Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadenersatz
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Aktenzeichen 2 O 839/08) |
Tenor
Bei dem Senatsbeschluss vom 15.09.2009 verbleibt es.
Gründe
Die Gegenvorstellung der Klägerinnen vom 24.09.2009 gegen die vom Senat ausgesprochene Versagung von Prozesskostenhilfe für das angestrebte Berufungsverfahren hat keinen Erfolg.
1. Die bis zum 03.10.1990 bestehende Rechtslage, nach der die Halbschwester der Klägerinnen gegen sie wegen § 396 Abs. 1 Nr. 2 ZGB keine Pflichtteilszahlungs- oder entsprechende Auskunftsansprüche hätte geltend machen können, ist irrelevant; sie wäre gemäß Art. 235 § 1 Abs. 1 EGBGB, der seit Schaffung im Jahre 1990 unverändert geblieben ist, nur maßgeblich gewesen, wenn der Erbfall vor dem Wirksamwerden des Beitritts eingetreten wäre. Da der Erblasser tatsächlich erst nach der Wende (und vor dem 01.04.1998) gestorben ist, greift Art. 235 § 1 Abs. 2 EGBGB a.F. und mit ihm das eine dem § 396 Abs. 1 Nr. 2 ZGB vergleichbare Ausschlussregelung nicht enthaltende Erb- und Pflichtteilsrecht des BGB ein, allerdings mit der Maßgabe, dass die Stellung des nichtehelichen Abkömmlings nunmehr derjenigen entspricht, die das BGB seinerzeit erb- und pflichtteilsrechtlich für eheliche Abkömmlinge bestimmte.
2. Zur weiteren Verdeutlichung:
Für eheliche Abkömmlinge eines wie hier nach dem 02.10.1990 und vor dem 01.04.1998 verstorbenen Erblassers aus der ehemaligen DDR steht außer Frage, dass deren Pflichtteilsberechtigung – gemäß Art. 230 EGBGB und im Umkehrschluss aus Art. 235 § 1 Abs. 1 EGBGB, der für alle erbrechtlichen Verhältnisse das bisherige Recht für maßgebend erklärt, wenn der Erblasser vor dem Wirksamwerden des Beitritts gestorben ist (vgl. zum Umkehrschluss OLG Dresden NJW 1999, 3345) – allein nach den Vorschriften des BGB zu beurteilen ist. Das gilt sogar für im ZGB-DDR nicht vorgesehene Pflichtteilsergänzungs- und Herausgabeansprüche gemäß §§ 2325, 2329 BGB wegen Schenkungen, die der Erblasser vor der Wende vorgenommen hatte (BGHZ 147, 95; ebenso bereits OLG Dresden a.a.O.). Dementsprechend kommt es auf eine bei Eintritt des Erbfalles bestehende Unterhaltsberechtigung gegenüber dem Erblasser, die § 396 Abs. 1 Nr. 2 ZGB zur Voraussetzung einer Pflichtteilsberechtigung des Abkömmlings – gleichviel, ob ehelich oder nichtehelich – erhob, gerade nicht an (BGHZ a.a.O.).
Für nichteheliche Abkömmlinge eines solchen Erblassers gilt im Ergebnis dasselbe. Ohne die Sonderregelung in Art. 235 § 1 Abs. 2 EGBGB a.F. würde für diese Abkömmlinge zweifellos erneut Art. 230 EGBGB bzw. der Umkehrschluss aus Art. 235 § 1 Abs. 1 EGBGB eingreifen; dem nichtehelichen Kind wären dann, entsprechend der damaligen, bis zum 01.04.1998 geltenden materiellen Erbrechtslage des BGB, Erbersatzansprüche gemäß §§ 1934a ff. BGB a.F. und für den Fall von deren Entziehung durch Verfügung von Todes wegen über § 2338a BGB a.F. Pflichtteilsansprüche erwachsen, die auch Pflichtteilsergänzungsansprüche umfasst hätten (vgl. OLG Koblenz OLGR 2002, 73). Diese Konsequenzen hat der Einigungsgesetzgeber allerdings für das Beitrittsgebiet nicht ziehen wollen. Vielmehr hat er insoweit eine im Erbrecht der DDR verwirklichte – in der gesamten Bundesrepublik erst zum 01.04.1998 erreichte – Gleichstellung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern vorgefunden. Hieran hat er angeknüpft und die Sonderregelung in Art. 235 § 1 Abs. 2 a.F. geschaffen. Wenn dort für nach dem 02.10.1990 eintretende Erbfälle in Ansehung eines vor dem Beitritt geborenen nichtehelichen Kindes die Geltung der für die erbrechtlichen Verhältnisse eines ehelichen Kindes geltenden Vorschriften angeordnet ist, sind mit letzteren fraglos alle diejenigen des BGB gemeint. Die anlassbezogene Anknüpfung an die DDR-erbrechtliche Gleichstellung von nichtehelichen und ehelichen Abkömmlingen darf durchaus als ein fortgeschriebenes Privileg bezeichnet werden. Darin erschöpft sich die „Fortschreibung” aber auch. Denn zugleich hat der Einigungsgesetzgeber die Beurteilung der erbrechtlichen Verhältnisse eines solchen nichtehelichen Abkömmlings vollständig von den Regeln des ZGB gelöst und denen des BGB für eheliche Abkömmlinge unterworfen.
3. Vor diesem Hintergrund ist das von der Gegenvorstellung für die gegenteilige Sichtweise angeführte Urteil derselben Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 05.07.2006 – 2 O 1602/05 (FamRZ 2007, 171 = ZEV 2007, 227) in seinen zentralen Aussagen nicht haltbar. Abgesehen davon, dass diese Entscheidung – anders als hier – zu einem nach dem 01.04.1998 eingetretenen Erbfall ergangen ist und vor allem einen – ebenfalls anders als hier – vor dem 01.07.1949 geborenen nichtehelichen Abkömmling betraf, für den bei isolierter Betrachtung aus Sicht des West-Rechts eine erbrechtliche Beteiligung gemäß Art. 12 § 10 Abs. 2 NEhelG in der Tat ausscheiden mochte, verkennt sie bei der Anwendung des Art. 235 § 1 Abs. 2 EGBGB n.F. die oben und im Senatsbeschluss vom 15.09.2009 dargestellten Zusammenhänge. Folgerichtig und mit zutreffenden Erwägungen hat denn auch ...