz des Schuldners (vgl. §§ 302 Nr. 1, 174 Abs. 2 InsO) haben kann, ist bei der Streitwertbemessung allenfalls mit einem geringfügigen Aufschlag von höchstens fünf Prozent auf den Wert des Zahlungsanspruchs Rechnung zu tragen. Eine solche Feststellung verbessert nämlich bestenfalls und auch nur gegenüber bestimmten natürlichen Personen als Schuldnern in geringem Umfang die Aussichten des Gläubigers, den zu titulierenden Zahlungsanspruch tatsächlich erfüllt zu erhalten. Dies mit zusätzlich 80 % des Wertes des Zahlungsantrages zu bewerten, wie es die Beschwerdeführer wohl in Anlehnung an den Streitwert isolierter positiver Feststellungsklagen für richtig halten, liegt in bemerkenswert hohem Maße fern. Daran ändert nichts, dass in der Vergangenheit manche Instanzgerichte entsprechenden anwaltlichen Berechnungen bzw. (Wunsch-)Vorstellungen unkritisch entsprochen und dadurch zu einer Festsetzung deutlich überhöhter Gerichts- und vor allem Anwaltskosten zum Nachteil von Parteien bzw. Rechtsschutzversicherungen beigetragen haben. Gerade die Kanzlei der Prozessbevollmächtigten des Klägers, die für etliche andere Anleger gegen dieselben drei Beklagten im ganzen Bundesgebiet Prozesse mit identisch kombinierten Zahlungs- und Feststellungsbegehren anhängig gemacht und dabei regelmäßig auf Streitwertfestsetzung nach der Formel "bezifferter Schadensersatz +80 %" gedrungen hat, scheint sich insoweit hohe "Verdienste" erworben zu haben.
Eine danach in Betracht zu ziehende Streitwerterhöhung um bis zu fünf Prozent würde den Beschwerdeführern mangels Gebührensprunges nichts nützen. Abgesehen davon schiede hier nach den Umständen des Streitfalles sogar jegliche Streitwerterhöhung aus. Im Verhältn...