Leitsatz (amtlich)
1. Die nach den Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerkes unzulässige Unterstützung von Hassorganisationen liegt nicht bereits im kommentarlosen Posten eines Bildes, das Symbole einer solchen Hassorganisation zeigt.
2. Die Auslegung von Posts in einem sozialen Netzwerk hat unter Berücksichtigung anderer, im zeitlichen und räumlichen Zusammenhang der Seite stehender Äußerungen zu erfolgen.
3. Ein Klageantrag auf Feststellung, dass die Sperrung oder Löschung einzelner Posts auf einem sozialen Netzwerk rechtswidrig war, ist unzulässig.
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Aktenzeichen 2 O 1358/18 (2)) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts Chemnitz vom 16.07.2020 - Az.: 2 O 1358/12 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, den Kläger für das Einstellen folgenden Bildes
((Abbildung))
auf www.XXX.com erneut zu sperren oder den Beitrag zu löschen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wird ihr ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft angedroht, Ordnungshaft zu vollziehen an den Vorständen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Daten des Klägers dahingehend zu berichtigen, dass das Vorliegen eines Verstoßes gegen die Nutzungsbedingungen durch den am 22.08.2018 gelöschten Beitrag aus dem Datensatz gelöscht wird und der Zähler, der die Zahl der Verstöße erfasst, um einen Verstoß zurückgesetzt wird.
3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 527,17 EUR freizustellen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz tragen der Kläger 48 % und die Beklagte 52 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung in Höhe von jeweils 120 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 15.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. (abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2; 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO)
Der Kläger, der bei der Beklagten ein privates Nutzerkonto unterhält, macht Ansprüche im Zusammenhang mit der Entfernung einer von ihm geposteten Fotografie am 22.08.2018 geltend. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Nach Klageabweisung durch das Landgericht verfolgt der Kläger unter Aufrechterhaltung seiner erstinstanzlichen Argumente wegen derer ebenfalls auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen wird, seine ursprünglichen Klageziele vollumfänglich weiter.
Er beantragt,
1. Das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 16.07.2020, Az. 2 O 1358/12, wird abgeändert.
2. Es wird festgestellt, dass die am 22.08.2018 vorgenommene Sperrung des Profils des Klägers (https://www.XXX.com/m...g...xx) auf www.XXX.com rechtswidrig war.
Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht das Feststellungsinteresse verneinen sollte:
Die Beklagte wird verurteilt, die Daten des Klägers dahingehend zu berichtigen, dass das Vorliegen eines Verstoßes gegen die Nutzungsbedingungen durch den am 22.08.2018 gelöschten Beitrag aus dem Datensatz gelöscht wird und der Zähler, der die Zahl der Verstöße erfasst, um einen Verstoß zurückgesetzt wird.
3. Der Beklagten wird aufgegeben, den nachfolgend wiedergegebenen, am 22.08.2018 gelöschten Beitrag des Klägers wieder freizuschalten.
((Abbildung))
4. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, den Kläger für das Einstellen des in Ziffer 3. gezeigten Bildes auf www.XXX.com erneut zu sperren oder den Beitrag zu löschen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wird ihr Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft angedroht, Ordnungshaft zu vollziehen an den Vorständen.
5. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen, ob die Sperre gemäß Ziffer 2. durch ein beauftragtes Unternehmen erfolgt, und in letzterem Fall, durch welches.
6. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen, ob sie konkrete oder abstrakte Weisungen, Hinweise, Ratschläge oder sonst irgendwelche Vorschläge von der Bundesregierung oder nachgeordneten Dienststellen hinsichtlich der Löschung von Beiträgen und/oder Sperrung von Nutzern erhalten hat, und gegebenenfalls welche.
7. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 1.500,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.08.2018 zu zahlen.
8. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von Rechtsanwaltskosten
a) für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 597,74 EUR und
b) für die Einholung einer Deckungszusage für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 201,71 EUR und
c) für die Einholung einer Deckungszusage für die Klage in Höhe von 729,23 EUR
durch Zahlung an die Kanzlei R. freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sa...