Entscheidungsstichwort (Thema)
Auflassung. DDR-Erbrecht
Leitsatz (redaktionell)
1. Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung verlangt daher für den Fall des Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB eine teleologische Reduktion vorzunehmen. Zuteilungsfähig kann demnach für Schläge grundsätzlich nur ein Erbe sein, der am 15.03.1990 einer LPG angehörte bzw., da für die Übertragung einer Bodenreformwirtschaft genügte, dass der Erbe die LPG-Mitgliedschaft nach dem Erbteilserwerb erlangte, der, der bis zum 15. 03. 1990 einen Antrag auf Aufnahme in eine solche gestellt hat, aus dem sich seine Bereitschaft zum Eintritt in eine LPG ergab.
2. Die Vorschriften zur Abwicklung der Bodenreform gelten nach dem eindeutigen Wortlaut für alle Grundstücke, die im Grundbuch als Grundstücke aus der Bodenreform gekennzeichnet sind oder waren (vgl. Art. 233 § 11 Abs. 1, Abs. 2 EGBGB). Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers bietet allein die Grundbuchlage die nötige und klare Anknüpfung dafür, ob es sich um Bodenreformland handelt.
Normenkette
EGBGB Art. 233 §§ 11-12
Verfahrensgang
LG Leipzig (Urteil vom 10.04.2001; Aktenzeichen 8 O 7882/00) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 10.04.2001 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt abgeändert und der Urteilstenor wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden verurteilt, das Grundstück der Gemarkung S …, Flurstück 354, eingetragen im Grundbuch von S …, Blatt 45, an den Kläger aufzulassen und die Eintragung des Klägers als Eigentümer im Grundbuch zu bewilligen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers haben der Kläger 73/100 und die Beklagten zu 1) bis 3) jeweils 9/100 zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) bis 3) hat der Kläger jeweils 73/100 zu tragen. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können hinsichtlich der Kosten des Klägers die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung i. H. v. 1.300,00 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit jeweils in gleicher Höhe leistet. Der Kläger kann hinsichtlich der Kosten der Beklagten die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung i. H. v. 14.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Den Parteien wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung durch schriftliche, selbstschuldnerische, unbedingte und unbefristete Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse zu erbringen.
4. Das Urteil beschwert die Parteien mit jeweils mehr als 60.000,00 DM.
Beschluss:
Der Gebührenstreitwert wird auf 246.852,00 DM festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Auflassung eines den Vorschriften über die Bodenreform unterliegenden Grundstücks sowie auf Befreiung der darauf lastenden Grundschuld in Anspruch.
Die Beklagten sind die Erben des am 21.07.1964 verstorben Friedrich-Wilhelm S … (im Folgenden: Erblasser). Diesem wurde aus der Bodenreform das Grundstück der Gemarkung S …, Flurstück 354, eingetragen im Grundbuch von S …, Blatt 45, übertragen. Das Grundstück war mit einem Bodenreformsperrvermerk belastet. Der Erblasser stand noch am 15.03.1990 als Bodenreformeigentümer des Grundstücks im Grundbuch von S …. Am 21.06.2000 wurde eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs des Klägers auf Übertragung des Eigentums im Grundbuch eingetragen.
Das Grundstück ist im Grundbuch als „Feld, Ödland” bzw. „Landwirtschaftsfläche” ausgewiesen.
Auf dem Grundstück lastet eine aufgrund der durch die Beklagten erteilten Bewilligung vom 04.06.1991 am 30.03.1992 eingetragene Grundschuld ohne Brief zu 180.000,00 DM für die Kreissparkasse D …. In der Grundschuldbestellungsurkunde des Notars Andreas Preißler 667/91 vom 04.06.1991 sind der Beklagte zu 2. und dessen Ehefrau als Darlehensnehmer bezeichnet.
Für das streitgegenständliche Grundstück ist nach dem Erblasser keiner Person nach den Vorschriften über die Bodenreform oder den Besitzwechsel bei Grundstücken aus der Bodenreform eine Zuweisung erteilt oder förmlich übergeben worden. Die Beklagten, die das Grundstück zum Ablauf des 15.03.1990 nicht selbst nutzten, waren am 15.03.1990 weder im Beitrittsgebiet in der Land-, Forst- oder Nahrungsgüterwirtschaft tätig noch aus einem dieser Bereiche nach mindestens 10-jähriger Tätigkeit unmittelbar verrentet worden. Keiner der Beklagten war zum 15.03.1990 Mitglied einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (im Folgenden: LPG). Ebenso wenig war ein Aufnahmeantrag in eine LPG durch die Beklagten gestellt worden.
Die Beklagte zu 1. war von 1960 bis zum 06.01.1982 Mitglied der LPG „J … -Gemüse” in Ostrau gewesen. Nach ihrem Ausscheiden aus gesundheitlichen Gründen war sie in der Küche der Schule S … tätig. Beschäftigungsbetrieb war der Rat der Gemeinde.
Der Kläger hat in der ersten Instanz vorgetragen:
Er sei im Verhältnis zu den...