Leitsatz (amtlich)
1. An die Zubilligung eines Anspruchs auf eine Geldentschädigung wegen der unberechtigten Veröffentlichung eines Bildnisses sind geringere Anforderungen zu stellen als in anderen Fällen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist gleichwohl aufgrund einer umfassenden Abwägung der Gesamtumstände festzustellen, einen Automatismus gibt es nicht.
2. Bei der kontextneutralen Aufnahme eines Polizeibeamten in Uniform im Zusammenhang mit einer Berichterstattung im äußeren Bereich der Privatsphäre kann dies Abwägung dazu führen, dass ein Anspruch nicht besteht.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 08 O 2186/22) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 10.3.2023 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 6054,23 EUR EUR festgesetzt.
Gründe
I. Von der Beifügung eines Tatbestandes wird abgesehen (§§ 525, 313a Abs. 1 ZPO).
II. Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zwar ist der Kläger durch die identifizierende Berichterstattung der Beklagten und die Veröffentlichung seines kontextneutralen Bildnisses zur Illustration des streitgegenständlichen Artikels in seinem Persönlichkeitsrecht sowie in seinem Recht am eigenen Bild verletzt; zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf Ziff. 2 des im Verfügungsverfahren ergangenen Berufungsurteils vom 29.3.2022 - 4 U 179/22, juris). Das Landgericht hat jedoch im Ergebnis zu Recht die Voraussetzungen für eine Geldentschädigung nicht für gegeben erachtet.
Nach allgemeiner Auffassung begründet die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung erst dann, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Dies hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab (statt aller BGH, Urteil vom 21. April 2015 - VI ZR 245/14 -, Rn. 33, juris vgl. auch BVerfG, NJW 2004, 591, 592) und kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles beurteilt werden, nach denen zu beurteilen ist, ob ein anderweitiger befriedigender Ausgleich für die Persönlichkeitsrechtsverletzung fehlt (BGH aaO.; st. Rechtsprechung des Senats, vgl. zuletzt Beschluss vom 13. April 2023 - 4 W 198/23 -, Rn. 12, juris). Dabei ist der besonderen Funktion der Geldentschädigung bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen Rechnung zu tragen, die sowohl in einer Genugtuung des Verletzten für den erlittenen Eingriff besteht als auch ihre sachliche Berechtigung in dem Gedanken findet, dass das Persönlichkeitsrecht gegenüber erheblichen Beeinträchtigungen anderenfalls ohne ausreichenden Schutz bliebe. Zudem soll die Geldentschädigung der Prävention dienen. Sie darf allerdings nicht eine Höhe erreichen, die die Pressefreiheit unverhältnismäßig einschränkt. Bei Bildveröffentlichungen ist zudem zu beachten, dass dort ein anderweitiger Ausgleich in der Regel tatsächlich kaum zu erreichen ist (st. Rspr., vgl. BGH v. 12.12.1995 - VI ZR 223/94, NJW 1996, 985, 986; siehe auch Endress Wanckel, Foto- und BildR, 5. Aufl. 2017, Rn. 272; OLG Köln, Urteil vom 27. August 2020 - 15 U 185/19 -, Rn. 33, juris). Dies bedeutet allerdings nicht, dass jede Verletzung des Rechts am eigenen Bild automatisch eine Geldentschädigung nach sich zöge (Senat Urteil vom 8. Juni 2021 - 4 U 2120/20 -, Rn. 6, juris). Da die Besonderheit einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild darin besteht, dass dem Verletzten - anders als in den anderen Fällen, in denen er etwa den Widerruf oder die Richtigstellung einer sein Persönlichkeitsrecht beeinträchtigenden Äußerung verlangen kann - gegen eine solche Rechtsverletzung keine anderen Abwehrmöglichkeiten als ein Anspruch auf eine Geldentschädigung zu Gebote stehen, sind aber in einem solchen Fall an die Zubilligung eines Entschädigungsanspruchs geringere Anforderungen als in anderen Fällen einer Persönlichkeitsverletzung zu stellen (BGH v. 12.12.1995 - VI ZR 223/94, MDR 1996, 365 = AfP 1996, 138 = GRUR 1996, 227 [229] - Wiederholungsveröffentlichung; OLG Karlsruhe AfP 2014, 458 (462)).
Nach den Gesamtumständen des Streitfalls rechtfertigt die Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers vorliegend nicht die Zahlung einer Geldentschädigung. Es kommt für das Vorliegen eines schwerwiegenden Persönlichkeitseingriffs in erster Linie auf die Verkürzung der Persönlichkeitssphäre und damit auf die objektive Seite der Verletzung und weniger darauf an, wie sehr der Verletzte sich in subjektiver Hinsicht verletzt fühlt. Regelmäßig wird deshalb der Anspruch nur dann gewährt, wenn über die Persönlichkeit an ihrer Basis verfügt wird, also etwa bei schweren Eingriffen in die Intim- und die Privatsphäre oder bei unwahren Behauptungen von besonderem Gewicht für die Persönlichkeit...