Leitsatz (amtlich)
1. Für die infolge eines Behandlungsfehlers notwendige Entfernung und Neueinsetzung zweier Zahnimplantate ist ein Schmerzensgeld von 3.000,00 EUR ausreichend.
2. Dem Zahnarzt steht grundsätzlich nach der fehlerhaften Eingliederung von Zahnersatz ein Nachbesserungsrecht zu, dass Ansprüche auf materiellen oder immateriellen Schadenersatz ausschließt.
3. Eine solche Nachbesserung ist allerdings unzumutbar, wenn die zahnärztliche Leistung vollständig unbrauchbar ist; dies ist auch dann der Fall, wenn ihr Verbleib mit einem dauerhaft deutlich erhöhten Entzündungsrisikos verbunden wäre.
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Aktenzeichen 4 O 1222/18) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin - unter ihrer Zurückweisung im Übrigen - wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 14.06.2019 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin 3.000,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25.11.2017 zu zahlen.
2. Die Beklagten werden weiter verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 958,19 EUR freizustellen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche weiteren entstandenen und künftig noch entstehenden materiellen Schäden, welche aus der fehlerhaften Behandlung der Klägerin durch die Beklagten in der Zeit vom 05.12.2012 bis 21.10.2013 entstanden sind, zu ersetzen, soweit diese nicht auf Dritte, insbesondere Sozialversicherungsträger, übergegangen sind.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt die Klägerin 57 % und tragen die Beklagten 43 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 52 % und tragen die Beklagten 48 %.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages erbringt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 27.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Zahlung eines Schmerzensgeldes, die Freistellung von der Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für vergangene und zukünftige materielle Schäden aufgrund einer zahnmedizinischen Implantatbehandlung in der Zeit vom 05.12.2012 bis 21.10.2013.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlichen Antragstellung wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Chemnitz vom 14.06.2019 Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 14.06.2019 die Beklagten verurteilt, an die Klägerin 3.000,00 EUR nebst Zinsen zu zahlen und die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 573,94 EUR freizustellen sowie im Übrigen die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Implantate 25 und 26 seien behandlungsfehlerhaft in mesio-distaler Richtung zu eng zueinander eingebracht worden. Auch sei eine Abweichung von der idealen Lage festzustellen und die Implantatlänge zumindest grenzwertig. Bezüglich der fehlerhaft eingebrachten Implantate 25 und 26 bestehe der Schaden in der Notwendigkeit zweier Eingriffe, nämlich der Entfernung der Implantate 25 und 26 sowie Neusetzung eines Implantates bei 24. Für die dargestellten Folgeeingriffe stehe der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,00 EUR zu. Weitere Schäden habe die Klägerin nicht bewiesen. Die Feststellungsklage sei mangels Feststellungsinteresse abzuweisen. Nach erfolgter Entfernung der Implantate 25 und 26 sowie Neusetzung eines Implantates bei 24 sei die Klägerin in der Lage gewesen, daraus resultierende materielle Schäden zu beziffern.
Die Klägerin verfolgt mit der von ihr form- und fristgerecht eingelegten sowie begründeten Berufung ihr erstinstanzliches Begehren - soweit die Klage abgewiesen worden ist - in vollem Umfang weiter. Die Kammer habe verkannt, dass die Implantate in regio 25 und 26 nach Auffassung des Sachverständigen nicht nutzbar seien, so dass auch der zugrunde liegende Implantationseingriff fehlerhaft und damit als schadensersatz- bzw. schmerzensgeldpflichtig zu bewerten sei. Unabhängig hiervon sei das Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,00 EUR wegen der Notwendigkeit zweier operativer Eingriffe und der hiervon ausgehenden Beschwerden aber auch nicht angemessen. Das Landgericht habe ferner nicht berücksichtigt, dass eine Feststellungsklage jedenfalls dann zulässig sei, wenn sich - wie hier - der Schaden zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht oder jedenfalls nicht ohne Durchführung einer aufwändigen Begutachtung beziffern lasse.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Chemnitz vom 14.06.2019
1. die Beklagte über den zuerkannten Betrag von 3.000,00 EUR hinaus zu verurteilen, ein weiteres, in das Erme...