Leitsatz (amtlich)

Es gibt keine Rechtsgrundlage dafür, einen Strafgefangenen, der in seinem Haftraum ein selbstgenutztes Fernsehgerät betreiben will, ausschließlich auf die Anmietung eines solchen Gerätes bei einem bestimmten anstaltsexternen Vermieter zu verweisen.

 

Verfahrensgang

LG Bautzen (Entscheidung vom 18.12.2006; Aktenzeichen 1 StVK 173/06)

 

Tenor

  • 1.

    Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers werden der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bautzen vom 18. Dezember 2006 und die Ablehnungsverfügung des Leiters der Justizvollzugsanstalt B vom 10. August 2006 aufgehoben.

  • 2.

    Die Justizvollzugsanstalt B wird verpflichtet, dem Antragsteller das anteilig für den Zeitraum vom 14. bis 31. August 2006 zuviel entrichtete Nutzungsentgelt für das Mietfernsehen zu erstatten.

  • 3.

    Die Kosten der Rechtsbeschwerde einschließlich der dem Beschwerdeführer hierdurch erwachsenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

  • 4.

    Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3,69 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer befand sich bis zu seiner am 14. August 2006 erfolgten Verlegung in die Justizvollzugsanstalt K zur Verbüßung einer Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt B . Diese besitzt eine Empfangsanlage für digitales Satelliten-TV, wobei die Strafgefangenen - offenbar in Abweichung von § 69 Abs. 2 StVollzG - in ihrem Haftraum nur die Möglichkeit haben, bei ausschließlich einem von der Justizvollzugsanstalt vermittelten privaten Betreiber (der ... GmbH) angemietete Fernsehgeräte an die Satelliten-TV-Anlage anzuschließen. Hierfür hat der Gefangene monatlich im voraus einen Mietzins von 7,26 EUR an den Vermieter zu entrichten, der von der Justizvollzugsanstalt vom Hausgeldkonto des Strafgefangenen abgebucht wird.

Am 29. August 2005 hatte der Beschwerdeführer einen solchen Fernsehgerät-Mietvertrag abgeschlossen. In den Vertragsbedingungen ist unter anderem geregelt:

"...

5. Zahlung des Mietzinses

...

Sobald das Fernsehen genutzt wird, ist der Mietzins für den gesamten laufenden Monat in voller Höhe fällig und wird dann vollständig vor dem Haupteinkauf abgebucht.

Erstattungen gibt es nicht.

Insbesondere gibt es keine Erstattung bei: Entlassung, Überstellung, Verlegung in eine andere JVA, Unterbringung in der Krankenabteilung,

...

8. Ende des Vertrages

Bei Ende des Vertrages wird der Nutzer auf einen Haftraum ohne Fernsehnutzungsmöglichkeit verlegt oder das Fernsehgerät wird aus dem Haftraum herausgenommen.

Der Vertrag endet zum Ende eines Monats, wenn Nutzer oder Betreiber bis Ende des vorgehenden Monats schriftlich gekündigt hat.

Der Vertrag endet sofort ohne Kündigungserklärung

- bei Entlassung oder Entweichung

- bei Verlegung in eine andere JVA

- ...

- durch Verfügung der JVA B."

Mit schriftlicher Erklärung vom 07. August 2006 kündigte der Beschwerdeführer den Nutzungsvertrag, nachdem er erfahren hatte, dass er am 14. August 2006 in die Justizvollzugsanstalt F überstellt und im Anschluss hieran auf Dauer in eine andere hessische Vollzugsanstalt verlegt werden wird. Seit dem 14. August 2006 ist er nicht mehr in der Justizvollzugsanstalt B untergebracht.

Mit Verfügung vom 10. August 2006 lehnte der Leiter der Justizvollzugsanstalt B das Begehren des Beschwerdeführers ab, ihm die anteilig für den Zeitraum ab 14. August 2006 im voraus bezahlte Nutzungsgebühr zu erstatten.

Am 18. Dezember 2006 wies die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts B den Antrag des Beschwerdeführers auf Verpflichtung der Justizvollzugsanstalt zur Rückzahlung des anteiligen Nutzungsentgelts als unbegründet zurück.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die form- und fristgerecht erhobene Rechtsbeschwerde des Strafgefangenen, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts beanstandet. Er beantragt,

den Beschluss der Strafvollstreckungskammer aufzuheben und die Sache zur erneuten Durchführung des Verfahrens und Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer zurückzuweisen,

hilfsweise für den Fall der Entscheidungsreife

"in der Sache selbst zu entscheiden".

Das Sächsische Staatsministerium der Justiz hat beantragt,

das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen.

Es ist der Ansicht, die Rechtsfrage beträfe nur einen Einzelfall, weshalb es nach § 116 StVollzG nicht geboten sei, die Entscheidung des Landgerichts nachzuprüfen. Im Übrigen handele es sich um einen privatrechtlichen Mietvertrag zwischen dem Antragsteller und der Vermietungsgesellschaft ohne Beteiligung der Justizvollzugsanstalt, weshalb es bereits fraglich sei, ob überhaupt eine "Maßnahme" im Sinne des § 109 StVollzG "auf dem Gebiet des Strafvollzugs" vorläge. Auch stelle die taggenaue Abrechnung angesichts "der geringen Mietsumme" einen unangemessen hohen Verwaltungsaufwand dar.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil es geboten ist, die Nachprüfung der Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen, § 116 Abs. 1 StVollzG. Sie entspricht auch im Übrigen den Formerfordernissen des § 118 StVollzG.

Der Fall gibt Veranlassung, Stellung zur ge...

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