Entscheidungsstichwort (Thema)
Mehrkosten des Auslandsaufenthalts eines Gymnasiasten
Leitsatz (amtlich)
An den Mehrkosten des Auslandsaufenthalts eines Gymnasiasten muss sich der Barunterhaltspflichtige Elternteil, mangels vorherigen Einverständnisses, nur dann beteiligen, wenn der Auslandsaufenthalt als angemessene Ausbildung sachlich begründet und auch wirtschaftlich zumutbar ist.
Ein einjähriger Studienaufenthalt im Ausland, der nicht auf die Schulzeit angerechnet wird und diese verlängert, kommt deshalb gegen den Willen des Barunterhaltspflichtigen Elternteils nur bei weit überdurchschnittlichen finanziellen Verhältnissen in Betracht.
Normenkette
BGB § 1610 Abs. 1, § 1613 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Chemnitz (Aktenzeichen 2 F 0449/05) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der am ...1988 geborene Kläger ist Gymnasialschüler und hat nach Abschluss der 10. Klasse in der Zeit vom 6.9.2004 bis zum 1.7.2005 einen Studienaufenthalt an dem ...-College in England absolviert. Seit September 2005 lebt er wieder im Haushalt seiner Mutter in ... und besucht die 11. Gymnasialschulklasse.
Der Kläger hat den Beklagten erstinstanzlich im Wege der Stufenklage, für die Zeit ab 1.7.2005 im Wege der Abänderungsklage, auf Zahlung laufenden monatlichen Unterhalts in Anspruch genommen sowie von dem Beklagten die teilweise Erstattung der ihm durch den Auslandsaufenthalt entstandenen Mehrkosten in Höhe eines Betrages von 2.330 EUR als Sonderbedarf, hilfsweise als erhöhten Mehrbedarf begehrt.
Das FamG hat mit Teilurteil vom 6.7.2005 der Klage auf laufenden monatlichen Unterhalt, soweit sie bereits beziffert war, stattgegeben und die Klage auf Zahlung eines Sonderbedarfs, hilfsweise Mehrbedarfs abgewiesen. Zur Begründung hat das FamG ausgeführt, der Beklagte brauche sich an den Mehrkosten für den Auslandsaufenthalt nicht zu beteiligen, weil die Zusatzgualifikation durch einen Auslandsaufenthalt nicht zur angemessenen Schul- und Berufsausbildung des Klägers gehöre und der Beklagte dem Auslandsaufenthalt im Rahmen der gemeinsamen Sorge auch nicht zugestimmt habe.
Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen die Abweisung seines Antrages auf Erstattung des als Sonderbedarf, hilfsweise erhöhten Mehrbedarf geltend gemachten Betrags i.H.v. 2.330 EUR.
Der Kläger trägt vor, seine Mutter sei für ihn allein sorgeberechtigt. Der Beklagte habe daher dem Auslandsaufenthalt nicht zustimmen müssen. Das FamG habe zu Unrecht angenommen, der Auslandsaufenthalt gehöre nicht zu seiner angemessenen Schul- und Berufsausbildung. Er beabsichtige nach dem Schulabschluss eine Ausbildung als Ingenieur für Luft- und Raumfahrt aufzunehmen. Wegen der auf diesem Gebiet vorgegebenen internationalen Standards und der Globalisierung von Forschung und technischer Weiterentwicklung sei der Aufenthalt in England ein wesentlicher Zwischenschritt für die spätere berufliche Entwicklung und für das beabsichtigte Studium existenziell erforderlich gewesen.
Der Beklagte beantragt die Berufung zurückzuweisen.
II. Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
Das FamG hat die Klage des von dem Kläger als Sonderbedarf, hilfsweise Mehrbedarf geltend gemachten Betrages von 2.330 EUR zu Recht abgewiesen.
Der Kläger kann von dem Beklagten nicht verlangen, dass dieser über den monatlich gezahlten Tabellenunterhalt hinaus einen Teil der für den Studienaufenthalt des Klägers an dem ...-College in England in der Zeit vom 6.9.2004 bis 1.7.2005 angefallenen Kosten trägt.
Die Kosten des Studienaufenthalts i.H.v. insgesamt 6.990 EUR, die der Veranstalter ausweislich des Reisevertrages für Schulgeld, Unterkunft/Verpflegung, Versicherungsschutz und Betreuung während des gesamten Aufenthalts sowie einmalige Leistungen, wie den Einführungskurs vor Ort und den Abholservice bei Ankunft berechnet hat, übersteigen den angemessenen Ausbildungsbedarf des Klägers und sind von dem Beklagten deshalb auch nicht teilweise zu übernehmen.
Das gilt unabhängig davon, ob die Ausbildungskosten als Sonderbedarf gem. § 1613 Abs. 2 Ziff. 1 BGB (OLG Karlsruhe v. 22.3.1988 - 18 UF 161/87, FamRZ 1988, 1091 - Flugreisekosten im Rahmen eines Schüleraustausches) oder als zeitweise erhöhter laufender Bedarf gem. §§ 1601, 1610 BGB (BGH v. 26.2.1992 - XII ZR 97/91, FamRZ 1992, 1064; OLG Hamm FamRZ 1994, 181; OLG Naumburg v. 19.5.2003 - 8 WF 34/03, OLGReport Naumburg 2004, 78, jeweils zu den Kosten eines Auslandsstudiums; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 9. Aufl., Rz. 283, zu Schüleraustauschkosten für einen mehrmonatigen Auslandsaufenthalt) geltend gemacht werden.
Der Kläger verweist zwar zu Recht darauf, dass der Verpflichtung zur Kostenbeteiligung nicht schon das fehlende Einverständnis des Beklagten mit dem Auslandsaufenthalt entgegensteht, weil die allein sorgeberechtigte Mutter gem. § 1631 BGB berechtigt war, den Ausbildungsweg des Klägers eig...