Leitsatz (amtlich)
1. Die Voraussetzungen einer Beschwerde gegen die Aussetzung eines Versorgungsausgleichs gem. § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG bestimmen sich weder nach § 621e i.V.m. § 517 ZPO noch nach § 252 (n.F.) ZPO, sondern nach § 19 FGG; die Aussetzungsentscheidung ist daher ohne Beschwerdefrist anfechtbar.
2. Gegenstand eines solchen Beschwerdeverfahrens ist allein die verfahrensrechtliche Zulässigkeit der Aussetzung; die Beschwerdeentscheidung ist daher auf die Aufhebung des angegriffenen Beschlusses beschränkt, während die - erstmalige - Sachentscheidung dem Ausgangsgericht vorbehalten bleibt.
Verfahrensgang
AG Riesa (Beschluss vom 12.09.2003; Aktenzeichen 3 F 0337/02) |
Tenor
Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 3) vom 17.11.2003 wird der Beschluss des AG - FamG - Riesa vom 12.9.2003 - 3 F 337/02 - aufgehoben.
Das Verfahren wird zur Durchführung des Versorgungsausgleichs zwischen den Beteiligten an das AG zurückverwiesen.
Gründe
1. Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Mit dem angegriffenen Beschluss hat das AG das zuvor abgetrennte Versorgungsausgleichsverfahren mit der Begründung ausgesetzt, die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 1 VAÜG seien nicht gegeben. Dem lagen folgende Auskünfte der Versorgungsträger zugrunde: Die Antragstellerin hat in der Ehezeit angleichungsdynamische Anrechte i.H.v. 60,79 Euro erworben. Daneben verfügt sie über eine private Rentenversicherung mit einem ehezeitlichen Deckungskapital von 70,10 Euro, aus dem das AG eine (regeldynamischen Grundsätzen folgende) Rentenanwartschaft von 0,33 Euro ermittelt hat. Dem stehen angleichungsdynamische Anrechte des Antragsgegners von 31,58 Euro und regeldynamische Anwartschaften i.H.v. 8,79 Euro gegenüber. Unstreitig bezieht der Antragsgegner, wie sich bereits aus der Begründung des Scheidungsantrags ergibt, eine Erwerbsunfähigkeitsrente.
Die angesichts dieser Sachlage von der weiteren Beteiligten zu 3 eingelegte Beschwerde gegen den ihr am 4.11.2003 zugestellten Aussetzungsbeschluss ist zulässig und hat auch insoweit vorläufig Erfolg, als die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur Durchführung des Versorgungsausgleichs an das AG zurückzuverweisen ist.
2. Der Rechtsbehelf ist zulässig, insb. mit dem Eingang der Beschwerdeschrift beim OLG am 21.11.2003 rechtzeitig eingelegt. Entgegen der Beschwerdeschrift bestimmt sich dies allerdings nicht nach § 621e i.V.m. § 517 (früher § 516) ZPO. Denn die dort vorgesehene Beschwerde ist nur für Endentscheidungen, u.a. im Fall des § 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO, eröffnet, also für die Instanz ganz oder teilweise abschließende, im Zivilprozess deshalb als Endurteil (§ 300 ZPO) ergehende Entscheidungen (vgl. Zöller/Philippi, 24. Aufl. 2004, § 621e ZPO Rz. 1 m.w.N.). Dazu zählen Zwischenentscheidungen wie die Aussetzung eines Verfahrens - auch im Falle des § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG - gerade nicht (vgl. OLG Brandenburg v. 2.10.1995 - 10 UF 61/95, OLGReport Brandenburg 1996, 43 = FamRZ 1996, 496; zustimmend Zöller/Philippi, 24. Aufl. 2004, § 621e ZPO Rz. 9; Finger in MünchKomm, 2. Aufl. 2000, § 621e ZPO Rz. 6).
Grundlage der Beschwerde ist vielmehr - über die Verweisung des § 621a Abs. 1 ZPO - die in § 19 FGG getroffene Regelung, die eine unbefristete Beschwerde ermöglicht. Das Verfahren zur Durchführung des Versorgungsausgleichs ist grundsätzlich ein solches der freiwilligen Gerichtsbarkeit, auf das die Vorschriften des FGG anwendbar sind, soweit diese nicht durch Vorschriften der ZPO ersetzt sind (vgl. § 621a Abs. 1 S. 2 ZPO) oder in den §§ 621 ff. ZPO eine abweichende Sonderregelung erfahren haben. Erweist sich dabei, dass das FGG Regelungslücken enthält, mag es im Einzelfall geboten sein, auch außerhalb der das FGG ausdrücklich modifizierenden Normen der ZPO auf allgemeine zivilverfahrensrechtliche Grundsätze zurückzugreifen, soweit das FGG ihrer ergänzenden Anwendung Raum lässt (Weber in Keidel/Kuntze/Winkler, 15. Aufl. 2003, vor §§ 53b ff. FGG Rz. 7); so hat etwa der BGH den Aussetzungstatbestand für den Fall des Todes eines Verfahrensbeteiligten den §§ 239 ff. ZPO entnommen (BGH v. 15.2.1984 - IVb ZB 577/80, MDR 1984, 829 = FamRZ 1984, 467 [469]). Das zwingt indes nicht etwa dazu, bei jeder Aussetzung eines Versorgungsausgleichsverfahrens das hiergegen gegebene Rechtsmittel § 252 ZPO zu entnehmen, wie dies der 22. Familiensenat des OLG Dresden einmal erwogen hat (OLG Dresden v. 8.11.2001 - 22 UF 563/01, OLGReport Dresden 2002, 299 = FamRZ 2002, 1053 [1054] wo die Rechtsfrage allerdings offen gelassen werden konnte, weil § 252 ZPO a.F. im Gegensatz zu der seit 1.1.2002 geltenden Gesetzeslage gegen eine positive Aussetzungsentscheidung - wie § 19 FGG - die unbefristete Beschwerde eröffnete).
Denn die Verfahrensaussetzung ist ein dem FGG - auch und gerade in Versorgungsausgleichssachen - durchaus geläufiges Rechtsinstitut, wie etwa § 53c FGG belegt; nach dieser Vorschrift ergangene Aussetzungsentscheidungen sind unstreitig nach Maßgabe von § 19 FGG ohne Frist anfechtbar (vgl. Weber in Keidel/Kuntze/Winkle...