Leitsatz (amtlich)
1. Der Gesellschafter, der seiner GmbH in der Krise eigenes Grundeigentum kostenlos zur Nutzung überlässt, darf der Gesellschaft diese kostenlose Nutzung in der Krise nicht entziehen.
2. Einer solchen Entziehung steht es aber nicht gleich, wenn der Zwangsverwalter dieses Grundstücks den Mietvertrag kündigt, den der Gesellschafter mit der Gesellschaft geschlossen hatte. Die GmbH darf nicht besser gestellt werden, als wenn der Gesellschafter das mit Grundpfandrechten bereits belastete Grundstück nicht nur kostenlos zur Nutzung überlassen, sondern der GmbH übereignet hätte.
Normenkette
GmbHG § 30 ff., § 32a a.F.
Verfahrensgang
LG Dresden (Urteil vom 12.07.2001; Aktenzeichen 6 O 3208/00) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufungen des Klägers und der Beklagten gegen das Urteil des LG Dresden vom 12.7.2001 werden zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 88 %, die Beklagten tragen sie zu 12 %.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung des Klägers und der Beklagten i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Sicherheit kann auch durch eine schriftliche, selbstschuldnerische, unbefristete und unwiderrufliche Bürgschaft einer als Zoll- oder Steuerbürgen zugelassenen Bank oder Sparkasse mit Sitz in der Europäischen Union erbracht werden.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Streitwert zweiter Instanz: 176.906,99 Euro.
Tatbestand
Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen der … GmbH ggü. den Beklagten zu 1) bis 4) als Miteigentümer des Grundstücks … in D. Ansprüche aus der eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassung von Gewerberäumen geltend.
Die Gemeinschuldnerin, die … GmbH, wurde mit Urkunde des Notars … in D. am 28.11.1990 durch die Beklagten und die Treuhand gegründet.
Nachdem zunächst die Treuhand ihren Geschäftsanteil zu gleichen Teilen an die Beklagten abgetreten hatte, traten die Beklagten zu 3) und 4) mit notariellem Vertrag vom 20.1.1998 ihre Geschäftsanteile i.H.v. jeweils 50.000 DM an die Beklagten zu 1) und 2) ab. Zur Aufnahme der Geschäftstätigkeit mietete die Gemeinschuldnerin mit Vertrag vom 1.10.1990 von den Beklagten das zu je 1/4 in ihrem Miteigentum stehende Grundstück … in D. Der für drei Jahre abgeschlossene Mietvertrag sieht bei nicht rechtzeitiger Kündigung eine Vertragsverlängerung um weitere zwei Jahre vor.
Zwischen dem 30.1.1992 und dem 30.6.1993 wurde das Grundstück … mit Grundpfandrechten über insgesamt 1.195.000 DM (Stand: 30.6.1993, Anlage K 14, Bl. 121 d.A.) belastet.
Mit Beschluss vom 30.3.2000 ordnete das AG Dresden aufgrund dieser dinglich gesicherten Forderungen die Zwangsverwaltung gegen die Gemeinschuldnerin an.
Am 4.6.1999 erhielten die Beklagten auf die Mietforderung von der Schuldnerin einen Betrag i.H.v. 40.000 DM.
Am 1.7.1999 stellte der Beklagte zu 1) Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit. Das AG Dresden hat dann mit Beschl. v. 30.7.1999 – 532 IN 1707/99 – das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und den Kläger als Insolvenzverwalter bestellt.
Zum Zeitpunkt der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens belief sich die Überschuldung der Gemeinschuldnerin ausweislich der Eröffnungsbilanz auf 6.446.694,30 DM.
Nachdem der Zwangsverwalter den Kläger mit Schreiben vom 25.4.2000 zur Zahlung des monatlichen Mietzinses i.H.v. 18.000 DM, beginnend ab Mai 2000, aufgefordert hatte, erklärte der Kläger mit Schreiben vom 4.5.2000 die Kündigung des Mietvertrages bis zum 31.12.2000.
Eine Mietzinszahlung für das Grundstück erfolgte, mit Ausnahme der einmaligen Zahlung i.H.v. 40.000 DM am 4.6.1999, vom Abschluss des Mietvertrages bis zum heutigen Tage nicht.
Der Kläger hat zuletzt im ersten Rechtszug beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 346.000 DM nebst 4 % Zinsen aus 306.000 DM seit dem 14.6.2000 sowie aus 40.000 DM seit dem 11.10.2000 zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Durch das den Parteien am 20.7.2001 zugestellte Urteil vom 12.7.2001, auf das hiermit zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das LG der Klage in Höhe des Teilbetrages von 40.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11.10.2000 stattgegeben und sie i.Ü. abgewiesen.
Hiergegen richten sich die am 17.8.2001 (Kläger) bzw. 20.8.2001 (Beklagte) eingelegten und mittels der am 11.9.2001 (Kläger) bzw. 20.9.2001 (Beklagte) begründeten Berufungen beider Parteien.
Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, dass die Beklagten zum Schadensersatz ggü. der Gemeinschuldnerin verpflichtet sind, da sie die Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks … nebst der dort vorhandenen Gebäude und baulichen Anlagen vereitelt hätten.
Durch die jedenfalls am 31.12.1997 eingetretene Überschuldung habe die Überlassung der Räumlichkeiten … eigenkapitalersetzenden Charakter angenommen. Die Beklagten seien deshalb zur weiteren unentgeltlichen Überlassung des Grundstücks verpflichtet.
Dieses gelte auch für die ...