Leitsatz (amtlich)
1. Beschränkt sich die Berufung darauf, die Ergebnisse eines erstinstanzlichen Gerichtsgutachtens und der darauf aufbauenden, in sich plausiblen Beweiswürdigung zu bestreiten, ohne ihre abweichende Bewertung durch ein Privatgutachten oder andere medizinische Belege zu untersetzen, ist auch in Arzthaftungsverfahren regelmäßig keine weitere Beweisaufnahme geboten.
2. Kann ein Diagnoseirrtum eines Arztes nicht als fundamental bezeichnet werden, kommt eine Haftung nur dann in Betracht, wenn die von ihm erhobenen Befunde nicht zweifelhaft sind, sondern bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt lediglich den Schluss auf eine bestimmte Diagnose zulassen.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 07 O 3093/16) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Die Klägerin hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Sie sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
3. Der auf den 01.10.2019 bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.
4. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf bis zu 22.000,- EUR festzusetzen.
Gründe
I. Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Verfügungsbeklagten bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte weder aus einer Aufklärungspflichtverletzung noch aus einem der Beklagten anzulastenden Behandlungsfehler die geltend gemachten Ansprüche auf Schadenersatz und Feststellung der Einstandspflicht für Schäden aus §§ 823, 831 BGB i.V.m. dem Behandlungsvertrag zu. Die Klägerin hat mit der Berufung keine neuen Gesichtspunkte aufgezeigt, die eine vom Landgericht abweichende Entscheidung oder auch nur erneute oder ergänzende Beweisaufnahme gebieten würden.
1. Das Landgericht hat eine Aufklärungspflichtverletzung unter Würdigung der Angaben der Klägerin zum Aufklärungsgespräch und der Aussage des Zeugen Dr. M... im Termin der mündlichen Verhandlung am 12.06.2017 mit überzeugenden Erwägungen verneint. Im Rahmen des unstreitig stattgehabten Aufklärungsgespräches wurde dem Zeugen Dr. M... zufolge der Klägerin die Probenentnahme nebst der dazu möglichen Vorgehensweisen, deren Risiken einschließlich des Risikos von Nachblutungen und die Vor- und Nachteile erläutert. Das hiergegen gerichtete Berufungsvorbringen der Klägerin erschöpft sich in der Wiederholung der in der Klage erhobenen Vorwürfe und setzt sich in keiner Weise mit den landgerichtlichen Feststellungen auseinander. Abgesehen davon werden die Angaben des Zeugen auch die durch die handschriftlichen Eintragungen im Aufklärungsbogen belegt. Die Beklagte hat ein ordnungsgemäßes Aufklärungsgespräch somit hinreichend bewiesen, da aufgrund der Aussage des Zeugen und dem mit Zusätzen versehenen Aufklärungsbogen "einiger Beweis" für den Inhalt des Aufklärungsgespräches erbracht worden und der Arztseite im Zweifel Glauben zu schenken ist (Senat, Beschluss vom 12.03.2018 - 4 U 1755/17 - juris m.w.N.)
Die Klägerin dringt auch mit ihrer Rüge einer mangelhaften Aufklärung über Behandlungsalternativen nicht durch. Anders als von der Berufung vorgetragen, war dem Sachverständigen zufolge zur Abklärung der vorliegenden Befunde eine laparoskopische Biopsie zum sicheren Malignitätsausschluss indiziert und geboten. Nicht invasive Methoden wie eine sonografisch gesteuerte Feinnadelbiopsie hätten zudem keine zuverlässige Diagnose ermöglicht (vgl. S. 5 und 6 des Ausgangsgutachtens), oder wären wie die percutane Stanzbiopsie mit einer Blutungsgefahr einhergegangen. Aus diesem Grund sei die Aufklärung nicht zu beanstanden (vgl. S. 5 des Ausgangsgutachtens). Die Klägerin wurde auch hinreichend hinsichtlich des Umfangs der geplanten und am 17.08.2012 durchgeführten Probenentnahme aufgeklärt. Wie der Sachverständige gut nachvollziehbar dargelegt hat, wurden nicht ca. 1/3 der Leber, sondern eine für eine Probenentnahme angemessene Menge von rund 2,7 - 4,1 % der Leber entfernt. Die Klägerin hat weder erst- noch zweitinstanzlich begründete Zweifel an diesen medizinischen Ausführungen aufgezeigt.
2. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht gestützt auf die sachverständige Begutachtung auch das Vorliegen eines Behandlungsfehlers verneint.
Im Ergebnis der zuvor durchgeführten umfangreichen Diagnostik zur Abklärung der unklaren Leberherde, bei denen der Verdacht bestand, dass es sich um Metastasen des im Juni 2012 unstreitig diagnostizierten nodulären malignen Melanoms des rechten Oberarms handelt, hat...