Leitsatz (amtlich)
Teilt der Haftpflichtversicherer eines von mehreren Schädigern dem Haftpflichtversicherer eines weiteren Schädigers mit, er gehe aufgrund des feststehenden Sachverhalts von einer Haftungsverteilung beider Versicherer gegenüber dem Geschädigten von 60:40 aus und leistet daraufhin der angegangene Versicherer den auf dieser Grundlage errechneten Haftungsanteil, liegt hierin die Zustimmung zu einer Gesamtschuldnerausgleichsvereinbarung. Auf ein Erklärungsbewusstsein des Sachbearbeiters der angegangenen Versicherung kommt es nicht an.
Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen 6 O 1946/19) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Die Klägerin hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Sie sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
Gründe
Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung der Klägerin nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung der Klägerin bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch nach § 812 Abs. 1 BGB nicht zu. Denn die Parteien haben auf Grundlage des Schreibens der Beklagten vom 25. Mai 2016 (Anlage K1) eine Vereinbarung im Sinne von § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB über die Haftungsverteilung im Innenverhältnis getroffen, so dass die Zahlung der Klägerin in Höhe von 9.608,19 EUR mit Rechtsgrund erfolgt ist.
Sind mehrere nebeneinander (einem Dritten) für einen Schaden verantwortlich, haften sie im Außenverhältnis gegenüber dem Geschädigten nach § 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner. Dies gilt auch, wenn sich die Haftung einzelner oder sämtlicher Geschädigter nur aus Gefährdungshaftung ergibt (vgl. Palandt, BGB, 80. Aufl., § 840 Rz. 1 m.w.N.). Im Innenverhältnis besteht zwischen Gesamtschuldnern eine Ausgleichspflicht gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB, wobei der Ersatzanspruch des jeweiligen Versicherungsnehmers, zu welchem auch der Anspruch auf Gesamtschuldnerausgleich gehört (vgl. BGH, Urteil vom 08. November 2016, Az.: VI ZR 200/15 - juris) bei Zahlung des Versicherers auf diesen nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG übergeht.
Gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB haften die Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Eine solche abweichende Bestimmung kann sich aus dem Gesetz, einer (auch stillschweigend geschlossenen) Vereinbarung, dem Inhalt und Zweck des Rechtsverhältnisses oder der Natur der Sache, mithin aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 18. November 2014, Az.: KZR 15/12 - juris). Vorrangig ist insoweit jedoch, was die Gesamtschuldner ausdrücklich oder auch konkludent miteinander vereinbart haben. Denn es steht den betroffenen Gesamtschuldnern frei, vor oder nach Entstehung des Gesamtschuldverhältnisses Vereinbarungen über die Ausgleichspflicht zu schließen (BGH, a.a.O.). Besteht eine derartige Vereinbarung nicht, dann sind die Ausgleichsansprüche anhand der Umstände des Einzelfalles zu bemessen. Im Fall einer Haftung auf Schadensersatz bestimmt sich das Innenverhältnis der Gesamtschuldner nach der Rechtsprechung des BGH entsprechend dem Rechtsgedanken des § 254 Abs. 1 BGB regelmäßig danach, inwieweit die einzelnen Gesamtschuldner zur Verursachung der für die Haftung maßgeblichen Umstände beigetragen haben und in welchem Maße sie ein Verschulden trifft (vgl. BGH, a.a.O.).
Nachdem die Parteien auf Grundlage des Schreibens der Beklagten vom 25. Mai 2016 stillschweigend eine Vereinbarung über den jeweiligen Haftungsanteil im Innenverhältnis getroffen haben, kommt es vorliegend auf eine Haftungsverteilung nach § 254 Abs. 1 BGB entsprechend der Verursachungsanteile des jeweiligen Gesamtschuldners nicht mehr an. In der Zahlung der Klägerin ist die Zustimmung bezüglich einer Vereinbarung der jeweiligen Haftungsanteile zu sehen. Denn die Beklagte hat der Klägerin zuvor mit Schreiben vom 25. Mai 2016 zum einen mitgeteilt, aufgrund des Unfallereignisses vom 20. Januar 2014 entstandene Ansprüche Dritter (Stadt Pforzheim und Regierungspräsidium Karlsruhe) in einer Gesamthöhe von 24.020,47 EUR reguliert zu haben und "aufgrund des feststehenden Sachverhaltes" von einem Haftungsanteil des eigenen Versicherungsnehmers von 60 % und damit von einem Haftungsanteil des Versicherungsnehmers der Klägerin von 40 % auszugehen. Bezüglich des sich aus dem Haftungsanteil von 40 % errechnenden Betrages in Höhe von 9.608,19 EUR hat die Beklagte um Erstattung gebeten. Dadurch, dass die Klägerin anschließend kommentarlos den verlangten Betrag in...