Leitsatz (amtlich)
1. Der Versicherer kann sich der Leistungspflicht in der Gebäudeversicherung nicht mit dem Einwand entziehen, der Schaden wäre auch aufgrund einer "Reserve-Ursache" entstanden. Der Einwand, es habe sich bei Abriss- und Aufräumkosten um Sowieso-Kosten gehandelt, weil das Gebäude auch ohne das versicherte Ereignis eingestürzt wäre, ist unerheblich.
2. Besteht nach Eintritt des Versicherungsfalls Streit über die Leistungspflicht des Versicherers, kann der Versicherungsnehmer auf Feststellung der Erstattungspflicht klagen.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 819/18) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers - unter ihrer Zurückweisung im Übrigen - wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 06.11.2018 (Az.: 3 O 819/18) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger bis zu der hierfür vereinbarten Versicherungssumme die infolge des Sturmereignisses vom 23.02.2017 für den Abbruch des ehemaligen Kuhstalls auf dem Flurstück Nr. X der Gemarkung YYY (S... Straße xx, 00000 M...) tatsächlich - auf Nachweis - entstandenen Aufwendungen für notwendige Aufräumungs- und Abrisskosten zu erstatten hat.
2. Im Übrigen wird die Klage bezogen auf den Antrag zu Ziffer 1.a) als derzeit unbegründet und bezogen auf den Antrag zu Ziffern 1. b), 2. als unbegründet abgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages erbringt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 50.00,00 EUR festgesetzt.
Gründe
A Der Kläger begehrt von der Beklagten Leistungen aus einer landwirtschaftlichen Gebäudeversicherung aufgrund eines Sturmereignisses vom 23.02.2017.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlichen Antragstellung wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Leipzig vom 06.11.2018 Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, nach den Versicherungsbedingungen sei Voraussetzung für eine Leistungspflicht der Beklagten, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein entsprechender "Versicherungswert" am (Neben-)Gebäude noch bestanden habe. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Aufgrund dessen sei auch ein kausaler, infolge des streitgegenständlichen Naturereignisses bestehender Schaden weder ausreichend dargetan noch ersichtlich, sondern es handele sich bei dem beanspruchten Betrag um Sowieso-Kosten. Im Übrigen würde der Anspruch aber auch daran scheitern, dass nach den in den Vertrag einbezogenen Bedingungen eine Leistungspflicht der Beklagten nur hinsichtlich tatsächlich entstandener Aufwendungen bestehe. Schließlich sei auch die hilfsweise erhobene Feststellungsklage mangels eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses bzw. eines Feststellungsinteresses nicht zulässig. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Der Kläger ist der Ansicht, das Landgericht habe zu Unrecht zugrunde gelegt, dass das Gebäude vor dem streitgegenständlichen Schadensfall keinen Wert mehr gehabt habe. Dies habe selbst die Beklagte im Verfahren nicht behauptet. Die Erstattung der geltend gemachten Aufräum- und Abbruchkosten richte sich nach § 9 Ziffer 5.4.1 und 8.2.4 ABL 2015. Zwar sei danach für die Entschädigungsberechnung der Nachweis tatsächlich angefallener Kosten maßgeblich, dennoch erschließe sich dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer angesichts weiterer Regelungen in den Versicherungsbedingungen nicht, dass nur tatsächlich entstandene Kosten erstattet würden. So fehle eine ausdrückliche Regelung zur Vorschusszahlung. Zudem folge aus § 9 Ziffer 8.2.4 c ABL 2015, dass der erzielbare Verkaufspreis von Resten der versicherten Sache angerechnet werde sowie aus § 14 Nr. 1 ABL 2015, dass die Entschädigung fällig werde, wenn die Feststellungen des Versicherers zu Grund und Höhe des Anspruchs abgeschlossen seien. Im Übrigen könne der Kläger mangels entsprechender Eigenmittel die Aufräum- und Abbruchkosten auch nicht vorstrecken. Dies entspreche dem Sachverhalt, der der Entscheidung des BGH vom 19.06.2013 (Az.: IV ZR 228/12) zugrunde gelegen habe. Aufgrund der dargestellten Umstände sei die Regelung mit dem vom Landgericht zugrunde gelegten Verständnis zudem nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam. Jedenfalls sei aber dem hilfsweise geltend gemachten Feststellungsantrag stattzugeben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 06.11.2018 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
1. a) an den Kläger 47.481,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4 %-Punkten pro Jahr vom 24.02.2017 bis zum 30.06.2017 und in Höhe von 5 %-Punkten...