Entscheidungsstichwort (Thema)
Nabelschnurblut
Leitsatz (amtlich)
Unlauter Werbung (i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG) eines Betreibers einer Nabelschnurblutbank, die Entnahme und Einlagerung von Stammzellen aus dem Nabelschnurblut diene dem zukünftigen therapeutischen Einsatz.
Normenkette
UWG § 5 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Leipzig (Urteil vom 10.12.2010; Aktenzeichen 4 HKO 4388/09) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Leipzig vom 10.12.2010 - 4 HKO 4388/09, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 130.000 EUR, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 110.000 EUR
Tatbestand
I. Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.
Das LG hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt und den Klageanspruch dabei auf § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 HWG gestützt. Aus seiner Sicht liegt in der Werbung der Beklagten für die von ihr angebotene Konservierung und Einlagerung von Nabelschnurblut die Bewerbung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels i.S.v. § 10 Abs. 1 HWG. Ohne dies im Tenor zu berücksichtigen, hat das LG darüber hinaus einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten bejaht.
Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung. Aus ihrer Sicht unterfällt die von ihr angebotene Dienstleistung nicht dem Werbeverbot des § 10 Abs. 1 HWG. Auch ein Verstoß gegen allgemeines Wettbewerbsrecht liege nicht vor.
Die Beklagte beantragt in der Berufungsinstanz, das am 10.12.2010 verkündete Urteil des LG Leipzig, Az. 4 HKO 4388/09, aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, den Rechtsstreit an das LG zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Zur Ergänzung der Sachdarstellung sei verwiesen auf die beiderseitigen Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll.
Entscheidungsgründe
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet.
1. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch jedenfalls nach § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG zu.
a. Wie die Klägerin in ihrem Antrag zum Ausdruck bringt und wie sie noch mehrfach schriftsätzlich klarstellte, geht es ihr nicht darum, der Beklagten jegliche Werbung für die von ihr betriebene Nabelschnurblutbank verbieten zu lassen. Vielmehr zielt ihre Klage darauf ab, der Beklagten eine Werbung zu untersagen, die auf die Heilung und Linderung von Krankheiten durch Zubereitungen aus Nabelschnurblut hinweist. Mit der Ergänzung des Klageantrags um den Insbesondere- Zusatz und der Einblendung der Anlage K 19 konkretisiert die Klägerin, welche Art von Werbeangaben sie verbieten lassen will, bringt also das Charakteristische des Verbots zum Ausdruck (vgl. Köhler/Bornkamm, 28. Aufl., UWG, § 12 Rz. 2.44 und 2.46, jeweils m.w.N.). Demnach soll die Beklagte es künftig unterlassen, für das von ihr angebotene Einlagern von Nabelschnurblut damit zu werben, dass sich mit Zubereitungen aus Nabelschnurblut Krankheiten lindern oder sogar heilen lassen.
Vorrangig stützt die Klägerin dabei ihren Anspruch auf § 3, § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 10 Abs. 1 HWG, verweist aber bereits in der Klageschrift (vgl. dort S. 6 ff. und später noch vertiefend etwa auf S. 14 ff. ihres Schriftsatzes vom 3.5.2010 (Bl. 69 ff. dA)) auf die im Gegensatz zu den Werbeaussagen der Klägerin stehende, geringe therapeutische Eignung von Zubereitungen aus Nabelschnurblut und bringt so, wie auch in ihren Ausführungen zu den Hilfsanträgen, zum Ausdruck, dass sie die Werbung der Beklagten auch unter dem Gesichtspunkt der Irreführung angreift. Dementsprechend entgegnet die Beklagte, dass auch im Hauptantrag ein Verstoß gegen allgemeines Wettbewerbsrecht nicht vorliege (vgl. S. 23 der Berufungsbegründung vom 17.3.2011, Bl. 233 dA).
b. Damit kann für die Entscheidung dahinstehen, ob der Anwendungsbereich des HWG überhaupt eröffnet ist und ob die Beklagte mit ihrer Werbung gegen § 10 Abs. 1 HWG verstößt. Die Werbung unter Hinweis auf Heilung und Linderung von Krankheiten durch Zubereitungen aus Nabelschnurblut ist jedenfalls bereits deshalb zu untersagen, weil sie zur Täuschung geeignet und damit unlauter i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist.
Die Werbung richtet sich gerade nicht an ein medizinisches Fachpublikum, sondern an die Allgemeinheit. Damit gehört auch der Senat zu den angesprochenen Verkehrskreisen und kann die Frage der Irreführung selbst beantworten.
Die Werbung der Beklagten samt dem Hinweis, dass und in welchem Umfang sich Zubereitungen aus Nabelschnurblut zur Heilung und Linderung von Krankheiten eignen, führt in dreierlei Hinsicht in die Irre und war daher insgesamt zu verbieten: Sie erweckt de...