Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmtheitsgebot. gemeinnützige Arbeit
Leitsatz (amtlich)
1. Bewährungsauflagen müssen klar, bestimmt und in ihrer Einhaltung überprüfbar sein. Ihre inhaltliche Ausgestaltung ist ausschließlich dem Gericht übertragen. Diese ihm allein obliegende Befugnis darf das Gericht nicht auf andere Institutionen delegieren.
2. Bewährungsauflagen dienen der Genugtuung für begangenes Unrecht; sie sind daher in sinnvollem Zusammenhang zu dem begangenen Unrecht zu wählen.
Normenkette
StGB § 56b; GG Art. 104 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Zwickau (Entscheidung vom 06.12.2007; Aktenzeichen 5 Ns 110 Js 17357/06) |
Tenor
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Zwickau vom 06. Dezember 2007 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen.
2. Auf die Beschwerde des Angeklagten werden die Ziffern 4. und 5. des Bewährungsbeschlusses des Landgerichts Zwickau vom 05. September 2007 in der Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 06. Dezember 2007 aufgehoben.
3. Dem Verurteilten wird auferlegt, nach Kräften den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen und hierfür an die Nebenklägerin als Schmerzensgeld 500,00 EUR in monatlichen Raten zu je 25,00 EUR, beginnend mit dem auf die Rechtskraft folgenden Monat auf das Konto der Nebenklägervertreterin bei der Bank, Kto.-Nr.: ; Bankleitzahl: zu zahlen.
4. Zur Entscheidung über die Auferlegung einer gemeinnützigen Leistung und über die Kosten des Beschwerdeverfahrens wird die Sache an das Landgericht Zwickau zurückverwiesen.
Gründe
I.
1. Die Revision des Angeklagten erweist sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2. Die zulässige Beschwerde des Angeklagten gegen den Bewährungsbeschluss des Landgerichts Zwickau in der Form des Nichtabhilfebeschlusses erweist sich jedoch als begründet, soweit das Landgericht dem Angeklagten auferlegt hat, Schmerzensgeld an die Nebenklägerin zu zahlen und gemeinnützige Arbeit zu erbringen.
a) Bei der Auflage, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen (§ 56 b Abs. 2 Nr. 1 StGB) hat das Landgericht eine monatliche Rate von 30,00 EUR bestimmt. Eine Frist, innerhalb derer die angeordnete Auflage zu erfüllen ist, wurde in dem Beschluss nach § 268 a Abs. 1 StPO nicht angeordnet. Damit gilt als Erfüllungsfrist die Dauer der Bewährungszeit (im vorliegenden Fall von fünf Jahren). Dies führt zu einem zu leistenden Gesamtbetrag in Höhe von 1.800,00 EUR. Mit Blick auf die Tathandlung und die geringe Tatintensität handelt es sich damit nicht mehr um eine billige Entschädigung im Sinne des § 253 Abs. 2 BGB. Der Senat hat deshalb die in der Beschlussformel genannte Entschädigung in Geld für angemessen erachtet.
b) Die angeordnete Arbeitsauflage von wöchentlich 20 Stunden für die Dauer von sechs Monaten war aufzuheben, weil sie nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz gerecht wird.
Bewährungsauflagen müssen klar, bestimmt und in ihrer Einhaltung überprüfbar sein. Nur so können Verstöße einwandfrei festgestellt werden und der Verurteilte weiß unmissverständlich, wann ihm der Widerruf der Bewährung droht. Die Tatsache, dass die Verfassung die Entziehung der Freiheit dem Richter vorbehält (Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG), haben den Gesetzgeber veranlasst, die inhaltliche, dem Bestimmtheitsgebot entsprechende Ausgestaltung von Auflagen und Weisungen ausschließlich dem Gericht zu übertragen. Deshalb darf sich das Gericht nicht darauf beschränken, nur den Umfang der gemeinnützigen Leistungen festzulegen. Vielmehr muss in der Auflage auch die Zeit, innerhalb derer die Arbeitsleistung zu erfüllen ist, die Art und nach Möglichkeit auch der Ort dieser Arbeitsleistung und die Institution, bei der sie abzuleisten ist, niedergelegt werden. Da eine Auflage der Genugtuung für das begangene Unrecht zu dienen hat (§ 56 b Abs. 1 Satz 1 StGB), ist es deshalb notwendig, die gemeinnützige Leistung so auszuwählen, dass sie in einem sinnvollen Zusammenhang mit dem vom Verurteilten begangenen Unrecht steht. Diese ihm allein obliegende Befugnis zur inhaltlichen Ausgestaltung der Arbeitsauflage darf das Gericht nicht an Dritte delegieren (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht SchlHA 1990; OLG Hamm StV 2004, 657 m.w.N.).
Eine nachträgliche Konkretisierung durch den Senat kommt bei dieser inhaltlichen Unbestimmtheit der Auflage nicht in Betracht.
Bei der neuen Entscheidung des Landgerichts über die Erteilung der Auflage wird es auch zu beachten haben, dass die Anordnung keinen einschneidenden unzumutbaren Eingriff in die Lebensführung des Angeklagten darstellen darf (BGH StV 1998, 658; Fischer, StGB, 55. Aufl., § 56 b Rdnr. 8 a).
II.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
Fundstellen