Leitsatz (amtlich)

1. Entscheidungen, mit denen der Versorgungsausgleich nach § 2 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes zur Überleitung des Versorgungsausgleichs auf das Beitrittsgebiet (VAÜG) ausgesetzt wird, sind nicht mit der befristeten Beschwerde nach § 621e ZPO, sondern mit einfacher Beschwerde anfechtbar. Das gilt auch, wenn die Aussetzung im Verbundurteil erfolgt.

2. Bei einer Beschwerde gegen die Aussetzung des Versorgungsausgleichs ist es dem Rechtsmittelgericht verwehrt, eine Sachentscheidung zu treffen. Vielmehr ist bei fehlerhafter Aussetzung das Verfahren zur Durchführung des Versorgungsausgleichs an das FamG zurückzuverweisen.

3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens bestimmt sich in diesen Fällen nicht nach § 17a GKG, sondern nach § 12 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO.

 

Verfahrensgang

AG Chemnitz (Aktenzeichen 1 F 1141/99)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte wird die Entscheidung unter Nr. 2 des Endurteils des Amtsgerichtes – FamG – Chemnitz vom 9.8.2001 aufgehoben. Das Verfahren wird zur Entscheidung in der Sache an das FamG zurückverwiesen.

2. Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis zu 600 DM.

 

Gründe

I. Auf den am 14.8.2000 zugestellten Scheidungsantrag des Antragstellers hin hat das AG – FamG – Chemnitz mit Endurteil vom 9.8.2001 die am 6.9.1980 geschlossene Ehe der Parteien geschieden und gleichzeitig – unter Nr. 2 des Tenors – den Versorgungsausgleich ausgesetzt.

Beide Ehegatten lebten und leben im Gebiet der neuen Bundesländer. In der gesetzlichen Rentenversicherung haben sie daher Anwartschaften erworben, denen Entgeltpunkte (Ost) zugrunde liegen. Diejenigen des Antragstellers sind höher als diejenigen der Antragsgegnerin. Sie hat aber noch eine Anwartschaft aus einer privaten Rentenversicherung.

Gegen die Aussetzung des Versorgungsausgleichs richtet sich die Beschwerde der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte. Sie verweist darauf, dass die Antragsgegnerin Rentnerin ist und deshalb der Versorgungsausgleich durchzuführen sei.

II. Die Beschwerde ist – als einfache Beschwerde – zulässig und begründet. Allerdings führt sie nur zur Aufhebung der Aussetzung. Zur Sachentscheidung bleibt das FamG berufen.

1.1. Die Vorschriften des § 621e ZPO, auf deren entsprechende Anwendung § 629a Abs. 2 S. 1 ZPO verweist, wenn ein Urteil nur insoweit angefochten werden soll, als darin über eine Folgesache der in § 621 Abs. 1 Nr. 6 bezeichneten Art erkannt ist, sind hier nicht anzuwenden. Denn sie gelten nach § 621e Abs. 1 ausschließlich für die Anfechtung von Endentscheidungen. Darunter fallen grundsätzlich nur solche Entscheidungen, die das Verfahren in der Instanz ganz oder in Teilen endgültig abschließen. Die Aussetzung eines Verfahrens bedeutet demgegenüber nur eine vorläufige Regelung, mit der das Verfahren in der Instanz nur aufgeschoben, aber nicht abgeschlossen wird. Das gilt auch für eine Aussetzung des Versorgungsausgleiches nach § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG. Denn in den Abs. 2 und 3 des § 2 VAÜG ist ausdrücklich geregelt, unter welchen Voraussetzungen das ausgesetzte Versorgungsausgleichsverfahren wieder aufzunehmen ist, und dass in jedem Fall die Durchführung des Versorgungsausgleiches in dem zunächst ausgesetzten Verfahren und nicht etwa in einem neu einzuleitenden gesonderten Verfahren zu erfolgen hat.

Somit sind die Vorschriften des § 621e ZPO auf eine Beschwerde gegen die Aussetzung des Versorgungsausgleiches nicht anwendbar (ebenso OLG Brandenburg v. 2.10.1995 – 10 UF 61/95, OLGR Brandenburg 1996, 43 = FamRZ 1996, 496 f. [497] und dem zustimmend Zöller/Philippi, 22. Aufl., Rz. 8 zu § 621e ZPO und Baumbach/Albers, 59. Aufl., Rz. 9 zu § 621e).

Dem steht nicht entgegen, dass die Aussetzung hier in einem Endurteil erfolgt ist, in dem gleichzeitig die Scheidung ausgesprochen wurde. Denn richtigerweise handelt es sich lediglich um ein Teil-Endurteil, weil eine Sachentscheidung über den Versorgungsausgleich noch nicht getroffen wurde.

1.2. Daraus folgt allerdings nicht ohne weiteres, dass Statthaftigkeit der Beschwerde und Beschwerdeberechtigung sich nach den §§ 19 Abs. 1, 20 FGG richten würden. Als Rechtsgrundlage könnte insoweit stattdessen § 252 ZPO in Betracht kommen. Nach dieser Vorschrift findet gegen eine Entscheidung, durch die aufgrund der Vorschriften dieses Titels oder aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen die Aussetzung des Verfahrens angeordnet oder abgelehnt wird, Beschwerde, im Falle der Ablehnung sofortige Beschwerde statt.

Das sechste Buch der Zivilprozessordnung enthält zwar besondere Vorschriften für das Verfahren in Familiensachen, schließt aber die Anwendung der im ersten Buch enthaltenen allgemeinen Vorschriften (§§ 1 bis 252 ZPO) keineswegs generell aus. Soweit im sechsten Buch das Verfahren in Familiensachen geregelt ist, wird wiederum in den einzelnen Abschnitten nach der Art der Verfahren unterschieden. Während der erste Abschnitt allge...

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