Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 04 O 2268/20) |
Tenor
I. Das Urteil des Landgerichts Dresden vom 03.03.2021 - Az. 4 O 2268/20 - wird auf die Berufung des Klägers im Kostenpunkt aufgehoben, im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.902,23 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.06.2020 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von brutto 316,85 EUR freizustellen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Beklagte.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf bis 7.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung ist weitestgehend begründet. Der Kläger kann von der Beklagten Zahlung des ausgeurteilten Betrags verlangen, lediglich in Höhe von 0,07 EUR hat die Berufung keinen Erfolg. Wegen der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten steht dem Kläger lediglich ein Freistellungsanspruch zu.
1. Die Beklagte ist verpflichtet, die pfändbaren Beträge auf dem Konto des Herrn B. F. (im Folgenden: Schuldner) in der ausgeurteilten Höhe an den Kläger auszuzahlen. Die Zahlungseingänge auf diesem Konto sind weitestgehend unstreitig und ergeben sich aus der Tabelle auf Seiten 3 und 4 der Klageschrift (GA 3 und 4). Lediglich den Erhalt der auf das Dezembergehalt geleisteten Zahlung in Höhe von 1.351,30 EUR hat die Beklagte bestritten und den Zugang nur in Höhe von 1.351,23 EUR zugestanden. Hinsichtlich des weitergehenden Betrags in Höhe von 0,07 EUR hat der beweispflichtige Kläger keinen Beweis angetreten. In diesem Umfang war folglich die Klage abzuweisen.
Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus dem Girokontovertrag des Schuldners in Verbindung mit §§ 80, 35, 36, 82 InsO. Nach § 80 InsO geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Gemäß § 35 Abs. 1 InsO fällt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt, in die Insolvenzmasse. Dazu gehören auch Forderungen wie hier die Forderung auf Auszahlung eines Kontoguthabens. Allerdings gehören Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gemäß § 36 Abs. 1 InsO nicht zur Insolvenzmasse, wobei unter anderem die §§ 850c und 850k ZPO entsprechende Anwendung finden.
2. Die vom Kläger herausverlangten Beträge sind im zuvor dargestellten Umfang pfändbar.
a) Hieran vermag der Zahlungseingang auf dem sog. Pfändungsschutzkonto (§ 850k ZPO) des Schuldners nichts zu ändern. Pfändungsfrei ist bei Guthaben auf einem Pfändungsschutzkonto des Schuldners gemäß § 850k Abs. 1 Satz 1 ZPO der monatliche Freibetrag nach § 850c Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 850c Abs. 2a ZPO (sog. Sockelbetrag). Dieser Sockelbetrag wird dem Schuldner quasi automatisch zur Sicherung seines Existenzminimums gewährt. Ohne Bedeutung ist dabei, auf welchen Gutschriften das geschützte Guthaben beruht. Der Pfändungsschutz knüpft nicht an die Art der Einkünfte an (BGH, Beschluss vom 10.11.2011 - VII ZB 64/10, Rn. 7, zit. nach juris).
§ 850k Abs. 2 Satz 1 ZPO sieht die Erhöhung dieses Sockelbetrags um weitere unpfändbare Beträge vor, wenn der Schuldner die Voraussetzungen dem Kreditinstitut i.S.v. § 850k Abs. 5 Satz 2 ZPO nachweist. Auf Antrag kann das Vollstreckungsgericht, in der Insolvenz des Schuldners das Insolvenzgericht, einen von den Absätzen 1, 2 Satz 1 Nr. 1 und Absatz 3 abweichenden pfändungsfreien Betrag festsetzen, § 850k Abs. 4 ZPO. Liegt ein solcher Nachweis oder eine solche Festsetzung nicht vor, verbleibt es bei der geringeren Pfandfreiheit des Sockelbetrags. Dass ein Mehrbetrag festgesetzt werden könnte, reicht dagegen, anders als die Beklagte annimmt, nicht aus.
b) Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners konnte die Beklagte nach § 82 Satz 1 InsO diesen nicht mehr mit befreiender Wirkung gegenüber der Insolvenzmasse über pfändbare Anteile des Guthabens auf dem Pfändungsschutzkonto verfügen lassen. Die in Streit stehenden Beträge waren pfändbar.
Nachdem die Beklagte Pfändungsfreiheit aus sonstigen Gründen nicht behauptet, kann sich ein über den Sockelbetrag hinausgehender pfändungsfreier Betrag nur aus dem Beschluss des Insolvenzgerichts vom 23.08.2017 ergeben. Das Amtsgericht hatte beschlossen:
"Die Sockel- und Mehrbeträge nach § 850 k Abs. 1, 2 ZPO auf dem vom Schuldner bei der Drittschuldnerin geführten Pfändungsschutzkonto (IBAN: xxx xx) werden gemäß §§ 36 InsO, 850k Abs. 4 ZPO abweichend festgesetzt. An die Stelle dieser Beträge tritt ab dem Monat Juli 2017 der Betrag, der dem unpfändbaren Arbeitseinkommen entspricht, das dem Schuldner von seinem Arbeitge...