Leitsatz (amtlich)

1. Der Antrag auf Ordnungsmittelfestsetzung stellt eine Vollziehung im Sinne des § 929 Abs. 2 ZPO dar, deren Wirkung jedoch entfällt, wenn nicht innerhalb der Frist des § 929 Abs. 3 Satz 2 ZPO eine Zustellung der einstweiligen Verfügung erfolgt.

2. Die Bezeichnung eines Redakteurs im Impressum als Stellvertreter des Chefredakteurs "verantwortlich für Dresden und Region" reicht zur Benennung eines verantwortlichen Redakteurs im Sinne von § 6 Abs. 2 SächsPresseG nicht aus.

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Urteil vom 02.09.2016; Aktenzeichen 3 O 1542/16 EV)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des LG Dresden vom 2.9.2016 abgeändert und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

II. Der Verfügungskläger trägt die Kosten des Verfügungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 12.000,- EUR bis zum 15.11.2016 und auf 8500,- EUR ab diesem Zeitpunkt festgesetzt.

 

Gründe

I. (Von der Aufnahme des Tatbestandes wird abgesehen, §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 2, 542 Abs. 1 S. 2 ZPO.)

II. Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Wegen Nichteinhaltung der Vollziehungsfrist war das angefochtene Urteil gem. § 929 Abs. 2 ZPO aufzuheben (1.). Die Feststellung der Erledigung kann der Verfügungskläger (Kl.) nicht verlangen (2.).

1. Die Beklagten berufen sich zu Recht auf den Ablauf der Vollziehungsfrist. Gemäß § 936 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 929 Abs. 2 ZPO muss eine einstweilige Verfügung innerhalb eines Monats vollzogen werden. Ist die einstweilige Verfügung wie hier durch Urteil erlassen worden, beginnt die Frist mit der Urteilsverkündung (Vollkommer in: Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 929 Rn. 5), vorliegend mithin am 2.9.2016. Auch für eine auf Abdruck einer Gegendarstellung gerichtete einstweilige Verfügung gilt der sich aus § 929 Abs. 2 ZPO ergebende Grundsatz, dass sich ein Gläubiger, der in einem nur vorläufigen Eilverfahren einen Titel erwirkt hat, rasch entscheiden muss, ob er von diesem Titel Gebrauch machen will oder nicht (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.01.2014 - 6 U 118/13, juris-Rn. 19 m.w.N.). Die Kundgabe des Willens, von dem erstrittenen Titel Gebrauch zu machen, muss notwendigerweise vom Gläubiger ausgehen und dem Schuldner gegenüber erfolgen. Die Zustellung der Entscheidung von Amts wegen an den Schuldner, die hier am 6.9.2016 erfolgt ist, reicht daher für eine Vollziehung der einstweiligen Verfügung nicht aus. An der abweichenden Auffassung, die der Senat zuletzt im Beschluss vom 10.5.2007 (4 U 298/07n. v.) vertreten hat, hält er nicht mehr fest. Bei durch Beschluss erlassenen einstweiligen Verfügungen, die ein Verbot aussprechen, besteht der Akt der Willenskundgabe in deren Zustellung im Parteibetrieb (BGHZ 120, 73; OLG Karlsruhe aaO). Bei einer durch Urteil erlassenen einstweiligen Verfügung, wie sie hier vorliegt, ist die Parteizustellung dagegen nicht der einzige Weg zur fristgerechten Vollziehung. Dem Sinn und Zweck der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO, eine Vollziehung der einstweiligen Verfügung nach längerer Zeit und unter veränderten Umständen zu verhindern, ist vielmehr auch dann genügt, wenn der Verfügungskläger innerhalb der Vollziehungsfrist die Festsetzung von Ordnungsmitteln gegen den Verfügungsbeklagten beantragt oder eine formlose Abschrift im Parteibetrieb zustellt und damit von der einstweiligen Verfügung Gebrauch macht (BGH WRP 1989, 514 juris-Rn. 26 f. OLG Karlsruhe MDR 2006, 672).

Ein formloses Aufforderungsschreiben, wie es der Kläger den Beklagten am 6.9.2016 zugeleitet hat, genügt für den fristgerechten Beginn der Vollziehung indes nicht. Der Antrag auf Festsetzung von Ordnungsmitteln vom 6.9.2016 unterbrach zwar zunächst die Vollziehungsfrist, war jedoch gem. § 929 Abs. 3 S. 2 ZPO ohne Wirkung, nachdem der Kläger nicht innerhalb einer Woche eine Zustellung auch der einstweiligen Verfügung veranlasst hatte. Der fehlende Vollzug der einstweiligen Verfügung kann im Berufungsverfahren geltend gemacht werden. Auch wenn es sich bei dem Einwand, die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO sei versäumt, um einen solchen handelt, der grundsätzlich im Wege eines Antrages nach §§ 936, 927 Abs. 1 ZPO geltend zu machen ist, weil damit die Rechtmäßigkeit der Fortdauer der einstweiligen Verfügung, nicht aber die Rechtmäßigkeit ihrer Anordnung in Frage gestellt wird, ist allgemein anerkannt, dass dieser Einwand auch im Wege der Berufung als dem weiter gehenden Rechtsbehelf geltend gemacht werden kann (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 27.5.2013 - 1 U 23/12 -, Rn. 26, juris; Zöller-Vollkommer, aaO. § 927 Rn 21 m.w.N. Seitz/Schmidt, Der Gegendarstellungsanspruch, 4. Aufl. Rn 13.25). Ist aber eine einstweilige Verfügung aufzuheben, weil sie - wie hier - nicht innerhalb der in §§ 936, 929 Abs. 2, 3 S. 2 ZPO bestimmten Frist wirksam vollzogen wurde, ist diese als von Anfang an zu Unrecht ergangen anzusehen (OLG Düsseldorf JurBüro 2012, 322; OLG Karlsruhe WRP 1996, 120; OLG Hamm GRUR 1985, 84).

2. Auf einen anfänglichen Ma...

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