Leitsatz (amtlich)
Eine Auszahlung i.S.v. § 30 Abs. 1 GmbH erfordert einen Vermögenstransfer von der Gesellschaft an einen Gesellschafter bzw. ein mit diesem verbundenes Unternehmen.
Von einem Vermögenstransfer kann nur gesprochen werden, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtung einem greifbaren wirtschaftlichen Vorteil des Gesellschafters bzw. des mit ihm verbundenen Unternehmens eine entsprechende Vermögensminderung der Gesellschaft korrespondiert.
Kauft im Wege einer dreiseitigen Vereinbarung zwischen der Gesellschaft, ihrer Hausbank und einem mit dem Gesellschafter verbundenen Unternehmen die Gesellschaft der Hausbank eine Kreditforderung gegenüber dem Unternehmen ab, während ihr für den Kaufpreis zugleich ein Kredit gewährt wird, und erklärt die Gesellschaft zugleich einen Rangrücktritt für die auf sie übergangene Darlehensforderung, so ist im Wege der wirtschaftlichen Analyse der konkreten Vereinbarung anhand der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, ob die Voraussetzungen eines Vermögenstransfers von der Gesellschaft an das Unternehmen vorliegen.
Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen 45 O 615/99) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Dresden, 5. Kammer für Handelssachen, vom 17.8.2001 (Az: 45-O-615/99) abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreites.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.d. beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Haftung des Beklagten als ehemaliger Geschäftsführer der und GmbH (Gemeinschuldnerin).
Mit Beschluss des AG Dresden vom 23.11.1995 (Az: 531 N 1205/95) wurde am selben Tage um 0.00 Uhr über das Vermögen der Gemeinschuldnerin die Gesamtvollstreckung eröffnet und der Kläger zum Gesamtvollstreckungsverwalter bestellt.
Die Gemeinschuldnerin ist aus dem VEB, Stammbetrieb – und, entstanden und firmierte zunächst als D.V.- und S. GmbH. Sie wurde am 19.10.1990 im Handelsregister des Kreisgerichts Dresden unter HRB 1221 mit einem Stammkapital von 50.000 DM eingetragen. Mit notariellem Vertrag vom 30.10.1991 (Anlage B 7) erwarb Herr W. von der Treuhandanstalt den einzigen Geschäftsanteil der GmbH zu einem Kaufpreis von 5,3 Mio. DM. Die Übernahme des Geschäftsanteils erfolgte mit schuldrechtlicher Wirkung zum 1.11.1991, wobei W. zur Sicherung des Kaufpreisanspruches eine Bankbürgschaft stellte. Die Fälligkeit des Kaufpreises war an die Eintragung der Gemeinschuldnerin als Eigentümerin bestimmter, in der Anlage des Vertrages näher bezeichneter, Grundstücke geknüpft. Die Übertragung des Geschäftsanteils an W. mit dinglicher Wirkung stand unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Kaufpreiszahlung. Dem Käufer W. wurde eine Vollmacht für die erforderlichen Rechtsgeschäfte zur Gründung der Gesellschaft erteilt. In der Folge kam es hinsichtlich der Grundbucheintragung der Gemeinschuldnerin zu Unstimmigkeiten, weil die Grundstücke, für die sie als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen wurde, mit 231.791 m² eine geringere Gesamtfläche aufwiesen, als das verkaufte, ursprüngliche Gesamtgrundstück mit einer Größe von 245.279 m². Daraufhin wurde, jedenfalls bis in das Frühjahr 1995, der Kaufpreis für den Geschäftsanteil nicht gezahlt. Die BvS als Nachfolgerin der Treuhandanstalt verzichtete zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich mit Schreiben vom 8.1.1996 (Anlage K 20), auf die aufschiebende Bedingung aus dem Vertrag vom 30.10.1991.
In der Gesellschafterversammlung vom 18.12.1991 wurde eine neue Satzung beschlossen, im Rahmen derer aufgrund einer Änderung der DM-Eröffnungsbilanz zum 1.7.1990 das Stammkapital auf 4 Mio. DM neu festgesetzt wurde. Der Beklagte wurde alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin. Die Eintragungen in das Handelsregister erfolgten jeweils am 10.4.1992. Die Gemeinschuldnerin betrieb auf ihrem Grundstück in Dresden, dem sog. Ostra-Gelände, im Wesentlichen einen Schlachthof, wobei der Schwerpunkt bei der Schlachtung von Schweinen und Rindern lag. Bereits im Geschäftsanteilsübertragungsvertrag vom 30.10.1991 hatte sich die Gesellschaft verpflichtet, bis zum 31.12.1997 zusätzlich zum Kaufpreis 60 Mio. DM zur Errichtung eines neuen Schlachthofes zu investieren. Aus diesem Grunde investierte die Gesellschaft seit 1993 in den Neubau eines Schlachthofes in Naunhof. Der alte Schlachthof in Dresden wurde bis zum März 1995 betrieben; danach wurde die Geschäftstätigkeit auf den neuen Schlachthof in N. verlagert.
Der Aufgabenbereich der Geschäftsführertätigkeit des Beklagten, der ausgebildeter Metzgermeister ist, umfasste den gesamten Bereich Produktion, inkl. Vieheinkauf, den Verkauf im Bereich Groß- und Einzelhandel, die Kalkulation und die Preisbestimmung sowie den Fuhrpark. Im Übrigen war der Beklagte für Produktentwicklung und Qualitätssicherung verantwortlich (vgl. Anlage K 2a). Der kau...