Leitsatz (amtlich)
Der Leasinggeber hat seinen potentiellen Leasingnehmer bei vorvertraglichen Vertragsverhandlungen im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren über Umstände aufzuklären, die geeignet sind, den Vertragszweck und die Vertragsdurchführung zu vereiteln oder aus denen sich für ihn besondere Gefahren bei der Vertragsdurchführung ergeben können. Hierzu gehören auch wirtschaftliche Umstände, die einer Vertragsdurchführung entgegenstehen, so dass auch der Leasinggeber über Umstände auszuklären hat, die einer dargestellten Kostenneutralität entgegenstehen, soweit sie ihm bekannt sind oder bekannt sein müssen. Dabei haftet der Leasinggeben nach § 278 BGB, wenn der Lieferant der Leasingsache schuldhaft (jedenfalls auch) den Leasingvertrag betreffende Aufklärungs- oder Hinweispflichten gegenüber dem Leasingnehmer verletzt, sofern der Lieferant mit Wissen und Willen des Leasinggebers Vorverhandlungen mit dem Leasingnehmer über den Abschluss eines Leasingvertrages führt (Anschluss an BGH, Urt. v. 15.6.2011 - VIII ZR 279/10, Rz. 18).
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Urteil vom 23.02.2012; Aktenzeichen 1 O 1411/10) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des LG Chemnitz vom 23.2.2012 - 1 O 1411/10 - aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Ansprüche der Klägerin aufgrund eines vorzeitig beendeten Leasingvertrages. Ein Mitarbeiter der xxx GmbH hatte der Beklagten - einer Ärztin - ein wenigstens kostenneutrales Geschäft vorgeschlagen. Die Beklagte sollte eine Telekommunikationsanlage erwerben und hierfür in 48 Monaten Leasingraten à 683 EUR netto aufbringen, zudem sollte sie sich vier Stunden monatlich für eine medizinische Beratung am Telefon bereit halten und hierfür 685 EUR netto Honorar erhalten. Am 30.6.2008 unterzeichnete die Beklagte hierzu ihr vom Mitarbeiter der xxx GmbH vorgelegte Verträge: Einen Kooperationsvertrag mit der xxx GmbH sowie einen Antrag auf Abschluss eines Leasingvertrages, den die Klägerin annahm. Der Text des Leasingvertrages enthält keine Hinweise auf den Kooperationsvertrag. Die xxx GmbH zahlte nur wenige Monate das Honorar; sie ist inzwischen insolvent. Die Klägerin zahlte an die Herstellerin der TK-Anlage, die Firma xyx GmbH, die den selben Geschäftsführer wie die xxx GmbH hatte, 33.320 EUR und verlangt von der Beklagten rückständige Raten und - nach Kündigung des Leasingvertrages - Schadensersatz. Hinsichtlich des weiteren erstinstanzlichen Sachverhaltes wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen. Das LG hat der Klage bis auf einen kleinen Teil der Zinsen stattgegeben; hinsichtlich der Gründe wird gleichfalls auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil, welches der Beklagten am 29.2.2012 zugestellt worden ist, richtet sich deren am 16.3.2012 eingegangene Berufung, die sie mit einem am 10.4.2012 eingegangenem Schriftsatz begründet hat. Das LG habe ihren Vortrag zur sittenwidrigen Überteuerung zu Unrecht als unsubstantiiert behandelt, da sie konkret vorgetragen habe, dass die gelieferte Telekommunikationsanlage "Praxismanager" einen Neuwert von höchstens 5.000 EUR gehabt habe, und hierzu ein Sachverständigengutachten zum Beweis angeboten habe. Zudem habe sie unter Bezugnahme auf das von der Klägerin eingeführte Gutachten des Dipl.-Ing. xxx dargelegt, dass der Wert der Hardware-Komponenten 3.000 EUR nicht übersteige; ein substantiierterer Vortrag sei nicht möglich.
Auch beruhe das Urteil auf unzutreffenden rechtlichen Erwägungen, soweit das LG, das Handeln und die Kenntnisse des Vermittlers der Klägerin nicht zurechne. Die Klägerin habe vor der Finanzierung des Erwerbsgeschäftes die Produktpalette der XYX GmbH unter die Lupe genommen und die Mitarbeiter der XXX GmbH hätten mit Wissen und Veranlassung der Klägerin die Leasingverträge vermittelt. Dies müsse sich die Klägerin zurechnen lassen. Auch im vorliegenden Rechtstreit habe der Zeuge M bestätigt, dass die Klägerin bereits im Jahre 2007 mit der Rechtsvorgängerin der Firma XYX Gespräche zur Anbahnung von Geschäftsbeziehungen geführt und beschlossen habe, das Produkt "Praxismanager" in ihr Portfolio aufzunehmen, was zur Folge gehabt habe, dass die Firma XYX von der Klägerin die Berechtigung erhalten habe, Antragsformulare der Klägerin bei potentiellen Kunden anzubringen. Unstreitig sei auch, dass die Klägerin der XYX GmbH eine Vermittlungsprovision gezahlt habe.
Die Beklagte beantragt, das Endurteil des LG Chemnitz vom 23.2.2012 - 1 O 1411/10, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurück...