Leitsatz (amtlich)

Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob ein Ausgleichswert geringfügig i.S.d. § 18 Abs. 2 VersAusglG ist, ist die Höhe des Ausgleichswertes vor Abzug der Teilungskosten.

 

Verfahrensgang

AG Leipzig (Beschluss vom 27.04.2015; Aktenzeichen 341 F 4556/14)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG Leipzig - Familiengericht - vom 27.04.2015, Az. 341 F 4556/14, in Ziffer 1 Abs. 4 seines Tenors abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst:

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, Versicherungs-Nr. xxx, zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 7,33 Versorgungspunkten nach Maßgabe des § 32a VBL-Satzung in der Fassung der 19. Satzungsänderung, bezogen auf den 31.05.2003, übertragen.

2. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die am 08.10.1977 geschlossene Ehe der Beteiligten wurde mit Urteil des Familiengerichts Leipzig vom 02.11.2004 (Az. 334 F 751/03) geschieden. Das Verfahren über den Versorgungsausgleich wurde gemäß § 2 VAÜG ausgesetzt. Die Zustellung des Scheidungsantrags erfolgte am 30.06.2003.

Das Familiengericht hat mit Verfügung vom 18.11.2014 das ausgesetzte Verfahren zum Versorgungsausgleich wieder aufgenommen und aktualisierte Auskünfte der Versorgungsträger eingeholt. Neben den Anrechten der Beteiligten in der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. Beamtenversorgung hat die Antragstellerin in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 17,65 Versorgungspunkten erworben. Der Versorgungsträger hat vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 7,33 Versorgungspunkten zu bestimmen und als korrespondierenden Kapitalwert 2.847,83 EUR benannt. Die Kosten für die vom Versorgungsträger beantragte interne Teilung in Höhe von 250,00 EUR sind von diesem Betrag bereits hälftig in Abzug gebracht.

Das Familiengericht hat den Versorgungsausgleich durchgeführt, indem es hinsichtlich der Anrechte der Beteiligten in der gesetzlichen Rentenversicherung/Beamtenversorgung die in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften hälftig geteilt hat. Hinsichtlich des Anrechts der Antragstellerin aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes hat es einen Versorgungsausgleich nicht durchgeführt, da der Kapitalwert den Grenzwert des § 18 Abs. 2 VersAusglG nicht überschreite und daher ein Ausgleich wegen Geringfügigkeit nicht durchzuführen sei.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsgegner mit der Beschwerde. Er meint, der Versorgungsausgleich sei durchzuführen, weil das Anrecht der Antragstellerin bei der VBL nach seinem Kapitalwert die Geringswertigkeitsgrenze überschreite, wenn die Teilungskosten - wie es richtig sei - bei der Prüfung der Geringfügigkeit eines Anrechts nicht berücksichtigt würden.

II. Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Das Anrecht der Antragstellerin in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes ist im Rahmen der Durchführung des Versorgungsausgleichs auszugleichen, weil es nicht geringfügig i.S.d. § 18 VersAusglG ist.

Gemäß § 18 Abs. 2 VersAusglG soll das Familiengericht einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert nicht ausgleichen. Ein Ausgleichswert ist gering, wenn er am Ende der Ehezeit bei einem Rentenbetrag als maßgebliche Bezugsgröße höchstens 1 %, in allen anderen Fällen als Kapitalwert höchstens 120 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV beträgt. Dieser Grenzwert betrug im Jahr 2003 (das Ende der Ehezeit war gemäß § 3 VersAusglG der 31.05.2003) 2.856,00 EUR.

Das Anrecht der Antragstellerin bei der VBL hat vor Abzug der hälftigen Teilungskosten einen Ausgleichswert als Barwert von 2.972,83 EUR; nach Abzug der hälftigen Teilungskosten von 125,00 EUR beträgt der Ausgleichswert 2.847,83 EUR.

Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob ein Ausgleichswert geringfügig i.S.d. § 18 Abs. 2 VersAusglG ist, ist die Höhe des Ausgleichswertes vor Abzug der Teilungskosten. Der Senat schließt sich insoweit der Auffassung des OLG Frankfurt/Main (Beschluss vom 14.01.2013, Az 2 UF 333/12; Beschluss vom 11.08.2014, Az 5 UF 156/14, Rdnr. 8, juris; ebenso: Oberlandesgericht Bremen, Beschluss vom 08.09.2015, Az 5 UF 71/15) an.

Der Gesetzgeber hat in § 18 VersAusglG geregelt, dass Anrechte nicht ausgeglichen werden sollen, wenn sie geringfügig sind. "Anrechte" in diesem Sinne sind nicht die um Teilungskosten bereinigten, sondern die in der Ehezeit erworbenen, hälftig geteilten und ungekürzten Anrechte. Die Prüfung, ob ein Anrecht in den Anwendungsbereich des § 18 VersAusglG fällt, hat vor Abzug etwaiger Teilungskosten zu erfolgen; sie kann nicht davon abhängen, ob und in welcher Höhe der Versorgungsträger Kosten ansetzt. Hierfür spricht insbesondere die Klarheit der Rechtsanwen...

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