Entscheidungsstichwort (Thema)
Milchwerk-Blockierer müssen Schadensersatz leisten; Pflicht zum Ersatz des durch die Blockade der Zufahrt zum Werksgelände entstandenen Schadens; Rechtswidriger Eingriff in Gewerbebetrieb
Verfahrensgang
LG Bautzen (Urteil vom 30.04.2010; Aktenzeichen 3 O 599/08) |
Tenor
I. Auf die Berufungen der Klägerin und der Beklagten zu 3) und 11) wird das Teilurteil des LG Bautzen vom 30.4.2010 - 3 O 599/08, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Klage gegen die Beklagten zu 3) und 11) wird abgewiesen.
2. Die Beklagten zu 1), 2), 4), 6) bis 10), 12) und 13) werden jeweils unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung von dem Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten - bei den Beklagten zu 1) und 2) jeweils zu vollziehen an deren Vorständen - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, verurteilt, es zu unterlassen, das Milchwerk der Klägerin, ..., ..., zu blockieren, insbesondere den Zugang und/oder die Zufahrt zu dem Milchwerk durch Abstellen von Fahrzeugen und/oder den Aufenthalt von Personen auf Zufahrtsstraßen zu beeinträchtigen oder unmöglich zu machen, insbesondere wie dies bei der Blockade des Milchwerkes der Klägerin vom 01.06. bis 3.6.2008 durch Blockade der Staatsstraße ... und/oder der Straße "...", jeweils in ..., geschehen ist, und/oder Dritte zu den vorgenannten Handlungen zu veranlassen und/oder Dritte bei den vorgenannten Handlungen zu unterstützen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1), 2), 4) bis 10), 12) und 13) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, welcher der Klägerin und den weiteren von der Blockade betroffenen Gesellschaften aufgrund der Blockade des Milchwerkes, ..., ..., vom 01.06. bis 3.6.2008 entstanden ist oder noch entstehen wird, soweit es sich um der Klägerin entstandene Schäden handelt und soweit es sich um Schäden anderer von der Blockade betroffener Gesellschaften handelt und diese ihre Schadenersatzansprüche jeweils mit Abtretungsvereinbarung vom 28.10./29.10./3.11.2008 an die Klägerin abgetreten haben.
4. Der Rechtsstreit wird zur weiteren Entscheidung über die gegen die Beklagten zu 9) und zu 13) gerichteten Schadenersatzansprüche an das LG zurückverwiesen.
II. Die Berufungen der Beklagten zu 1), 2), 4), 5), 6), 7), 8), 10) und 12) werden zurückgewiesen.
III. Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3) und 11) und 15 % der Gerichtskosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Beklagten zu 1), 2), 4) - 10), 12) und 13) tragen jeweils 1,2 % der außergerichtlichen Kosten der Klägerin aus dem Berufungsverfahren und der Gerichtskosten des Berufungsverfahrens.
Sie tragen weiterhin als Gesamtschuldner 71,8 % der außergerichtlichen Kosten der Klägerin aus dem Berufungsverfahren und der Gerichtskosten des Berufungsverfahrens.
Im Übrigen findet eine Erstattung der Kosten des Berufungsverfahrens nicht statt.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Vollstreckungsschuldner können die Vollstreckung der Vollstreckungsgläubiger durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
VI. Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 836.709,90 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin, ein mit der Herstellung von Milchprodukten befasstes Unternehmen, begehrt von den Beklagten aus eigenem und abgetretenem Recht Unterlassung, Feststellung der Schadenersatzpflicht als Gesamtschuldner sowie Zahlung von Schadenersatz i.H.v. 620.409,06 EUR wegen angeblicher Beteiligung an einer als rechtwidrig empfundenen Blockade des Werksgeländes ... während der Zeit vom 01.06. bis 3.6.2008.
Das Werksgelände ... ist von Grünflächen umgeben und nur über die Straße "..." mit der Staatsstraße ... verbunden, die durch die Ortschaft ... führt und eine Auffahrt auf die Bundesautobahn A. aufweist. Zur Verdeutlichung der Örtlichkeiten nimmt der Senat Bezug auf das als Anlage K 60 (Bl. 409 d.A.) vorgelegte Luftbild.
Auf dem Werksgelände unterhalten die Käserei L. GmbH & Co. KG, die O. GmbH, die K. L. GmbH, die M. GmbH & Co. KG, die S. GmbH & Co. KG und die M. GmbH Produktionshallen, in welchen Rohmilch zu diversen Milchprodukten verarbeitet und verkaufsfertig verpackt wird. Vorgenannte Unternehmen (fortan: Zedentinnen) haben mit der als Anlage K 1 zur Gerichtsakte gereichten Vereinbarung (Bl. 66 d.A.) ihre möglichen Ansprüche gegen die Beklagten aufgrund einer Blockade der Molkerei ... im Zeitraum vom 01.06. bis 3.6.2008 am 28.10.2008, 29.10.2008 und 3.11.2008 an die Klägerin abgetreten.
Im Frühjahr 2008 kam es bundesweit zu Protestaktionen der Milchviehhalter mit dem Ziel, von den Molkereien zukünftig einen als kostendeckend bezeichneten Rohmilchpreis von jedenfalls 0,43 EUR pro Liter zu erhalten. Von diesen Protestaktionen wa...