Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaftsherausgabe. DDR-Erbrecht
Leitsatz (redaktionell)
Die DDR ist mit dem Wirksamwerden des Beitritts zur Bundesrepublik Deutschland als Rechtssubjekt ersatzlos untergegangen. Weder die Bundesrepublik Deutschland noch die neuen Bundesländer sind als deren Gesamtrechtsnachfolger anzusehen, so dass insoweit eine pauschale Haftungsübernahme nicht in Betracht kommt.
Normenkette
ZGB DDR § 33; ZGB DDR § 356; EGBGB Art. 232 § 1; BGB § 2039
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Urteil vom 05.10.2000; Aktenzeichen 1 O 1366/00) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz, 1. Zivilkammer, vom 05.10.2000, Az: 1 O 1366/00, abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreites.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.300,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Den Parteien wird nachgelassen, die Sicherheit in Form einer unbedingten, unbefristeten und unwiderruflichen selbstschuldnerischen Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen inländischen Kreditinstitutes zu erbringen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 21.453,53 DM.
Der Wert der Beschwer des Klägers beträgt 21.453,53 DM.
Der Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger macht gegen die Beklagte Zahlungsansprüche in Höhe von 21.453,53 DM nebst Zinsen aus einer Erbschaft geltend.
Der Kläger ist Miterbe der aus den sechs im Urteilstenor des Landgerichts näher bezeichneten Personen bestehenden Erbengemeinschaft nach H … R … S …, die am 27.11.1981 in … Stadt verstorben ist.
Die Erblasserin hinterließ Sparguthaben, Schmuck und Bargeld im Wert von 42.907,06 M/DDR, mithin umgerechnet von 21.453,53 DM.
Sämtliche durch das Staatliche Notariat … -Stadt ermittelten Erben schlugen die Erbschaft aus. Hinsichtlich weiterer unbekannter Erben ordnete das Staatliche Notariat … Stadt mit Beschluss vom 18.01.1982 eine Nachlasspflegschaft an. Auch die nach diesem Zeitpunkt ermittelten Erben schlugen die Erbschaft aus.
Mit Beschluss vom 17.06.1983 des Staatlichen Notariats … – … -Stadt, der öffentlich an der Notariatstafel ausgehängt wurde, wurden alle weiteren erbberechtigten Personen aufgefordert, ihr Erbrecht bis zum 01.10.1983 anzumelden.
Durch Erbschein vom 06.10.1983 wurde die DDR als Erbe ausgewiesen.
Dieser Erbschein vom 06.10.1983 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Chemnitz vom 11.03.1994 als unrichtig eingezogen.
Am 30.06.1994 wurde durch das Amtsgericht Chemnitz ein Erbschein nach H … R … S … zu Gunsten von H … W …, G … W …, K … W …, L … Z … und K … W … ausgestellt.
Mit Erbschein vom 21.11.1995 wurden I … I … W … und der Kläger als Erben nach C … H … W …, verstorben am 20.10.1995, festgestellt.
Der ursprüngliche Miterbe K … W …, verstorben am 08.09.1987, wurde von seiner Ehefrau L … W … allein beerbt.
Während der Kläger die Ansicht vertreten hat, die Beklagte sei Rechtsnachfolgerin der DDR und gemäß Art. 23 des Einigungsvertrages sowie in Anwendung des Rechtsgedankens des § 419 BGB verpflichtet, den aufgrund des fehlerhaft festgestellten Fiskalerbrechtes der DDR zugeflossenen Betrag an den Kläger und die im Klageantrag benannten weiteren Mitglieder der Erbengemeinschaft herauszugeben, hat die Beklagte sich auf den Standpunkt gestellt, dass die Beklagte weder Gesamtrechtsnachfolgerin der DDR sei, noch eine gesetzliche Vorschrift existiere, die die Beklagte zum Wertersatz verpflichte.
Die Beklagte hat hilfsweise mit einem Betrag in Höhe von DM 8.478,02 gegen den Klageanspruch die Aufrechnung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten und der erstinstanzlichen Anträge der Parteien wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es darauf verwiesen, dass sich die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Chemnitz aus § 27 Abs. 1 ZPO ergebe. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch stehe dem Kläger gemäß §§ 33 Abs. 2, 356 ZGB/DDR, Art. 232 § 1 EGBGB i.V.m. Art. 23 Abs. 1 und 2 Einigungsvertrag, § 2039 BGB zu, da die frühere DDR unrechtmäßige Erbschaftsbesitzerin gewesen sei und die streitgegenständlichen Verbindlichkeiten gemäß Art. 23 Abs. 1 des Einigungsvertrages nach Untergang der DDR als Rechtssubjekt auf die Beklagte übergegangen seien. Die Beklagte sei auch nicht entreichert. Die durch die Beklagte geltend gemachte Eventualaufrechnung greife mangels Gegenseitigkeit der zur Aufrechnung gestellten Forderung nicht durch.
Gegen das am 09.10.2000 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 03.11.2000 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.
Zu Unrecht stütze das Landgericht sein Urteil de facto auf die Behauptung, dass die BRD als Gesamtrechtsnachfolgerin in die Schulden des Staatshaushaltes der früheren DDR eingetreten und daher verpflichtet sei, Ersatz zu leisten.
Tatsächlich sei die Bundesrepublik Deutschland keineswegs Gesamtrechtsnachfolgerin der DDR. Es gebe keine al...