Leitsatz (amtlich)
1. An die konkludente Vereinbarung einer Betriebspflicht in einem Mietvertrag sind wegen des erheblichen Eingriffes in die Rechtsposition des Mieters strenge Anforderungen zu stellen, welche erfordern, dass ein tatsächliches Verhalten der Mietvertragsparteien vorliegen muss, das einen zweifelsfreien Schluss auf einen auf die Begründung einer Betriebspflicht gerichteten Rechtsbindungswillen zulässt. Die Vereinbarung einer Umsatzmiete genügt für die Annahme der konkludenten Vereinbarung einer Betriebspflicht nicht.
2. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Vermieter im Falle der Vereinbarung einer Umsatzmiete vom Mieter die Zahlung fiktiver Umsatzmiete verlangen kann, wenn der Mieter keinen Umsatz erzielt hat, ist durch Auslegung des Mietvertrages gemäß §§ 133, 157 BGB zu bestimmen.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 05 O 1800/22) |
Tenor
I. Auf die nach Teilrücknahme verbliebene Berufung der Beklagten wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 02.11.2023 (05 O 1800/22) in den Ziffern 1., 3. und 4. sowie in Bezug auf die Kostenentscheidung und den Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit abgeändert und die weitergehende Klage abgewiesen sowie die Widerklage als derzeit unbegründet abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
III. Die Klägerin trägt vorab die durch die Anrufung des unzuständigen Amtsgerichts Borna entstandenen Kosten. Von den Kosten des Rechtsstreites beider Instanzen im Übrigen tragen die Klägerin 1/4 und die Beklagte 3/4.
IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.
Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin, eine Stadt, nahm die Beklagte auf Räumung und Herausgabe von Gewerberäumen im Objekt Ausstellungspavillon Bergbaugeschichte auf dem Grundstück L... Straße 000 in Z.., gelegen am Kap Z... am Südufer des Z... Sees, sowie auf Zahlung fiktiver Umsatzmiete für den Zeitraum von Januar 2018 bis Dezember 2021 in Anspruch. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist davon aufgrund der teilweisen Rücknahme der Berufung durch die Beklagte nur noch der Zahlungsantrag. Die Beklagte begehrt mit der Widerklage von der Klägerin die Zahlung des Gebrauchswertes für die von ihr in die Gewerberäume eingebrachten Gegenstände.
In Z... wurde bis in das Jahr 1999 Kohle im Tagebaubetrieb abgebaut. Anstelle einer dort ursprünglich befindlichen Abraumförderbrücke wurde auf dem streitgegenständlichen Grundstück in der Nähe der Abbruchkante ein Pavillon errichtet, in welchem an die Bergbaugeschichte Z... erinnert werden sollte. Im Zusammenhang mit der aktiven Flutung des Bergbauloches zur Herstellung des Z... Sees schloss die Klägerin am 02.02.2007 einen Mietvertrag (Anlage K 9) mit der Z... See Gastronomie Betriebsgesellschaft mbH & Co. KG (im Folgenden: Altmieterin) über Räume im Ausstellungspavillon zum Betrieb einer gastronomischen Einrichtung sowie eines Kiosks. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses existierte vor Ort noch keine weitere Bebauung.
Das Mietverhältnis war zunächst vom 01.04.2006 bis zum 30.04.2011 befristet und gewährte der Mieterin eine Verlängerungsoption für fünfmal jeweils weiteren 5 Jahren (§ 12 des Mietvertrages). In § 9 des Mietvertrages wurde eine monatliche Nettokaltmiete von 300,00 EUR zuzüglich 2 % vom Nettoumsatz für die Räume sowie von 51,00 EUR für drei Garagen und eine Betriebskostenpauschale von 484,10 EUR vereinbart, welche jeweils spätestens bis zum 10. Werktag des folgenden Monats auf das angegebene Konto der Klägerin bei der Sparkasse Leipzig zu zahlen war (§ 10 des Mietvertrages). § 5 des Mietvertrages (Bauliche Änderungen durch den Mieter) enthält folgende Regelung:
"1. Bauliche Änderungen durch den Mieter, insbesondere Um- und Einbauten, Installationen, die Vergitterung der Fenster und die Herstellung und Veränderung von Feuerstätten, dürfen nur mit Einwilligung des Vermieters vorgenommen werden. Wird diese erteilt, so ist der Mieter für die Einholung der bauaufsichtsamtlichen Genehmigung verantwortlich und hat alle Kosten zu tragen.
2. Einrichtungen, mit denen der Mieter die Mieträume versehen hat, kann er wegnehmen. Der Mieter kann aber verlangen, dass diese bei Beendigung des Mietverhältnisses vom Vermieter übernommen werden. Der Vermieter wird in diesem Fall den Gebrauchswert (nach gutachterlicher Feststellung) an den Mieter zahlen. Mieter und Vermieter haben sich so rechtzeitig zu erklären, dass Vereinbarungen hierüber noch vor der Räumung getroffen werden können. Übernimmt der Vermieter solche Einrichtungen, egal aus welchem Grund (also auch in dem Fall, wenn es der Mieter nicht verlangt), nicht, wird er selbst bis zum Vertragsablauf (nach Beräumung durch den Mieter) den früheren...