Entscheidungsstichwort (Thema)

Scheidung. Streitwertfestsetzung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Berechnung des Streitwerts in Ehesachen sind von dem hierfür heranzuziehenden Einkommen der Parteien Aufwendungen für unterhaltsberechtigte Kinder mit einen Pauschalbetrag von 250,00 Euro je Kind und Monat abzuziehen.

2. Selbstgenutztes Immobilienvermögen der Parteien ist streitwerterhöhend in der Weise zu berücksichtigten, dass der Verkehrswert nach Abzug von dinglichen Belastungen um Freibeträge vom 30.000,00 Euro je Ehegatten und 10.000,00 Euro je Kind vermindert und der danach verbleibenede Restbetrag mit 5% in den Streitwert einzubeziehen ist.

 

Normenkette

GKG § 12 Abs. 2 Sätze 1-2

 

Verfahrensgang

AG Meißen (Beschluss vom 29.12.2004; Aktenzeichen 6 F 0255/04)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin vom 10.01.2005 wird der Streitwertbeschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Meißen vom 29.12.2004 – 6 F 255/04 – abgeändert und der Streitwert des erstinstanzlichen Verfahrens für die Ehesache auf 9 680,00 EUR festgesetzt. Hinsichtlich der Folgesache Versorungsausgleich verbleibt es bei dem vorläufig festgesetzten Streitwert von 500,00 EUR.

 

Gründe

Der Rechtsbehelf bleibt ohne Erfolg, weil das Familiengericht den Gegenstandswert des Scheidungsverfahrens mit dem angefochtenen Beschluss nicht in einer die Gebühreninteressen des beschwerdeführenden Rechtsanwalts verletzenden Weise zu niedrig, sondern im Ergebnis zu hoch festgesetzt hat. Da für Streitwertbeschwerden das Verbot der Schlechterstellung nicht gilt (allg. Meinung, vgl. zuletzt Hartmann, Kostengesetze, 33. Aufl. 2004, § 25 GKG a.F. Rn. 73 m.w.N.), kann sich der Senat nicht auf die Zurückweisung der Beschwerde beschränken, sondern hat die erstinstanzliche Entscheidung insgesamt zu überprüfen und den zutreffenden (niedrigeren) Streitwert festzusetzen.

1. Das Amtsgericht hat in seine Berechnung in Übereinstimmung mit dem ausdrücklichen Wortlaut des hier noch einschlägigen § 12 Abs. 2 S. 2 GKG a. F. zunächst die Einkommensverhältnisse der Parteien in der Weise einbezogen, dass es das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Eheleute (1 200,00 EUR + 3 000,00 EUR = 4 200,00 EUR × 3 = 12 600,00 EUR) eingesetzt hat. Hiervon hat es wegen der den Parteien für zwei unterhaltsberechtigte Kinder entstehenden Verpflichtungen pro Monat und Kind jeweils einen Pauschalbetrag von 250,00 EUR, insgesamt mithin 1 500,00 EUR abgezogen; das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Dresden und der ganz herrschenden Auffassung in Schrifttum und Judikatur, der sich der Senat anschließt (vgl. nur OLG Dresden, Beschluss vom 12.12.2001, 22 WF 414/01; Beschluss vom 14.08.2000, 22 WF 324/00; Lappe in: Rahm/Künkel, Handbuch des Familiengerichtsverfahrens, Loseblattsammlung Stand Oktober 1994, Teil IX, Rn. 15 m.w.N.). Die Beschwerde greift das letztlich auch nicht an.

2. Kern ihrer Beanstandung ist der Betrag, mit dem das Amtsgericht die Vermögensverhältnisse der Parteien bei der Streitwertbemessung berücksichtigt hat (vgl. § 12 Abs. 2 S. 1 GKG a.F.); hier hat die Familienrichterin vom Wert des unbelasteten Wohngrundstücks der Parteien (100 000,00 EUR) einen Ehegattenfreibetrag von 15 000,00 EUR und einen Kinderfreibetrag von 5 000,00 EUR abgezogen und den danach verbleibenden Restbetrag (80 000,00 EUR) mit 3 %, also 2 400,00 EUR, in die Berechnung des Gegenstandswerts eingestellt. Das Amtsgericht ist so zu einem Gesamtstreitwert für die Ehesache von 13 500,00 EUR gelangt; dem vermag sich der Senat im Ergebnis nicht anzuschließen.

Die Einbeziehung der Vermögensverhältnisse der Parteien bei der Bemessung des Streitwerts in Ehesachen ist sowohl methodisch als auch in den Einzelheiten des jeweiligen Rechenwegs umstritten (vgl. etwa die Darstellung bei Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl. 1996, Rn. 1091 ff). Wenn, wie hier, das zu berücksichtigende Vermögen in einer Wohnimmobilie besteht, soll nach verbreiteter Auffassung das in einem Zeitraum von drei Monaten ersparte Nutzungsentgelt für ein vergleichbares Mietobjekt (Nettokaltmiete) in die Berechnung einfließen (z.B. OLG Köln, FamRZ 1987, 183). Demgegenüber wird vertreten, es sei – wie bei anderen Vermögensobjekten auch – auf den Verkehrswert der Immobilie abzustellen, von dem allerdings, nach Abzug von Freibeträgen, nur ein (niedriger) prozentualer Anteil in Ansatz zu bringen sei; die dabei in Erwägung gezogenen Freibeträge liegen je Ehegatten zwischen 15 000,00 EUR (siehe Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Aufl. 2003, § 606 ZPO Rn. 33) und – in Anlehnung an die zuletzt geltenden vermögenssteuerlichen Freibeträge – rund 60 000,00 EUR (OLG Koblenz, JurBüro 2003, 474, 475; Schneider/Herget, aaO., Rn. 1120). Die auf den verbleibenden Restbetrag anzuwendenden Prozentsätze werden zwischen 2 % und max. 10 % angesetzt, wobei für ein selbst genutztes Einfamilienhaus der Parteien ein höherer Satz als 5 % nirgends vertreten wird (vgl. Schneider/Herget, aaO., Rn. 1113 m.w.N.). Nach allen Bere...

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