Leitsatz (amtlich)
1. Die Parteien eines Mietvertrags vereinbaren eine sogenannte echte Quadratmetermiete, wenn sie im Mietvertrag festlegen, dass sich die Miete aus der Größe des Mietobjekts in Quadratmetern multipliziert mit einem pro Quadratmeter zu zahlenden Mietpreis ergibt (Festhaltung Senat NZM 2015, 697).
2. Ist eine echte Quadratmetermiete vereinbart, dann bestimmt sich der Betrag der geschuldeten Miete unmittelbar auf der Grundlage der tatsächlichen Fläche, ohne dass es dabei entscheidend auf die Frage ankommt, ob die dem Mieter nachteilige Flächenabweichung unmittelbar zu einer Reduzierung der Miete führt oder ein Mangel des Mietobjektes i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB auch unterhalb einer Flächenabweichung von 10% angenommen wird (Fortführung Senat NZM 2015, 697).
3. Führt eine dem Mieter nachteilige Flächenabweichung bei Vereinbarung einer echten Quadratmetermiete zu einer Reduzierung der Miete, sind regelmäßig auch die Voraussetzungen des benannten Regelbeispiels für eine außerordentliche Kündigung in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB erfüllt. Sowohl bei der Minderung nach § 536 Abs. 1 BGB als auch bei der außerordentlichen Kündigung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB kommt es auf die Wesentlichkeit der Gebrauchsbeeinträchtigung an (Anschluss BGH NJW 2005, 2152).
Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen 6 O 1863/15) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 15.11.2018 (6 O 1863/15) abgeändert.
Die Klage und die Widerklage werden abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin werden zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreites tragen in I. Instanz die Klägerin 94 % und die Beklagte 6 % sowie im Berufungsverfahren die Klägerin 92 % und die Beklagte 8 %.
4. Das Urteil ist in Bezug auf die Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 19.130,72 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten aus einem inzwischen beendeten Mietverhältnis über Gewerberäume im Erdgeschoss und im Keller des Anwesens B......straße × in D...... die Zahlung rückständiger Miete für den Zeitraum April 2011 bis August 2012 und eine Nachzahlung aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2010, während die Beklagte mit ihrer Widerklage die Auszahlung der von ihr geleisteten Kaution verlangt.
Die Parteien schlossen am 01.08.2008 einen Mietvertrag (Anlage K 1) über das streitgegenständliche Objekt zum Betrieb eines Cafés. Das Mietverhältnis sollte danach vom 20.08.2008 bis zum 31.05.2014 laufen, während die Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses am 01.12.2008 beginnen sollte. In § 1 Nr. 1 des Mietvertrages (Mietobjekt) war geregelt:
"Die vermietete Fläche beträgt insgesamt ca. 177 m2.
Die Mietfläche ist in den als Anlage 1 beigefügten Grundrissen rot markiert. Diese Lagepläne sind Bestandteil des Mietvertrages."
Als monatliche Nettokaltmiete war im Wege der Staffelmiete ab dem 01.12.2008 ein Betrag von 885,00 EUR und ab dem 01.08.2011 ein Betrag von 1.239,00 EUR jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart. Ferner hieß es in § 4 des Mietvertrages (Mietzins) unter Ziffer 3.:
"Für die Berechnung der Kaltmiete wird die in § 1 angegebene Mietfläche als verbindlich und zutreffend zugrunde gelegt."
Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses standen die vermieteten Räumlichkeiten noch nicht in der in § 1 Nr. 1 des Mietvertrages dargestellten Form zur Verfügung. Es mussten noch Baumaßnahmen ausgeführt werden, die in § 8 des Mietvertrages näher geregelt waren, nämlich dort in Nr. 2 für die Klägerin als Vermieterin und in Nr. 3 für die Beklagte als Mieterin. In § 1 des Mietvertrages (Mietobjekt) war dazu unter Nr. 2 geregelt:
"Die Mieträumlichkeiten stehen derzeit noch nicht in der in Ziffer 1 dargestellten Form zur Verfügung, da noch einzelne Baumaßnahmen notwendig sind, die in § 8 Ziffer 2 und 3 dieses Vertrages näher geregelt sind. Die Parteien sind deshalb darüber einig, dass der Vermieter, seine Erfüllungsgehilfen sowie vom Vermieter befugte Dritte berechtigt sind, während der Baumaßnahmen gemäß § 8 Ziff. 2 und 3 dieses Vertrages, längstens jedoch bis zum 30.11.08, die betroffenen Flächen zu betreten."
Die Beklagte zahlte gemäß § 6 des Mietvertrages eine Kaution in Höhe von 1.500,00 EUR an die Klägerin.
Mit dem Einschreiben vom 11.04.2011 (Anlage K 2) kündigte die Beklagte das Mietverhältnis außerordentlich zum 30.06.2011. Zur Begründung führte sie aus, die an sie überlassene Mietfläche habe lediglich eine Größe von 154,175 m2, was eine Minderfläche von 12,9 % gegenüber der im Mietvertrag enthaltenen Fläche von 177 m2 bedeute. Die Fortsetzung des Mietvertrages sei deshalb für sie unzumutbar. Wegen der Berechnung der Mietfläche stützte sich die Beklagte auf die Mietflächenbestimmung nach DIN 277 des öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs J...... H...... aus D...... vom 16.03.2011 (Anlage B 2). Die Klägerin wies die außerordentliche Künd...