Leitsatz (amtlich)
An die Zubilligung eines Anspruchs auf eine Geldentschädigung wegen der unberechtigten Veröffentlichung eines Bildnisses sind geringere Anforderungen zu stellen als in anderen Fällen einer Persönlichkeitsverletzung. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist gleichwohl aufgrund einer umfassenden Abwägung der Gesamtumstände festzustellen, einen Automatismus gibt es nicht.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 08 O 2370/21) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 10.3.2023 in Ziff. 1 teilweise abgeändert und werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger über die dort aufgeführten Beträge hinaus eine Geldentschädigung in Höhe von 4000,- EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden wie folgt verteilt: Die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen der Kläger zu 16%, die vormalige Klägerin zu 2) zu 31% und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 53%. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagten zu 73% als Gesamtschuldner, der Kläger trägt diese selbst zu 27%. Die außergerichtlichen Kosten der vormaligen Klägerin zu 2) tragen diese selbst zu 75%, die Beklagten als Gesamtschuldner zu 25%.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten zu 2/3, der Kläger zu 1/3.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 6000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Von der Aufnahme des Tatbestandes wird abgesehen (§§ 525, 313a Abs. 1 ZPO).
II. Die zulässige Berufung hat in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe teilweise Erfolg. Dem Kläger steht ein Anspruch auf eine Geldentschädigung in Höhe von 4000,- EUR wegen der von den streitgegenständlichen Artikeln ausgehenden Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts zu.
Nach allgemeiner Auffassung begründet die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung allerdings erst dann, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Dies hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab (statt aller BGH, Urteil vom 21. April 2015 - VI ZR 245/14 -, Rn. 33, juris vgl. auch BVerfG, NJW 2004, 591, 592) und kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles beurteilt werden, nach denen zu beurteilen ist, ob ein anderweitiger befriedigender Ausgleich für die Persönlichkeitsrechtsverletzung fehlt (BGH aaO.; st. Rechtsprechung des Senats, vgl. zuletzt Beschluss vom 13. April 2023 - 4 W 198/23 -, Rn. 12, juris). Dabei ist der besonderen Funktion der Geldentschädigung bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen Rechnung zu tragen, die sowohl in einer Genugtuung des Verletzten für den erlittenen Eingriff besteht als auch ihre sachliche Berechtigung in dem Gedanken findet, dass das Persönlichkeitsrecht gegenüber erheblichen Beeinträchtigungen anderenfalls ohne ausreichenden Schutz bliebe. Zudem soll die Geldentschädigung der Prävention dienen. Sie darf allerdings nicht eine Höhe erreichen, die die Pressefreiheit unverhältnismäßig einschränkt. Bei Bildveröffentlichungen ist zudem zu beachten, dass dort ein anderweitiger Ausgleich in der Regel tatsächlich kaum zu erreichen ist (st. Rspr., vgl. BGH v. 12.12.1995 - VI ZR 223/94, NJW 1996, 985, 986; siehe auch Endress Wanckel, Foto- und BildR, 5. Aufl. 2017, Rn. 272; OLG Köln, Urteil vom 27. August 2020 - 15 U 185/19 -, Rn. 33, juris). Dies bedeutet allerdings nicht, dass jede Verletzung des Rechts am eigenen Bild automatisch eine Geldentschädigung nach sich zöge (Senat Urteil vom 8. Juni 2021 - 4 U 2120/20 -, Rn. 6, juris). Da die Besonderheit einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild darin besteht, dass dem Verletzten - anders als in den anderen Fällen, in denen er etwa den Widerruf oder die Richtigstellung einer sein Persönlichkeitsrecht beeinträchtigenden Äußerung verlangen kann - gegen eine solche Rechtsverletzung keine anderen Abwehrmöglichkeiten als ein Anspruch auf eine Geldentschädigung zu Gebote stehen, sind aber in einem solchen Fall an die Zubilligung eines Entschädigungsanspruchs geringere Anforderungen als in anderen Fällen einer Persönlichkeitsverletzung zu stellen (BGH v. 12.12.1995 - VI ZR 223/94, - juris; OLG Karlsruhe AfP 2014, 458 (462)).
Hiervon ausgehend rechtfertigte die identifizierende Berichterstattung der Beklagten und die Veröffentlichung seines kontextneutralen Bildnisses zur Illustration des streitgegenständlichen Artikels in dem Artikel vom 21.9.2023 für sich genommen eine Geldentschädigung noch nicht, auch wenn sie den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und seinem Recht am eigenen Bild verletzte; zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die Entscheidungsgründe im Urteil vom 17.10.2023 im Parallelverfahren 4 U 724/2...