Leitsatz (amtlich)
1. Die Veräußerung des hälftigen Miteigentumsanteils an einem Grundstück stellt eine wesentliche Veränderung der Sachlage dar, die die Kündigung einer zwischen den vorherigen Teilhabern geschlossenen Verwaltungsvereinbarung rechtfertigen kann.
2. Die Zustimmung zur Übertragung der Hausverwaltung auf einen Dritten kann Gegenstand einer eine solche Vereinbarung ersetzenden gerichtlichen Bestimmung sein.
3. Ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung ist dann erfüllt, wenn den Erklärungen des Pflichtigen zumindest konkludent entnommen werden kann, dass er eine von ihm erteilte Auskunft als vollständig ansieht. Der Verdacht, dass die Auskunft unrichtig oder unvollständig ist, steht dem nicht entgegen.
4. Der Erwerber eines hälftigen Miteigentumsanteils an einem bebauten Grundstück kann von dem anderen Teil eine Entschädigung an die Eigentümergemeinschaft für dessen unentgeltliche Wohnnutzung verlangen, wenn er selbst eine Wohnnutzung nicht beabsichtigt.
5. Die Höhe dieses Anspruchs ist nach billigem Ermessen zu bestimmen; Vergleichsmaßstab für die gerichtliche Schätzung ist die ortsübliche und angemessenen Miete für eine vergleichbare Wohnung.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 07 O 2610/10) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 06.03.2012, Az 7 O 2610/10, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt,
a) der Beauftragung der T ... GmbH mit der kaufmännischen und technischen Hausverwaltung des Mietshauses K ... Str. xx in 00000 L ... für eine Regelvergütung von 23,50 EUR netto je Wohneinheit zuzustimmen, gemäß dem Angebot vom 10.12.2021 zum P ... Mustervertrag (Stand 10.12.2021).
b) gegenüber der Klägerin die von ihr durchgeführten Baumaßnahmen in der Wohneinheit 2. Obergeschoss links, in der Wohneinheit 1. Dachgeschoss rechts und in der Remise durch eine tabellarische Aufstellung der ab dem 01.01.2010 erfolgten Rückzahlungen von der Gemeinschaft an die Beklagte nebst zugehöriger Nachweise abzurechnen,
c) an die Eigentümergemeinschaft K ... Str. xx in 00000 L ..., bestehend aus der Klägerin und der Beklagten, eine rückständige Nutzungsentschädigung für den Zeitraum 01.05.2010 bis 31.08.2010 i.H.v. 6.665,80 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus diesem Betrag seit dem 17.09.2010 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass der Antrag, der Klägerin oder von ihr beauftragten Dritten Zutritt zu ihrer Wohnung im EG rechts sowie im Souterrain rechts der K ... Str. xx in 00000 L ..., werktags von 8.00 bis 12.00 Uhr sowie von 15.00 bis 18.00 Uhr zu gewähren, und zwar durch Öffnen der Wohnungs- und sämtlicher Zimmertüren, erledigt ist.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Klägerin 80% und die Beklagte 20%.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in dieser Höhe Sicherheit leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird wie folgt festgesetzt:
Klageantrag zu 1 und 2: 8.460,00 EUR
Klageantrag zu 3: 1.500,- EUR
Klageantrag zu 4: 30.000,- EUR
Klageantrag zu 5: 5.000,- EUR
Klageantrag zu 6: bis zum 21.12.2021: 6.000,- EUR
Klageantrag zu 7: 8.800,- EUR
Klageantrag zu 9: bis zu 5.700,- EUR
Klageantrag zu 10: 14.400,- EUR
Klageantrag zu 11 und 12: bis zum 21.12.2021: 6.000,- EUR,
danach: bis zu 5.700,- EUR
Klageantrag zu 13: bis zum 21.12.2021: 6.600,- EUR
danach: bis zu 5.700,- EUR
Insgesamt:
bis zum 21.12.2021: 92.460,- EUR
Danach: 85.260,- EUR
Gründe
I. Die Parteien sind jeweils hälftige Miteigentümer des Grundstücks K ... Str. xx in L ... Sie streiten in einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten um die Ausgestaltung der Miteigentümerrechte an der Immobilie. Mit dem vorliegenden Rechtsstreit verlangt die Klägerin von der Beklagten nunmehr noch aus eigenem und abgetretenem Recht Zustimmung zur Beauftragung einer externen Hausverwaltung, Aushändigung von Verwaltungsunterlagen im Original, hilfsweise dazu Auskunft, Versicherung an Eides Statt, Herausgabe und Feststellung der Schadenersatzpflicht, Rechenschaftslegung über Einnahmen und Ausgaben der Hausverwaltung, Abrechnung über von der Beklagten veranlasste Baumaßnahmen, Nutzungsentschädigung, Feststellung, dass ein von der Klägerin für die Eigentümergemeinschaft geschlossener Mietvertrag wirksam zustande gekommen ist, hilfsweise Genehmigung, sowie Zustimmung zu von der Klägerin veranlassten Baumaßnahmen. Weitere Anträge hat die Klägerin - teilweise einseitig - für erledigt erklärt.
Das Grundstück ist mit einem denkmalgeschütz...