Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer Betriebsaufspaltung handelt der Eigentümer des Betriebsgrundstückes nicht gewerblich, wenn er einer Schuld der Besitzgesellschaft beitritt.

2. Verstößt ein vom Gesellschafter einer GmbH zu deren Verbindlichkeiten erklärter Schuldbeitritt gegen § 6 VerbrKrG, bleibt für eine Haftung des Gesellschafters wegen eines Eigenkapital ersetzenden Charakters seines Schuldbeitritts kein Raum.

 

Normenkette

HGB § 1; VerbrKrG § 6; GmbHG § 32a a.F., § 32b

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Urteil vom 01.06.2001; Aktenzeichen 9 O 6277/00)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des LG Leipzig vom 1.6.2001 – 9 O 6277/00 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung fallen dem Kläger zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 15.000 DM abzuwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Sicherheit kann jeweils durch unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines in der Europäischen Union zugelassenen Kreditversicherers oder Kreditinstituts erbracht werden.

– Streitwert der Berufung und Beschwer des Klägers: 84.790 DM –

 

Gründe

Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.

A. Der Gemeinschuldnerin steht kein Zahlungsanspruch nach den Rechtsprechungsgrundsätzen zum Eigenkapital ersetzenden Charakter von Kreditsicherheiten (vgl. BGH ZIP 1998, 243 [244]; v. 2.6.1997 – II ZR 211/96, ZIP 1997, 1648 [1650]; v. 9.12.1991 – II ZR 43/91, MDR 1992, 356 = GmbHR 1992, 166 = ZIP 1992, 108 [109]) zu, da die als Schuldbeitritt zu verstehenden Mithaftungserklärungen des Beklagten (dazu unten I.) gem. § 6 Abs. 1 VerbrKrG mangels Nennung der Pflichtangaben nichtig sind (dazu unten II.) und es hierdurch an einer Leistung fehlt, die nach Eintritt der Krise der Gemeinschuldnerin Eigenkapital ersetzenden Charakter hätte erlangen können (dazu unten III.). …

I. Die Erklärungen des Beklagten vom 4.7.1996 bzw. 6.8.1996 sind entgegen der vom Kläger im Berufungsrechtszug vertretenen Auffassung nicht auf eine Bürgschaftsverpflichtung, sondern auf einen Schuldbeitritt gerichtet.

Hierfür gibt bereits der Wortlaut der Vertragsurkunden einen gewissen Anhalt, da allein eine Schuldmitübernahme, nicht aber die als einseitige Verbindlichkeit ausgestaltete Bürgschaft zu einer gesamtschuldnerischen Haftung führt (vgl. BGH v. 9.7.1998 – IX ZR 272/96, BGHZ 139, 214 [217 f.] = MDR 1998, 1240; WM 1968, 916 [918]; WM 1955, 1203). Vor allem aber spricht das eigene wirtschaftliche Interesse des Beklagten, der damals 80 % des Stammkapitals der Gemeinschuldnerin hielt, dafür, dass dieser durch seine Mithaftungserklärungen rechtlich selbständige Verbindlichkeiten ggü. der Kredit gewährenden B. Bank AG eingehen wollte (vgl. BGH v. 19.9.1985 – VII ZR 338/84, MDR 1986, 223 = NW 1986, 580; NJW 1981, 47).

Daran ändert auch nichts, dass der Beklagte seiner Unterschrift jeweils einen Hinweis auf ein von ihm geführtes „Besitzunternehmen” bzw. eine „Betriebsverpachtung” beigab. Zum einen musste dem Beklagten auch als Verpächter des Betriebsgrundstücks der Gemeinschuldnerin daran gelegen sein, dass die mit der Betriebsaufspaltung einhergehenden wirtschaftlichen und rechtlichen Wechselbeziehungen (vgl. zu diesen aus steuerrechtlicher Sicht: BFH v. 13.11.1997 – IV R 67/96, BFHE 184, 512 [515 ff.] = FR 1998, 316 = GmbHR 1998, 246; GmbHR 2000, 448 [449]) nicht durch einen Liquiditätsengpass der Gemeinschuldnerin beeinträchtigt werden. Zum anderen bleibt von dieser mit dem Hinweis auf das „Besitzunternehmen” bzw. die „Betriebsverpachtung” zum Ausdruck gebrachten Zielrichtung der Haftungsübernahme unberührt, dass der Beklagte jedenfalls auch – und vor allem – als Mehrheitsgesellschafter durch die Gewährung der von ihm als Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin aufgenommenen Kredite mittelbar begünstigt wurde.

II. Die Schuldbeitritte des Beklagten sind gem. § 6 Nr. 1 VerbrKrG nichtig.

1. Die Wirksamkeit der Schuldbeitrittserklärungen sind an den Regelungen des Verbraucherkreditgesetzes zu messen.

a) Nach gefestigter Rspr. des BGH (BGH v. 5.6.1996 – VIII ZR 151/95, BGHZ 133, 71 [74 f.] = MDR 1996, 890; v. 10.7.1996 – VIII ZR 213/95, BGHZ 133, 220 [222 f.] = MDR 1996, 1106; v. 12.11.1996 – XI ZR 202/95, BGHZ 134, 94 [97] = MDR 1997, 227; v. 21.4.1998 – IX ZR 258/97, BGHZ 138, 321 [325] = MDR 1998, 823 = GmbHR 1998, 679; v. 28.1.1997 – XI ZR 251/95, MDR 1997, 438 = WM 1997, 663 [664]; WM 1997, 7; WM 1997, 2000 [2001]; v. 27.6.2000 – XI ZR 322/98, MDR 2000, 1259 = ZIP 2000, 1523 f.), auf die der Senat wegen der Einzelheiten Bezug nimmt, unterliegt ein zu einem Kreditvertrag erklärter Schuldbeitritt als Finanzierungshilfe dem gegenständlichen Anwendungsbereich von § 1 Abs. 2 VerbrKrG.

b) Der Beklagte untersteht dem persönlichen Schutzbereich von § 1 Abs. 1 VerbrKrG a.F., da für das rechtliche Schicksal der Beitrittserklärungen allein die Verhältnisse des Beklagten maßgebend sind, insb. ohne Belang bleibt, dass...

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