Leitsatz (amtlich)
Die Finanzierung des Erwerbes einer Immobilie zu 100 % durch eine Bank darf der Kreditnehmer als Beleg dafür werten, dass die Bank seine Einschätzung des Kaufpreises als angemessen teilt. Die Bank ist daher verpflichtet, die Angemessenheit des Preises vor Kreditvergabe zu prüfen. Unterlässt sie eine solche Prüfung, ist sie dem Kreditnehmer für den Fall der sittenwidrigen Überhöhung des Kaufpreises zum Schadenersatz verpflichtet.
Verfahrensgang
LG Zwickau (Urteil vom 13.10.2011; Aktenzeichen 5 O 295/09) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteils des LG Zwickau, Außenkammern Plauen, vom 13.10.2011 - 5 O 295/09, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde des Notars S, xxx, UR-Nr. xxx, vom 24.11.2005, wird sowohl gegenüber dem Kläger als auch gegenüber Frau L.,..., für unzulässig erklärt.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 190.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger wendet sich aus eigenem und an ihn abgetretenem Recht seiner Ehefrau gegen die Vollstreckung der Beklagten aus einer Grundschuld (Urkundenrolle xxx) des Notars S vom 24.11.2005 und persönlichen Haftungsübernahme im Zusammenhang mit einem von der Beklagten finanzierten Erwerb einer Eigentumswohnung im Objekt xxxxxxxxxxxxxx in xxx.
Mit notarieller Urkunde vom 26.10.2005 (Anlage K 3) unterbreitete der Kläger der XXX (fortan: Verkäuferin) ein Angebot zum Kauf der oben genannten Eigentumswohnung und des zugehörigen Miteigentumsanteils zu einem Preis von 190.000 EUR.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 14.11.2005 (Bl. 207 ff. d.A.) erwarb die Verkäuferin ihrerseits das in Rede stehende Kaufobjekt von einem Herrn M. Ausweislich § 3 jenes Vertrages sollte der von der Verkäuferin zu leistende Kaufpreis 95.000 EUR betragen.
Mit notarieller Erklärung vom 22.11.2005 (Anlage K 4) nahm die Verkäuferin das auf den Abschluss eines Kaufvertrages gerichtete notarielle Angebot des Klägers vom 26.10.2005 an.
Zur Finanzierung des Kaufpreises nahmen der Kläger und seine Ehefrau bei der xxxxxxxx Bank ein Darlehen über 190.000 EUR netto auf. Vor Abschluss des als Anlage B 2 vorgelegten Darlehensvertrages vom 22.11.2005, auf den der Senat wegen seiner Einzelheiten Bezug nimmt, ließ die Bank das Objekt am 8.11.2005 durch einen ihrer Mitarbeiter besichtigen und errechnete anhand des als Anlage B 6 vorgelegten Ausdruckes den Sachwert der Wohnung mit 187.200 EUR.
Mit notarieller Urkunde vom 24.11.2005 (Anlagenkonvolut K 2, Bl. 5 ff. des Anlagenbandes der Klägerin) bestellte der Kläger der xxxxxxxx Bank eine Grundschuld über 190.000 EUR und unterwarf sich in Ziff. 1.3 der Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen.
Mit notarieller Erklärung vom 29.11.2005 (Anlage K 5) übernahm die Ehefrau des Klägers, Frau L., die persönliche Haftung und unterwarf sich wegen dieser Zahlungsverpflichtung der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen.
Nachdem der Kläger und seine Ehefrau die Zahlungen auf das Darlehen eingestellt hatten, begann die xxx GmbH, auf die die Klausel in dinglicher Hinsicht wegen angeblicher Umfirmierung der xxxxxxxx Bank mit notarieller Erklärung vom 16.4.2009 umgeschrieben war (Anlage K 2), mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen.
Wegen der Einzelheiten des streitigen Sachvortrages und der Antragstellung der Parteien in erster Instanz nimmt der Senat gem. § 540 Abs. 1 ZPO Bezug auf die Feststellungen des angegriffenen Urteils und führt ergänzend Folgendes aus: Der Kläger hat behauptet, von dem Vermittler Siebrand arglistig über die Werthaltigkeit der Immobilie getäuscht worden zu sein. Er hat dazu die Ansicht vertreten, die Beklagte müsse sich dies zurechnen lassen, da sie nicht nur alle weiteren Wohnungskäufe in diesem Objekt, sondern auch andere Verkäufe der Verkäuferin finanziert hat. Die Beklagte hat bestritten, dass der in dem vom Kläger vorgelegten notariellen Kaufvertrag vom 14.11.2005 erwähnte Kaufpreis von 95.000 EUR dem tatsächlich gezahlten entspreche.
Das LG hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. xxx vom 18.10.2010 (Bl. 115 ff. d.A.) und durch mündliche Anhörung des Sachverständigen am 28.6.2011 (Bl. 201 ff. d.A.). Nach Beendigung der mündlichen Anhörung des Sachverständigen haben die Parteien ihre Zustimmung zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erteilt. Das LG hat sodann am Ende der mündlichen Verhandlung vom 28.6.2011 beschlossen, dass mit Zustimmung beider Parteien gem. § 128 Abs. 2 ZPO in das schriftliche Verfahren übergeleitet werde, beide Parteivertreter die Möglichkeiten haben, zum ...