Leitsatz (amtlich)
§ 6 Abs. 1 EnWG gilt nicht für Niederspannungsleitungen, die die Trafostation über die Hausanschlusssicherungen mit den im Zählraum befindlichen Zählern verbinden.
Diese stellen kein „Elektrizitätsversorgungsnetz” i.S.d. genannten Vorschrift dar. Dementsprechend lässt sich aus ihr auch kein Entgeltanspruch für die Nutzung ableiten, sondern allenfalls aus allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Vorschriften.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 1 HKO 6293/00) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichtes Leipzig, Kammer 1 für Handelssachen – Az: 1 HKO 6293/00 –, vom 31.5.2001 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 5.000 Euro abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Gebühren für die Durchleitung von Strom durch die Niederspannungsnetzanlage in dem Gebäudekomplex „Galerie” in Leipzig.
Die Beklagte ist ein örtliches Energieversorgungsunternehmen.
Am 27.4.1994 beantragte die Fa. B.-Bau GmbH als Bauherrin für das Objekt -Galerie unter Angabe des Nutzungszweckes als neu zu errichtendes Waren- und Geschäftshaus, Büro und Hotel die Errichtung eines Hausanschlusses und des Anschlusses an das öffentliche Elektroenergieversorgungsnetz.
Eigentümerin des Grundstückes ist die Fundus Baubetreuung Immobilien-Anlagen Nr. 29 KG (nachstehend „Fundus” genannt), die am 6.10.1994 bzw. 18.11.1994 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen wurde.
Am 8.9.1995 wurde zwischen der Bauherrin und der Beklagten ein Anschlussvertrag (Anlage B 7) abgeschlossen. Am 20.3.1996 erfolgte die Inbetriebnahme der neu errichteten Anschlussstation.
Nach Aufnahme der Stromversorgung schloss die Beklagte mit Fundus zwei Stromlieferverträge betr. die Abnehmer 1001 und 1002 ab, d.h. zum einen für die Versorgung der allgemeinen Haustechnik und zum anderen für die Tiefgarage. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 1.4./24.4.1996 (Anlage B 12, Bl. 318 dA) verwiesen.
Mit Schreiben vom 27.9.1999 (Anlage BB 9) kündigte Fundus diese Stromversorgungsverträge und teilte mit Schreiben vom 25.8.2000 mit (Anlage BB 9/2), dass die wegen der Stromlieferung anfallenden Rechnungen künftig an die E Vertriebsgesellschaft S, den Mutterkonzern der Klägerin, zu richten seien.
Am 23.2.2000 schloss Fundus mit der Klägerin einen Vertrag über die Pacht der 0,4 kV-Stromverteilungsanlage in der G Galerie (K 11 Bl. 132 dA).
Mit Schreiben vom 10.3.2000 übersandte hierauf die Klägerin der Beklagten den Entwurf eines „Netznutzungsvertrages” (Anlage K 1, Bl. 11–33 dA) über die Nutzung der in dem Eigentum der Fundus stehenden Anlage, mit der Bitte, zum einen eine Übergabemessung vorzunehmen und zum anderen über die derzeit transportierten Energiemengen Auskunft zu geben. Des Weiteren fragte die Klägerin an, ob die Beklagte bereit wäre, die Zählereinrichtung zu verkaufen, anderenfalls werde die Klägerin die eingebauten Zähler gegen eigene Zähler austauschen. Die Beklagte lehnte das Vertragsangebot ab.
Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, dass ihr ein Vergütungsanspruch aus § 6 Abs. 1 S. 1 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) erwachse, da sie ein Energieversorgungsnetz i.S.d. § 2 Abs. 2 EnWG betreibe. Die Beklagte habe daher für die Durchleitung ihres Stromes von der Transformatorenstation bis zum Zählerraum durch die Niederspannungskabel der Fundus ein Nutzungsentgelt an sie als Pächterin der Anlage zu zahlen.
§ 6 Abs. 1 EnWG sei auch auf die vorliegende Hausverteilungsanlage anwendbar.
Dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 S. 1 EnWG sei nicht zu entnehmen, dass dieser nur für öffentliche Versorgungsnetze gelten solle. Auch dem Gesetzeszweck lasse sich keine solche einschränkende Auslegung entnehmen. Hier sei auch zu beachten, dass es sich bei der Hausverteilungsanlage um ein sog. Strahlennetz handelt, der Strom, der in den Niederspannungskabel fließe, noch nicht den einzelnen Mietparteien zuordenbar sei, sondern eine konkrete Zuordnung erst nach den Zählern stattfinde. Da bei Fällen, in denen die Transformatorenstationen außerhalb des Grundstückes lägen, kein Zweifel am Vorliegen eines öffentlichen Versorgungsnetzes bestünden, könne für den vorliegenden Fall, dass das Elektrizitätsversorgungsnetz auf dem Grundstück liege, nichts anderes gelten. Der Anwendungsmöglichkeit des § 6 Abs. 1 S. 1 EnWG stünde auch § 4 EnWG nicht entgegen.
Die Vorschriften über allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden (Elektrizitäts-Versorgungsbedingungen-Verordnung, AVBEltV) seien im Verhältnis der Parteien dagegen nicht anwendbar, da diese Regelung nicht das Verhältnis zwischen dem Betreiber eines Energieversorgungsnetzes und einem Energieversorgungsunternehmen, sondern vielmehr zwischen einem Energieversorgungsunterne...